Sensibilisierung von Lehrer*innen für Vielfalt und gegen Diskriminierung

Lehrer*innen kommt bei Diskriminierungen in der Schule eine entscheidende Rolle zu. Einerseits können sie selbst für Diskriminierungen verantwortlich sein, andererseits ist es ihre Aufgabe, Schüler*innen für Diskriminierung zu sensibilisieren, sowie bei konkreten Diskriminierungen zwischen Schüler*innen verbindlich und zugleich konstruktiv einzuschreiten.

  1. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass Lehrer*innen im Rahmen ihrer Hochschulausbildung Vielfaltskompetenz und Diskriminierungssensibilität vermittelt werden?
  2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Vielfaltskompetenz und Diskriminierungssensibilität von Lehrer*innen kontinuierlich im Rahmen von zertifizierten Fortbildungen gestärkt werden und Anreizstrukturen für eine Teilnahme ausbauen?
  3. Werden Sie sich dafür einsetzen, die Diversität auf Seiten der Lehrer*innen explizit zu fördern und zu erhöhen, um die Vielfalt innerhalb der Bevölkerung abzubilden?
CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Die CDU hat auf unsere Fragen mit einer Stellungnahme geantwortet.

Interkulturalität ist seit 2001 als prioritäres Thema in der Lehrerbildung unter der Bezeichnung „Umgang mit kultureller und sozialer Heterogenität“ verankert und wird sowohl in eigenständigen Veranstaltungen als auch als Querschnittsthema in den Modulen, die der Ausbildung in Unterrichtsfächern zuzurechnen sind, thematisiert. Es gehört zu den Regelaufgaben des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI), Lehrkräfte und Schulen bedarfs- und nachfrageorientiert bei allen in Schule auftretenden Erscheinungsformen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit Fortbildungsangebote zu machen. Es werden daher auch regelmäßig vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) Fachtagungen angeboten. Das Beratungsteam Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit der LI unterstützt Schulen im Themenfeld Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit. Das Beratungsteam bietet sowohl schulinterne als auch zentrale und externe Beratungs- und Fortbildungsangebote für Lehrer/-innen, Sozialpädagogen/-innen und Schulleitungen an Hamburger Schulen zu den unterschiedlichen Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit an. Es ist das explizite Ziel, den Anteil der pädagogischen Fachkräfte mit Migrationsgeschichte zu erhöhen. Eine direkte Ansprache in den migrantischen Communities erfolgt über das Hamburger Netzwerk „Lehrkräfte mit Migrationsgeschichte“. Zudem gibt es Stipendien für Lehramtsstudierende mit Migrationshintergrund.

2015 hat die gemeinsame Hochschul- und Kultusministerkonferenz eine gemeinsame Empfehlung zur Lehrer*innenbildung für Schulen der Vielfalt abgegeben. Hamburg hat dies in die Reform der Ausbildung umgesetzt. Bei der Ausgestaltung der Lehrer*innenbildung liegt ein weites Inklusionsverständnis zugrunde. Inklusionspädagogische Kompetenz ist damit essentiell für jede Lehrkraft an allen Schularten. Zukünftig werden die anschlussfähigen allgemeinpädagogischen und sonderpädagogischen Basiskompetenzen für den professionellen Umgang mit Vielfalt in der Schule weiterentwickelt. Diese Kompetenzen erfahren im Studium der Fachdidaktiken und Fachwissenschaften eine Konkretisierung und Vertiefung und werden in Praxisabschnitten analytisch und handlungsorientiert erprobt und reflektiert.
Des Weiteren stehen den Lehrkräften am Landesinstitut für Schulentwicklung und Lehrerbildung vielfältige Weiterbildungs-möglichkeiten zur Verfügung (https://li.hamburg.de/vielfalt/). Diese Arbeit unterstützen wir sehr und möchten sie weiter stärken.

