Vollwertige Gefängnisseelsorge in Verantwortung der islamischen Religionsgemeinschaften

In Hessen ist das an das Justizministerium angesiedelte Netzwerk zur Deradikalisierung im Strafvollzug (NeDiS) für die muslimischen Seelsorger zuständig. NeDiS ist ein Programm des Landes Hessen und kümmert sich um die Auswahl und die Schulung der Seelsorger. Das Ministerium stuft die im Rahmen dieses Programms tätigen Imame allerdings in ihrem rechtlichen Status nicht als Seelsorger ein. So sind sie – und auch die Gefangenen – nicht geschützt, da ihnen kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Zudem sind sie nicht angestellt, sondern erhalten lediglich auf Stundenbasis abgerechnete Honorarverträge.

Werden Sie Maßnahmen ergreifen, die die vollwertige Gefängnisseelsorge in Verantwortung der islamischen Religionsgemeinschaften zum Ziel hat?

Insgesamt ist festzustellen, dass Hessen im Bereich der muslimischen Anstaltsseelsorge – insbesondere im Vergleich mit anderen Bundesländern – durch unsere politische Schwerpunktsetzung bereits gut aufgestellt ist. Wir haben frühzeitig mit dem Aufbau entsprechender Angebote begonnen und die finanziellen Mittel für diesen Bereich stetig gesteigert, so auch wieder im Haushalt 2018/19. Während sich die christliche Gefängnisseelsorge über Jahrzehnte hinweg entwickelt hat und seit jeher von den christlichen Kirchen übernommen wurde, trifft dies für die religiöse Betreuung der muslimischen Gefangenen nicht zu. Im Islam gibt es keine vergleichbaren zentralen Strukturen; die vorhandenen muslimischen Verbände vertreten meist nur kleinere Gruppierungen der in Deutschland lebenden Muslime. Dies bedingt auch, dass bei den Imamen der „Dienstherr“ „Kirche“ fehlt, der die Bezahlung übernimmt. Daher schließen sie Dienstleistungsverträge mit der jeweiligen Anstalt. In dem besonders sensiblen Bereich des Strafvollzugs ist eine vergleichbare Ausgestaltung nur möglich, wenn auch die gleichen Voraussetzungen gegeben sind. Dies ist derzeit nicht der Fall. Im Dialog mit allen Beteiligten wirken wir darauf hin, diese Unterschiede abzubauen. Die in Hessen im stetigen Ausbau befindlichen Betreuungsangebote werden nach allen uns vorliegenden Rückmeldungen sehr gut angenommen. Bei unseren vielen Anstaltsbesuchen wurde noch nie an uns herangetragen, dass entsprechende Angebote aufgrund ihrer rechtlichen Ausgestaltung schlechter angenommen wurden, als andere seelsorgerische Angebote. Entgegen Ihrer Fragestellung ist die religiöse Betreuung kein Bestandteil von NeDiS. Die religiöse Betreuung von Muslimen im Strafvollzug und das Netzwerk Deradikalisierung im Strafvollzug (NeDiS) haben unterschiedliche Aufgabenstellungen. Es kommt aber zu einer punktuellen Abstimmung und Zusammenarbeit in den Fällen, in denen religiös motivierte, extremistische Einstellungen bei Inhaftierten vermutet werden.

Auf Initiative der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag wurden in dieser Legislaturperiode die in den Gefängnissen beschäftigt Imame angehört und das Thema bereits mehrfach im Unterausschuss Justizvollzug auf die Tagesordnung gebracht. Wir sind uns sehr bewusst, wie wichtig die Ausübung dieser Tätigkeit im Justizvollzug ist. Insbesondere die Schlechterstellung durch Honorarverträge wurde in der Anhörung durch die Imame deutlich kritisiert. Wir vertreten die Auffassung, dass den Imamen insgesamt mehr Wertschätzung und Anerkennung für die wesentliche Aufgabe in den Justizvollzugsanstalten entgegengebracht werden muss.
Zudem muss die religiöse Seelsorge durch Imame in den Gefängnissen weiter ausgebaut werden.

Die muslimische Seelsorge, die während unserer Regierungsbeteiligung in den Anstalten deutlich verbessert wurde, wollen wir weiter ausbauen. Damit wollen wir die Prävention von Straftaten auch durch Unterstützung des Resozialisierungsprozesses effektiver machen. Dies soll zum Beispiel durch das Angebot von Fortbildungsmaßnahmen auch für muslimische Seelsorger erfolgen. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen muslimische Seelsorger als „Geistliche“ im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO anzusehen sind und ihnen deshalb ein Aussageverweigerungsrecht zusteht, hängt von einer Reihe sachlicher Kriterien ab und kann deshalb nur im Einzelfall beantwortet werden. Letztlich können hierüber nur die Gerichte entscheiden.

Es darf kein Unterschied gemacht werden zwischen christlichen und muslimischen Gefangenenseelsorgern. Hierfür setzen wir uns ein.

Wir Freie Demokraten fordern eine vollwertige Gefängnisseelsorge, insbesondere auch für Musliminnen und Muslime.
Gefangenenseelsorge stellt ein wichtiges Instrument zur Resozialisierung Strafgefangener dar. Sie hilft den Häftlingen ihre Taten zu reflektieren, um Perspektiven für die Zeit nach ihrer Haft zu finden. Insbesondere bei Strafgefangenen aus fremden Kulturkreisen hilft die Gefangenenseelsorge, das Verständnis für den Rechtsstaat zu stärken. Daher begrüßen wir ausdrücklich, dass die Arbeit der Imame in deutscher Sprache erfolgt und sie sich für einen Islam einsetzen, der auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung steht. Zudem leisten die Imame durch ihre Präventionsarbeit einen wichtigen Beitrag zur Deradikalisierung, da sie Radikalisierungstendenzen frühzeitig erkennen und mit den Sicherheits- und Fachabteilungen der Justizvollzugsanstalten eng zusammenarbeiten. Wir Freie Demokraten begrüßen auch die Zusammenarbeit einiger Imame mit dem Violence Prevention Network (VPN) und sprechen uns ausdrücklich für eine Ausweitung der Zusammenarbeit aus. Denn durch eine enge Abstimmung zwischen Präventions- und Deradikalisierungsarbeit stärken wir die Sicherheit innerhalb und außerhalb der Justizvollzugsanstalten.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

Bewertung

So haben wir bewertet: Die Bewertung erfolgte auf einer fünfstufigen Skala mit Hilfe eine Smileysystems. Für die Gesamtbewertung ist es besonders wichtig, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch tatsächlich geeignet sind, um Diskriminierung entgegenzuwirken, daher ergibt sie sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
Sensibilität für Problemlage
Konkretion der Maßnahme
Effektivität der Maßnahme
Bewertung insgesamt
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