Abschaffung des Verbots religiöser Symbole für Beamt*innen

Das Hessische Beamtengesetz (§ 45 HBG) beinhaltet nach wie vor ein pauschales Verbot religiöser Symbole. Dies betrifft etwa das Kopftuch, die Kippa oder den Turban. Begründet wird das im Hinblick auf das Kopftuch damit, der bloße Anblick der Kopftuchträgerin sei objektiv dazu geeignet, das Vertrauen in die Neutralität ihrer Amtsführung zu beeinträchtigen. Dies diskreditiert die Qualität der verwaltungstechnischen Ausbildung sowie den Einsatz und die Fähigkeiten derer, die die Ausbildung leiten. Zudem objektiviert es den/die Träger*in eines religiös motivierten Schmuck- oder Kleidungsstückes, denn die tatsächliche Amtsführung wird ignoriert – die bloße Annahme, ein fiktiver, vorurteilsbelasteter Betrachter könne Zweifel an der Amtsführung haben, reicht als Grundlage für die Verweigerung der Verbeamtung. Nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichtes ist dieses pauschale Vorgehen als verfassungswidrig einzustufen. In ständiger Rechtsprechung wird zudem festgestellt, dass Beamt*innen Grundrechtsträger*innen sind, die ihre Grundrechte u.a. ihre Religionsfreiheit, nicht beim Eintritt in den Dienst ablegen müssen.

Werden Sie das Verbot religiöser Symbole aus dem Hessischen Beamtengesetz streichen?

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Nein. Im Rahmen des staatlichen Neutralitätsgebotes gilt es – insbesondere im Bereich der direkten Ausübung staatlicher Gewalt den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber – jeden Eindruck von Voreingenommenheit zu verhindern. Hier wird keine wahllose Diskriminierung im Hinblick auf einzelne Religionsgemeinschaften oder religiöse Symbole vorgenommen, sondern ein generelles Verbot in sorgfältiger Abwägung zwischen dem Neutralitätsgebotes und der Religionsfreiheit durchgesetzt.

Wir werden alle hessischen Gesetze an die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes anpassen. Ein pauschales Verbot religiöser Symbole ist nicht zulässig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann der Staat, in dem Anhänger unterschiedlicher oder gar gegensätzlicher religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zusammenleben, die friedliche Koexistenz nur gewährleisten, wenn er selbst in Glaubensfragen Neutralität bewahrt. Diese Neutralitätspflicht hat zur Folge, dass der Staat die Glaubensfreiheit seiner Beamten in letzter Konsequenz einschränken, ihnen also das Tragen religiöser Symbole bei der Dienstausübung untersagen kann. § 45 Hessisches Beamtengesetz trägt diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung. Religiöse Kleidungsstücke oder Symbole dürfen dann – und nur dann – nicht getragen oder verwendet werden, wenn sie im konkreten Fall „objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die Neutralität ihrer Amtsführung zu beeinträchtigen oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden zu gefährden.“ Die Norm rechtfertigt deshalb gerade kein pauschales Verbot. Es besteht deshalb kein Bedürfnis, sie zu ändern.

Ja. Die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit darf auch vor dem öffentlichen Dienst nicht haltmachen. Das hessische Verbot sorgt nicht für einen neutralen Staat, sondern für eine Diskriminierung der muslimischen und jüdischen Minderheiten in Deutschland. Ein neutraler Staat darf allerdings seinen Angestellten nicht vorschreiben, wie sie ihre Religion ausüben sollen. Ein Kopftuch oder eine Kippa sagt etwas aus über das Verhältnis der Trägerin oder des Trägers zur Religion aus, nicht über deren Verhältnis zum Staat. DIE LINKE ist für die Aufhebung des Verbots.

