Erfassung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in der Kriminalstatistik

Die polizeiliche Kriminalstatistik versucht strafrechtliche relevante Vorfälle zu erfassen um daraus gesellschaftliche Problemlagen identifizieren zu können. Das setzt jedoch voraus, dass Hasskriminalität und diskriminierende Vorfälle auch als solche erkannt werden und als rechte, politisch motivierte Kriminalität eingeordnet werden. Hierbei sollten die Stimmen der betroffenen Personen besonders relevant sein, wie aus dem Abschlussbericht des NSU – Untersuchungsausschusses des Bundestags hervorgeht.

Werden Sie Schulungen für Polizeibeamte durchführen, die stärker als bisher für politisch motivierte Kriminalität (PMK), Rassismus und menschenfeindliche Ideologien sensibilisieren?

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Die Hessischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten leisten hervorragende Arbeit und sind sich ihrer Verantwortung insbesondere auch im Umgang mit sehr unterschiedlichen Menschen im Rahmen ihrer Arbeit bewusst. Leitbild und verbindliches Ziel ist es, dass sich die Angehörigen der hessischen Polizei keiner Stigmatisierung, Kategorisierung oder pauschalen Bezeichnung von Menschen bedienen und keine Ersatzbezeichnungen oder Begriffe, die tatsächlich oder subjektiv geeignet sind, einen Menschen, eine Ethnie, eine Volkszugehörigkeit oder eine Minderheit zu diskriminieren, zu stigmatisieren oder abzuqualifizieren, verwenden. Welchen Stellenwert diese Zielsetzung für uns hat, zeigen die Vielzahl der Angebote und Schulungen, die in diesem Bereich unter der CDU-geführten Landesregierung in Hessen stattfinden. Ein diskriminierungsfreier Umgang innerhalb der Polizei und im Umgang der Polizei mit den Bürgerinnen und Bürger in Hessen ist ein selbstverständliches Kernanliegen der CDU.

In diesem Sinne wird das Thema Schutz von Minderheiten bspw. in der polizeilichen Fortbildung an der Polizeiakademie Hessen (HPA) u.a. in den Seminaren des Fachbereichs Einsatzmanagement /Recht umfassend thematisiert. Hierbei wird auch das Thema „Schutz vor der Verwendung diskriminierender Minderheitenkennzeichnungen durch Beschäftigte von Polizeibehörden“ intensiv erörtert. Im Fachbereich Führungsmanagement/Personalentwicklung werden zudem spezielle Seminare zum Themenfeld „Interkulturelle Kompetenz“ angeboten. Fester Bestandteil dieser Veranstaltungen sind Lehrgespräche und Diskussionen über Stereotype, Vorurteile, „racial profiling“ und den sogenannten „labeling approach“ bzw. Stigmatisierung. Ziel ist die Sensibilisierung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Hinblick auf die entsprechenden Begriffe, um damit zusammenhängende psychologische Dynamiken, Verhaltensweisen und letztlich auch die Risiken für ein professionelles und ethisch korrektes Polizeihandeln bewusst zu machen. Das zugehörige Konzept sieht darüber hinaus die Qualifizierung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und sukzessive die dezentralisierte Vermittlung der Inhalte bei den Behörden vor. Außerdem haben sich alle Polizeibehörden Hessens zur Ausbildung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für das Thema „Interkulturelle Kompetenz“ entschieden, im Rahmen der kriminalpolizeilichen Spezialfortbildung besitzt die Thematik „Interkulturelle Kompetenz“ einen hohen Stellenwert und wird in verschiedenen Fortbildungsveranstaltungen – auch unter Einsatz von Fremdreferentinnen und Fremdreferenten aus unterschiedlichen Kulturkreisen – im Kontext der jeweiligen Fachspezifik behandelt (z. B. in den Seminaren Urkundendelikte, Jugendsachbearbeitung, Häusliche Gewalt oder Kriminalpolizeiliche Kompetenz).

Polizeibeamtinnen und –beamte, Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte müssen in der Lage sein, rassistische und fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtenden Motive bei Gewalttaten zu erkennen und Delikte entsprechend einzuordnen. Dies erfordert, dass die beteiligten Stellen dauerhaft in Aus- und Fortbildung im Bereich Rechtsextremismus und Hasskriminalität sensibilisiert werden, ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch stattfindet und die fachübergreifende Zusammenarbeit verbessert wird. Die SPD plädiert dafür, das Strafanzeigenformular durch die Aufnahme einer Frage nach Anzeichen für extremistische Motive zu ergänzen, um auch Anzeigestellerinnen und –steller explizit nach ihren Wahrnehmungen und möglichen Motivlagen zu befragen.

Wir setzen uns dafür ein, dass das bestehende Aus- und Weiterbildungskonzept für hessische Polizeibeamte im Bereich interkultureller Kompetenz gefestigt und verstetigt wird. Die Fähigkeit der Beamt*innen, im Polizeialltag die verschiedenen Auswirkungen auf Menschen mit und ohne Migrationshintergrund beurteilen und entsprechend handeln zu können, wirkt gleichzeitig integrierend und deeskalierend. Kein Bürger, der mit der Polizei in Kontakt kommt, soll den Eindruck haben, wegen seiner Herkunft oder kulturellen Eigenart anders behandelt zu werden als Bürger anderer Bevölkerungsgruppen. Wir werden uns auch dafür einsetzen, dass die interkulturelle Kompetenz bei der Beurteilung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung im Rahmen von Einstellungen und Beförderungen stärker berücksichtigt wird als bisher

Im NSU-Komplex wurde deutlich: Zusammenhänge zwischen organisierter Kriminalität, wie z.B. Waffen-, Menschen-, Musik- und Szenehandel sowie
Banküberfällen, Raub und Eigentumsdelikten als mögliche Finanzierungsquellen rechter, rassistischer und menschenfeindlicher Täter, Gruppen und Milieus wurden entweder nicht erkannt, oder keine Rückschlüsse gezogen, obwohl die Rückschlüsse so naheliegend waren. Erst jetzt wird die Sensibilität gegenüber Waffenbesitzern, untergetauchten Straftätern und einer internationalen Szene etwas größer.