Grundsätzlich vertreten wir das Konzept „Eine Schule für alle“, in der die Segregationen im heutigen Schulsystem aufgehoben werden. Unterfüttert wird unsere Position durch ein neues, inklusives Schulgesetz, das sich an der UN-Kinderrechts- und UN-Behindertenrechtskonvention orientiert. Die Implementierung dieses Gesetzes, die wir verfolgen, wird weitreichende Konsequenzen für das Schulwesen und damit auch für die entsprechende Ausbildung der Lehrer_innen haben. Weil im Ganztag einer inklusiven Schule, die Originalität und Vielfalt der Schüler_innenschaft ein positives Faktum ist, muss sich ihnen die Förderung durch die Pädagog_innen anpassen. In „einer Schule für alle“ lernen, spielen, arbeiten, leben Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Milieus und Schichten und verschiedener Herkünfte gemeinsam. Sie bildet die Wirklichkeit unserer Gesellschaft getreu ab. Ihre Vielfalt und Kompetenzen sind zu stärken und auszubauen.
Zugleich sehen wir, dass die Ausbildung noch weiter hinsichtlich der Diversität und multiplen Diskriminierungslagen unserer Gesellschaft ausgebaut werden muss. Das Fort- und Weiterbildungsangebot soll bestärkt werden.
Zu diesem Ausbau gehört selbstredend auch, den Lehrberuf stärker für Menschen mit diversen Erfahrungen, Lebensläufen und Hintergründen attraktiv zu machen.

1 und 2: Der Umgang mit Vielfalt und Diskriminierungssensibilität sollten ein selbstverständlicher Teil der Lehramtsausbildung sein und sind es auch schon. Darüber können und sollen diese Kompetenzen jederzeit durch Fortbildungen erweitert werden können.
3: Wir setzen uns dafür ein, dass insbesondere der Anteil der Lehrkräfte mit Migrationshintergrund erhöht wird.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

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Beschwerdemanagement für Diskriminierung an Schulen und Hochschulen

Schulen und Hochschulen sind für Schüler*innen und Studierende in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit einem Arbeitsplatz. Hier verbringen sie viel Zeit in sozialen Bezügen, die sie sich nur begrenzt aussuchen können. Anders als im Arbeitsbereich ist im Bildungsbereich die Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Umfeldes weit weniger klar geregelt: Schulen verfügen in der Regel über keine expliziten Anlaufstellen und klar geregelten Verfahren – Betroffenen ist nicht bekannt, an wen sie sich wenden können und was die nächsten Schritte sind. Lehrer*innen sind in der Bewältigung oftmals auf sich gestellt. In Bereich der Hochschulen werden Anlauf- und Beratungsstrukturen teilweise gerade erst aufgebaut.

  1. Werden Sie die Schulbehörde und die Wissenschaftsbehörde anweisen, ein Beschwerdemanagement für Diskriminierung zu entwickeln?
  2. Wird die Einsetzung und Qualifizierung eine*s Antidiskriminierungsbeauftragte*n in jeder Schule und Universität verpflichtender Bestandteil des Beschwerdemanagements sein?
  3. Wie werden Sie sicherstellen, dass Schüler*innen und Eltern, Studierende und Mitarbeiter*innen von Bildungseinrichtungen wissen, an wen sie sich im Falle einer Diskriminierungserfahrung wenden können?
CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Die CDU hat auf unsere Fragen mit einer Stellungnahme geantwortet.