Wir Freie Demokraten setzen uns bzgl. der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sowie der Beamtinnen und Beamten des Landes Hessen für eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein – diesbezüglich fordern wir Flexibilität, beispielsweise hinsichtlich des Anbietens von Teilzeitregelungen, Home-Office oder Kinderbetreuung in der Nähe des Arbeitsplatzes. Dies hilft besonders auch Frauen, Vollzeit tätig sein zu können.
Darüber hinaus hat Diskriminierung in der öffentlichen Verwaltung keinen Platz – da wir freiheitlich denken, setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass religiöse Symbole jeglicher Art im öffentlichen Dienst nicht vorhanden sind. Wir fordern darüber hinaus, dass das Land im Bereich „Diversity“ Vorreiter ist. Hessen muss dabei nicht nur Vorbildcharakter z.B. für ein verbindlich implementiertes Diversity Management übernehmen – es ist eben auch selbst ein wichtiger Arbeitgeber. Neben der allgemeinen Verwaltung betrifft dies ausdrücklich auch die hessische Polizei.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

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Erhöhung der Diskriminierungssensibilität bei staatlichen Agenturen für Berufsberatung und Stellenvermittlung

Immer wieder berichten kopftuchtragende Frauen, dass einzelne Mitarbeiter*innen der Agentur für Arbeit ihnen raten, ihr Kopftuch in der Bewerbungsphase auszuziehen und es erst nach einem unterschriebenen Arbeitsvertrag wieder zu tragen. Dies wird teilweise damit gerechtfertigt, dass sich so ihre Arbeitsmarktchancen erhöhen würden und Arbeitgeber*innen mitunter gezielt nach Bewerberinnen ohne Kopftuch fragen. Werden Sie Maßnahmen ergreifen, welche die Mitarbeiter*innen der Agentur für Arbeit (Regionaldirektionen, früher Landesarbeitsämter) über die Rechtslage informieren und sie dazu verpflichten,

  1. ihren Kundinnen keinen Verzicht auf grundgesetzlich gewährte Rechte nahe zu legen und sie darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine Diskriminierung handelt, falls ein Arbeitgeber dies verlangt?
  2. Arbeitgeber*innen auf die Rechtswidrigkeit ihres Anliegens hinzuweisen und ihnen gegenüber die Rechtslage deutlich und nachdrücklich zu vertreten?
CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Die Erhöhung der Diskriminierungssensibilität ist grundsätzlich richtig. Wie sie richtig darstellen, ist die Rechtslage in diesem Fall eindeutig, so dass eine Diskriminierung aus religiösen Gründen entschieden bekämpft wird.
Allerdings kann es in der Beratung Einzelsituationen geben, die in einem vertrauensvollen Beratungsgespräch zwischen Beraterin oder Berater und ihren Kundinnen besprochen werden, die nicht diskriminierend sein müssen. Die Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter obliegt dabei der Selbstverwaltung der Agenturen für Arbeit.

Die Landesregierung hat keine Möglichkeit, die Agentur für Arbeit bzw. deren Beschäftigte zu einem Verhalten zu verpflichten, da es sich um eine Bundesbehörde handelt. Allerdings werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten alle öffentlichen Stellen zu neutralem, diskriminierungsfreiem und rechtskonformem Verhalten auffordern.

Uns sind bisher keine solchen Fälle bekannt. Falls es zu solchen Beratungen käme, bitten wir die Betroffenen, sich an die Antidiskriminierungsstelle im Sozialministerium oder die externe Beratung durch ADiBe zu wenden. Auch kennen wir nicht den Kontext, in dem solche Bemerkungen gemacht worden sein könnten. Wir können deshalb nicht verlässlich einschätzen, ob es sich dabei um Verstöße gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) gehandelt hat. Gegebenenfalls wäre auf die Verpflichtung der Dienststellenleiterinnen und –leiter hinzuweisen, alle Bediensteten auf Inhalt und Geltung des AGG konkret hinzuweisen (§ 12 Abs. 2 AGG – Mitarbeiterschulung).

Diese Beispiele zeigen, wie weit der alltägliche Rassismus und die Diskriminierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen in unserer Gesellschaft und den Behörden greift. DIE LINKE befürwortet eine weltanschaulich und religiös vielfältige Gesellschaft. Dies muss vor allem in unseren Behörden und staatlichen Agenturen gewährleistet sein. Zur Religionsfreiheit gehört auch, dass es keine Benachteiligung durch die mögliche Arbeitgeberin oder den möglichen Arbeitgeber aufgrund der Religionsausübung geben darf. Die gesellschaftliche Teilhabe kann nur ermöglicht werden, wenn die Bewerberin oder der Bewerber die eigenen Rechte kennt.

Wir Freie Demokraten setzen uns bzgl. der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sowie der Beamtinnen und Beamten des Landes Hessen für eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein – diesbezüglich fordern wir Flexibilität, beispielsweise hinsichtlich des Anbietens von Teilzeitregelungen, Home-Office oder Kinderbetreuung in der Nähe des Arbeitsplatzes. Dies hilft besonders auch Frauen, Vollzeit tätig sein zu können.
Darüber hinaus hat Diskriminierung in der öffentlichen Verwaltung keinen Platz – da wir freiheitlich denken, setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass religiöse Symbole jeglicher Art im öffentlichen Dienst nicht vorhanden sind. Wir fordern darüber hinaus, dass das Land im Bereich „Diversity“ Vorreiter ist. Hessen muss dabei nicht nur Vorbildcharakter z.B. für ein verbindlich implementiertes Diversity Management übernehmen – es ist eben auch selbst ein wichtiger Arbeitgeber. Neben der allgemeinen Verwaltung betrifft dies ausdrücklich auch die hessische Polizei.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

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Änderung des Schulgesetzes gemäß Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht entschied 2015, dass ein pauschales Kopftuchverbot, d.h. aufgrund einer abstrakten Gefahr, verfassungswidrig sowie die Privilegierung christlich-abendländischer Traditionen nichtig ist. Nur eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden lässt ein Kopftuchverbot unter eng begrenzten Bedingungen zu. Der entsprechende Gesetzestext im Schulgesetz Hessen (§ 86 Abs. 3) wurde in seinem Wortlaut bis jetzt nicht verändert und suggeriert so, dass sowohl die nichtige Privilegierung als auch das pauschale Verbot weiterhin Bestand hätten.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Gesetzestext so verändert wird, dass sich darin die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts widerspiegelt (vergleichbar den Änderungen des Schulgesetzes von Nordrhein-Westfalen)?

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Entgegen der Annahme des Fragestellers hat die CDU-geführte Landesregierung als Folge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 27. Januar 2015 (Az. 1 BvR 471/10) bereits im Zuge der am 2. Mai 2017 verabschiedeten Novelle des Hessischen Schulgesetzes auch die Formulierung im einschlägigen § 86 Abs. 3 an die geänderte Rechtsprechung angepasst. Eine Änderung ist daher nicht mehr erforderlich.

Wie unter 2.4. bereits dargestellt, werden wir alle hessischen Gesetze an die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf das Tragen religiöser Symbole anpassen. Ein pauschales Verbot ist nicht zulässig.

Bei der letzten Änderung des Schulgesetzes wurde auch §86 Abs. 3 geändert und an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst. Die neue Formulierung im Schulgesetz (in der Fassung vom 30. Juni 2017) sieht weder einer Privilegierung einzelner Religionen noch das pauschale Verbot des Tragens eines religiösen Kleidungsstücks vor.

Wir lehnen ein „Kopftuchverbot“ ab. Der pauschal formulierte Text im Schulgesetz ermöglicht eine Diskriminierung muslimischer Lehrerinnen. Deshalb werden wir für eine Änderung diese Paragraphen eintreten. DIE LINKE ist gegen die Beschränkung von religiöser Bekleidungen oder gar Berufsverbote. Das gebietet einerseits die Religionsfreiheit als auch das Recht auf Selbstbestimmung der Frau. DIE LINKE ist gegen jeden Zwang – gegen den Zwang, ein Kopftuch tragen zu müssen und dagegen, es ablegen zu müssen.