Eine Ansprechstelle existiert in Form des Fachreferenten des LI. Ebenso gibt es einen Beratungsdienst und Beratungslehrer, die in Fragen Antidiskriminierung geschult werden über die Beratungsstelle Interkulturelle Erziehung am Landesinstitut für Lehrer_innenbildung und Schulentwicklung. Es gibt Opferschutzkräfte und mit der Gewaltpräventionsstelle eine Einrichtung, die die Schulen beraten. Darüber hinaus bestehen Unterrichtsmodule sowie Module im Rahmen des AGG. Hierzu wird auch mit außerschulische Kooperationspartner zusammengearbeitet. Zuletzt ist das Online-Programm „Gemeinsam Klasse sein“ gegen Mobbing an Schulen weiterentwickelt worden. Dieses bietet für die Jahrgangsstufen 5-7 digitale Lehrmaterialien an, um Mädchen und Jungen sowie Eltern und Lehrende für die Problematik zu sensibilisieren, um so Mobbing gar nicht erst entstehen zu lassen. Dabei kommen Filmclips zum Einsatz, die an Hamburger Schulen erstellt wurden. Sie vermitteln die Merkmale von Mobbing und Cybermobbing und unterstützen Schülerinnen und Schüler dabei, Regeln für ein respektvolles Miteinander zu erarbeiten. Damit die Schulungsunterlagen von den Bildungseinrichtungen gut genutzt werden, müssen die Lehrkräfte im Vorfeld geschult werden. Auf Schulebene werden Lehrkräfte qualifiziert und Ansprechpersonen für Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte benannt, die bei Verdacht auf Mobbing zur Stelle sind. An allen Hamburgischen Hochschulen wird sich mit Antidiskriminierung auseinandergesetzt, Teilweise gibt es Beschwerdemechanismen an den Hochschulen wie an der Universität Hamburg für Studierende bei Verstößen gegen das AGG. Welche Weiterentwicklung in diesem Bereich sinnvoll ist, muss v.a. mit den Hochschulen geklärt werden. Wir können uns vorstellen, über aktuelle Entwicklungen und Bedarfe mit den Hochschulen ins Gespräch zu kommen.

Das wirksamste Beschwerdemanagement ist erst einmal die Prävention. Viele Hamburger Schulen haben hier erfolgreiche Konzepte entwickelt und setzen diese um. In ihrem jeweiligen Leitbild sind Richtlinien des Miteinanders formuliert, die explizit Diskriminierung sanktionieren. Jede Schulordnung beispielsweise kann konkrete Diskriminierungsverbote und Gleichstellungsgebote mit nach dem Schulrecht möglichen Sanktionen oder Ausgleichen für Benachteiligungen aufnehmen. Erfahrungsgemäß funktioniert die Kontaktaufnahme mit entsprechenden Beratungsstellen weitgehend gut. Eine Stelle für Beschwerdemanagement haben wir aktuell nicht vorgesehen, sind aber gerne zu Gesprächen hierzu bereit.
Die praktische Umsetzung eines Beschwerdemanagements an den Hamburger Hochschulen läuft bereits bzw. ist auf der Agenda. So gibt es beispielsweise an der Uni Hamburg eine Richtlinie gegen geschlechterbezogene Diskriminierung und sexuelle Gewalt. Diese ist die Arbeitsbasis für alle Verfahren und Regularien. Die Gleichstellungsbeauftragte fungiert als Ansprechperson, entsprechende Informationen sind für Betroffene zugänglich.

Die Beratungsstrukturen – und damit die Möglichkeit, sich bei Diskriminierung an fachkundige Stellen zu wenden – sind an den Hamburger Hochschulen sehr unterschiedlich ausgestaltet. Die Einrichtung eine*s Antidiskriminierungsbeauftragte*n an Hochschulen befürwortet DIE LINKE außerordentlich. Hier ist die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung aufgefordert Konzepte zu entwickeln und entsprechende Ressourcen bereitzustellen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Vielfalt und Antidiskriminierung in die Ziel- und Leistungsvereinbarungen der Hochschulen aufgenommen wird. Bildungseinrichtungen müssen natürlich ihre Antidiskriminierungskonzepte und Anlaufstellen bewerben und offensiv anbieten.
Hinsichtlich des Beschwerdemanagements an Schulen hat DIE LINKE im Januar 2019 unter der Drucksachennummer 21/15857 einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, sowohl Mobbing als Phänomen genauer zu erfassen – eine Maßnahme, die nach den erfassten Kriterien ausbaufähig ist – sowie eine unabhängige Beschwerdestelle einzurichten. Auch wenn die Bürgerschaft diesen Antrag abgelehnt hat, bleiben unsere Forderungen bestehen.

1 und 2: Aus unserer Sicht sind die bestehenden Beschwerde- und Beratungsstrukturen ausreichend.
3: In diesem Zusammenhang könnte an eine größere Informationskampagne gedacht werden. Auch spezielle Elternabende und Schülersprechstunden sind in diesem Kontext möglich.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

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