Wir sehen bisher keinen akuten Änderungsbedarf, jedoch sind wir der Überzeugung, dass der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen werden muss. Sollten diesbezüglich Änderungen notwendig sein, so stehen wir einer Prüfung offen und ergebnisorientiert gegenüber.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

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Abschaffung von Prognosen über die Gefährdung des Schulfriedens durch Lehrerinnen mit Kopftuch

Das Hessische Kultusministerium akzeptiert zwar, dass ein pauschales Kopftuchverbot an Schulen unzulässig ist, hat aber gleichzeitig ein gesondertes Verfahren eingeführt, anhand dessen die Schulleitung prognostizieren soll, ob eine Lehrerin mit Kopftuch (und ausschließlich sie) potentiell den Schulfrieden stören wird oder nicht. Details über das Verfahren und die Inhalte der Einschätzung werden dabei den betroffenen Frauen nicht mitgeteilt. Zudem ist nicht transparent, wo und über welchen Zeitraum die Daten gespeichert werden und wie oft dieses Prognoseverfahren wiederholt wird.

  1. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um den betroffenen Lehrerinnen Zugang zu ihren Daten zu gewähren?
  2. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um diese diskriminierende Praxis abzuschaffen?
CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Zu Frage 1: Das bestehende Verfahren zur Prognose einer Störung des Schulfriedens durch eine Lehrerin mit Kopftuch steht im Einklang mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 27. Januar 2015 (Az. 1 BvR 471/10) und den allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorgaben. Weitergehende Maßnahmen sind daher nicht beabsichtigt.

Zu Frage 2: Die Frage beruht auf einer fehlerhaften Annahme. Die Umsetzung geltenden Rechtes im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 27. Januar 2015 (Az. 1 BvR 471/10) ist keine diskriminierende Praxis und bedarf daher auch keiner Maßnahmen zur Änderung.

Eine „Prognose“ über eine angenommene Störung des Schulfriedens ist unserer Auffassung nach nicht möglich. Eine solche Störung kann nur festgestellt werden, wenn sie eingetreten ist. Dann ist es erforderlich, individuelle Maßnahmen einzuleiten, um den Schulfrieden wieder herzustellen, was aber nicht bedeuten darf, dass dies automatisch zur Folge hätte, dass die betroffene Lehrerin das Kopftuch abzulegen oder die Schule zu verlassen hätte.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine konkrete Gefahr vorliegen muss, die es rechtfertigen würde, das Tragen religiöser Symbole bei Lehrkräften zu verbieten. Unabhängig davon haben Lehrkräfte in Schule und Unterricht politische, religiöse und weltanschauliche Neutralität zu wahren. Etwaige Verstöße gegen diese Neutralitätspflicht und somit eine Störung des Schulfriedens müssen im Einzelfall geprüft und miteinander erörtert werden. Maßgeblich ist hierbei das Verhalten einer Person und nicht ihre Kleidung. Es muss also aus unserer Sicht um eine konkrete Situation und nicht um wie auch immer geartete Prognoseverfahren gehen.

Das Sammeln von Daten über die Kleidung von Lehrerinnen sehen wir als unzulässig an. Die generelle Kriminalisierung von muslimischen Lehrerinnen und die denunziatorische Praxis eines Generalverdachtes von Seiten der Schulleitung des Landes Hessen sind sofort zu beenden. Darüber hinaus muss allen betroffenen Lehrerinnen Einblick in die über sie gesammelten Daten und Einschätzungen gewährt werden. Eine solche Stimmung des Misstrauens ist eine enorme Gefahr für den Schulfrieden.

Ein derartiges dargestelltes Verfahren bedarf der Überprüfung. Eine pauschale Bewertung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

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Informationsverbreitung über die Rechtslage von Lehrerinnen mit Kopftuch

Bis heute erreichen uns Meldungen von Lehramtsstudentinnnen und Referendarinnen, dass ihnen von einzelnen Ausbildungsschulen mitgeteilt wird, sie könnten ihr Praktikum/Referendariat nicht mit Kopftuch ableisten. Weder die Universitäten noch die an der Ausbildung beteiligten Studienseminare schreiten gegen diese rechtswidrigen Praktiken ein – sei es mangels Kenntnissen, sei es, weil sie diese Praktiken inoffiziell gutheißen.

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die Universitäten, die Ausbildungsschulen und die Studienseminare über den verfassungsmäßigen Umgang mit dem Kopftuch im Schuldienst umfassend zu informieren und darauf zu verpflichten und so die diskriminierenden Praktiken zu unterbinden?

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Mit dem Erlass „Hinweise zu den Auswirkungen auf die Rechtlage in Hessen“ vom 4. September 2015 wurden die hessischen Schulämter und Schulen durch das Hessische Kultusministerium über die geänderte Rechtslage als Folge des o.a. Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes informiert. In dem Erlass werden die wesentlichen Passagen aus der Entscheidung zur Glaubens- und Bekenntnisfreiheit einerseits sowie zum Schulfrieden und der staatlichen Neutralität andererseits wiedergegeben. Weiterhin werden die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien für die Anwendung im Sinne einer Einzelfallprüfung dargelegt. Diese Kriterien sind im Wesentlichen das Vorliegen einer konkreten Gefahr, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Verbot der Beeinflussung und der Grundsatz der negativen Glaubensfreiheit und die Störung des Schulfriedens oder die Beeinträchtigung der Erfüllung des staatlichen Erziehungsauftrags. Sollte die Prüfung ergeben, dass im Einzelfall ein Verbot eines Kleidungsstücks ausgesprochen werden sollte, wird diese Entscheidung in enger Abstimmung von Schule und Schulaufsicht getroffen werden. Eine ausführliche und die geltende Rechtslage beschreibende Information der zuständigen Dienststellen ist somit vollumfänglich gewährleistet.

Auch wir haben solche Fälle zur Kenntnis genommen und im Rahmen unserer parlamentarischen Möglichkeiten bereits jetzt auf die Unzulässigkeit hingewiesen. Durch eine klare gesetzliche Regelung (siehe Antworten zu 2.4. und 3.12.) werden alle staatlichen Stellen auf eine der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entsprechende Praxis verpflichtet.

Solche Fälle sind bisher nicht an uns herangetragen worden. Entsprechenden Hinweise werden wir nachgehen und die Rechtslage klarstellen.

Das Recht auf Religionsfreiheit ist zu wahren, ebenso wie jedes andere bürgerliche Recht.
Für die Durchsetzung der rechtlichen Vorgaben ist das Kultusministerium zuständig. Als Oppositionspartei können wir dem Ministerium „auf die Finger schauen“.

Diesbezüglich besteht die Notwendigkeit, im Rahmen der Aus- und Weiterbildung und der Informationen der Schulen z.B. durch Informationen durch das Ministerium und die Schulverwaltung auf die gültige Rechtslage hinzuweisen und dafür Sorge zu tragen, dass diese umgesetzt wird.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

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Kopftuchtragende Rechtsrefendarinnen

Das Land Hessen verbietet Rechtsreferendarinnen im Vorbereitungsdienst an Gerichten mit dem Verweis auf das staatliche Neutralitätsgebot das Tragen eines Kopftuches bei Tätigkeiten die „nach Außen“ gerichtet sind. Diese Praxis wird als einseitig und diskriminierend kritisiert. Das Tragen eines Kopftuches sei ein Glaubensgebot, das mit der Neutralität des Gerichtes und der Unabhängigkeit der Entscheidungsfindung nicht im Konflikt stehe.

Werden Sie diese diskriminierende Praxis beenden?

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Die CDU hält das Kopftuchverbot für Referendarinnen für gerechtfertigt, weil nur dadurch die Neutralität des Rechtsstaats gewahrt werden kann. Eine diskriminierende Praxis gibt es in Hessen nicht. Eine Diskriminierung wäre nur gegeben, wenn diese Regelung ohne sachlichen Grund getroffen worden wäre oder aufgrund sachfremder Erwägungen erfolgen würde. Wie in vielen Bereichen unseres Rechtsstaats müssen auch hier verschiedene Rechte mit Verfassungsrang gegeneinander abgewogen werden. Auf der einen Seite steht die Religionsfreiheit. An dieser Stelle kann dahinstehen, ob das Kopftuch ein ausschließlich religiöse Zeichen ist oder, wie von vielen Frauenrechtlerinnen und auch Islamwissenschaftlerinnen und – wissenschaftlern bewertet, ein Symbol patriarchischer Strukturen, das über eine religiöse Auslegungen legitimiert wird. Denn auf der anderen Seite stehen wichtige Rechtsgüter wie die Neutralitätspflicht des Staates und auch die negative Religionsfreiheit gegenüber, die im hier beschriebenen Fall überwiegen. Der von Ihnen beschriebene Eingriff wird zudem auf ein Minimum begrenzt. So besteht ein Verbot zum Tragen des Kopftuchs nur in den seltenen Konstellationen, in denen die betroffene Referendarin als Vertreterin des Staates auftritt, beispielsweise beim Sitzungsdienst für die Staatsanwaltschaft oder im Rahmen einer durch sie durchgeführten Beweisaufnahme. Die entsprechende Regelung wurde vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof und vom Bundesverfassungsgericht überprüft. Nach Auffassung der Gerichte gilt das staatliche Neutralitätsgebot ausnahmslos auch für Rechtsreferendarinnen. Wenn also das höchste deutsche Gericht als Hüterin unserer Verfassung eine solche Entscheidung trifft, können wir nicht nachvollziehen, wie man von einer diskriminierenden Praxis sprechen kann.

Wie oben bereits mehrfach ausgeführt, werden wir alle hessischen Gesetze an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts anpassen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Fall der hessischen Rechtsreferendarin entschieden, dass das Tragen eines Kopftuchs im Gerichtssaal sowohl den Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichts als auch deren negative Glaubensfreiheit beeinträchtigt. Es hat also das Recht, aus Glaubensgründen ein Kopftuch zu tragen, in diesem Fall als nachrangig gegenüber den verfassungsrechtlich geschützten Rechten anderer Personen angesehen. Es handelt sich bei dieser Entscheidung um das Ergebnis einer Abwägung gegenläufiger Verfassungsgüter durch das höchste deutsche Gericht. Von einer „diskriminierenden Praxis“ kann deshalb nicht gesprochen werden.

Der politische Streit um das Kopftuchverbot im Öffentlichen Dienst ist eine Schaufenster-Debatte: Es gab bisher lediglich zwei bekannte Fälle, in denen im Öffentlichen Dienst in Hessen ein Kopftuch getragen wurde. Dennoch war die Frage sofort Gegenstand von ministeriellen Verordnungen und Landtagsdebatten. Aktuell will die FDP ein Burka-Verbot im Schulgesetz verankern, obwohl noch nie in Hessen ein Mädchen vollverschleiert zum Unterricht erschienen ist. Als LINKE wollen wir einen säkularen, weltanschaulich neutralen Staat – auch in Bayern, wo nun per Dekret in allen öffentlichen Gebäuden Kreuze aufgehängt werden müssen. Diese Form des Religions- und Kulturkampfes lehnen wir ab. Entscheidend ist für uns nicht, was Menschen glauben oder auf dem Kopf tragen, sondern ihr Verhalten und was sie im Kopf haben. Es gibt aus unserer Sicht mangels Problem keinen Grund für ein Kopftuch- oder Burka-Verbot. Es ist schade, dass hierüber so viel und so erfolgreich anti-muslimische Stimmung gemacht wird.

Die Objektivität und die Unabhängigkeit sind wesentliche Eckpfeiler unserer Justiz. Um diese Eckpfeiler gegenüber allen Verfahrensbeteiligten zu wahren, fordern wir ein Verbot des offenen Zeigens religiöser Symbole aller Verfahrensbeteiligten vor Gericht. Um den Eindruck zu vermeiden, andere Aspekte als die objektive Betrachtung des Rechts könnten Einfluss auf die Rechtsfindung haben, lehnen wir daher Kopftücher auf der Richterbank ab – dies betrifft dann auch Rechtsreferendarinnen, die im Rahmen des Vorbereitungsdienstes auf der Richterbank sitzen oder die staatsanwaltliche Sitzungsvertretung wahrnehmen.

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Information von Arbeitgebern über das Verbot anhand eines Kopftuches zu diskriminieren

Der Europäische Gerichtshof hat im März 2017 unter eng definierten Bedingungen ein Kopftuchverbot in der Privatwirtschaft für zulässig erklärt. Durch die fehlende inhaltliche Differenzierung in der Berichterstattung hat dies bei einigen Arbeitgeber*innen zu dem Trugschluss geführt, dass jedwede Ablehnung einer Bewerberin aufgrund ihres Kopftuches keinen Verstoß gegen das AGG darstellt.

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um Arbeitgeber*innen in Hessen über die Rechtslage aufzuklären?

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Da die Rechtslage eindeutig ist, wird seitens der CDU Hessen kein weiterer gesonderter politischer Handlungsspielraum und -bedarf gesehen. Für die Information der Unternehmen ist vor allem die Privatwirtschaft in der Pflicht, angemessene Antworten zu geben, die von Seiten der Politik nur begleitet werden können. Dies kann im Bedarfsfall z.B. in Form von Gesprächen mit Verbänden geschehen. Die Durchsetzung des Rechts erfolgt in den üblichen rechtsstaatlichen Verfahren.

Im Zusammenhang mit der Änderung der hessischen Gesetze, die wir unter 2.4. und anderen Punkten angeführt haben, sowie mit der Erarbeitung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes können wir uns vorstellen, eine Informationskampagne zu starten, die auch die oben genannte Problematik aufgreifen sollte. Näheres dazu werden wir mit den in diesem Bereich tätigen Organisationen besprechen.

Uns sind keine Fälle bekannt, wonach bei hessischen Arbeitgeber*innen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu dem Trugschluss geführt hat, dass jedwede Ablehnung einer Bewerberin aufgrund ihres Kopftuches keinen Verstoß gegen das AGG darstelle. Sollten uns aber konkrete Fälle bekannt werden, würden wir in geeigneter Form, beispielsweise durch Öffentlichkeitsarbeit der Partei oder durch parlamentarische Initiativen der Landtagsfraktion, auf die Pflicht zur Einhaltung geltender Gesetze aufmerksam machen.

Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände müssen über Formen der Diskriminierung bei der Personalauswahl – nicht nur bei Kopftuch tragenden Bewerberinnen – und über geeignete Gegenstrategien informiert werden. Dazu ist ein Dialogprozess erforderlich. Insbesondere muss die Privatwirtschaft aber für die Differenzierung in dem Urteil sensibilisiert werden. Das Tragen eines Kopftuches für sich alleine darf nicht verboten werden, nur unter bestimmten Voraussetzungen das Tragen aller sichtbaren religiösen und politischen Zeichen.

In den Medien wurde das Urteil des EuGH mit großem Interesse aufgenommen und durchaus differenziert dargestellt. Wir gehen davon aus, dass die Privatwirtschaft Urteile, die wichtig für sie sind, nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sehr genau analysiert.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

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