Polizeibeamte, Gerichte und die öffentliche Verwaltung müssen durch Aus- und Fortbildung mögliche politisch motivierte Straftaten besser erkennen lernen. Bei der Personalauswahl muss die Diversität im Landesdienst erhöht werden. Die Einführung des Tatmotivs „Hasskriminalität“ war ein richtiger Schritt, die Einführung, Erfassung und Auswertung des Tatmotivs „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ wäre folgerichtig und würde endlich eine Erkenntnis über die Dimension des Phänomens auch aus polizeilicher Sicht ermöglichen.

Bzgl. der Erfassung von Straftaten in der Kriminalstatistik setzt sich die FDP-Fraktion für Transparenz ein. Je genauer die Straftaten einzelnen Milieus oder Gruppierungen zugeordnet werden können, desto eher können präventive Maßnahmen vorgenommen werden.
Für uns gilt der Grundsatz „keine Toleranz für die Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung“ – unabhängig davon, ob diese aus dem rechten, linken oder islamistischen Spektrum, aus dem Inland oder Ausland kommen.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

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Differenzierte Erfassung von Hassverbrechen gegen LGBTI*

Innerhalb der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität werden Hassverbrechen bezüglich der sexuellen Identität und der geschlechtlichen Identität (transident, intersexuell) in einer Kategorie erfasst.

Werden Sie sich dafür einsetzen, die Daten in Hessen getrennt nach Merkmalen zu erfassen und zu veröffentlichen?

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Die Straftaten im Bereich der Hasskriminalität werden bereits – auch in Bezug auf die sexuelle Orientierung – bundesweit von den Polizeibehörden der Länder erhoben und über die Landeskriminalämter dem Bundeskriminalamt zur bundesweiten Erfassung und Auswertung übermittelt. In Hessen werden diese Daten unabhängig von der PKS in einer eigenen Statistik, dem Kriminalpolizeilichen Meldedienst, erfasst und bereits jetzt anlassbezogen veröffentlicht.

Uns als SPD ist es wichtig, dass die Hassverbrechen gegen LGBTI* umfänglich erfasst werden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Polizeibeamtinnen und –beamten weiter sensibilisiert werden, um Straftaten, die sich gegen LGBTI* richten, als Hassverbrechen anzuerkennen.

Wir setzen uns für eine diskriminierungsfreie Erfassung, Aufarbeitung und Darstellung der Daten in der polizeilichen Kriminalstatistik ein, verweisen in diesem Zusammenhang aber auch darauf, dass die LSBT*I-Community sich lange dafür eingesetzt hat, solche Merkmale polizeilich nicht zu erfassen.

Die Einführung eines Tatmotivs „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ differenziert nach der jeweiligen betroffenen Gruppe wäre eine Möglichkeit, um die Dimension von Hasskriminalität endlich zu erfassen und ihr zu begegnen. Dennoch ist die Polizeistatistik nur eine sogenannte „Ausgangsstatistik“, da sie lediglich Strafanzeigen und mögliche Verdächtige erfasst und bleibt damit wenig aussagekräftig. DIE LINKE spricht sich seit Jahren für eine „Verlaufsstatistik“ aus, in welcher Strafanzeigen, Verdächtige, Ermittlungsverfahren und Ausgang des Gerichtsverfahrens zusammen gebracht werden. De fakto weiß nämlich heute niemand, wie viele Strafanzeigen am Ende mit einem Verfahren und Verurteilungen enden! Zudem plädieren wir dafür, zu einzelnen Phänomenbereichen „Dunkelfeldstudien“ durchzuführen, denn viele Straftaten werden gar nicht angezeigt.

Bzgl. der Erfassung von Straftaten in der Kriminalstatistik setzt sich die FDP-Fraktion für Transparenz ein. Je genauer die Straftaten einzelnen Milieus oder Gruppierungen zugeordnet werden können, desto eher können präventive Maßnahmen vorgenommen werden.
Für uns gilt der Grundsatz „keine Toleranz für die Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung“ – unabhängig davon, ob diese aus dem rechten, linken oder islamistischen Spektrum, aus dem Inland oder Ausland kommen.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

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Erfassung islamfeindlicher Straftaten

Seit 2017 werden islamfeindliche Straftaten in den Kriminalstatistiken gesondert erfasst. In ganz Hessen sollen sich gemäß dieser Statistik im Jahr 2017 lediglich 30 islamfeindliche Straftaten ereignet haben.

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um Polizei und Staatsanwaltschaften für Islamfeindlichkeit zu sensibilisieren, damit islamfeindliche Straftaten als solche erkannt und erfasst werden?

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Die im Zuständigkeitsbereich des CDU-geführten Innenministeriums angebotenen Ausbildungs-, Fortbildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen sind bereits dargestellt worden und führen zu einem hohen Maß an Bewusstsein in der hessischen Polizei für rassistische oder religionsfeindliche Straftaten. Islamfeindliche Straftaten werden – wie alle Straftaten mit rassistischem Hintergrund – mit besonderer Sorgfalt verfolgt. Hier machen unsere Beamtinnen und Beamten einen bewundernswerten Job in meist sehr schwierigen Situationen.

Wir wollen Polizeibeamtinnen und –beamte in ihrer Aus- und Fortbildung schulen, um islamfeindliche Straftaten als solche zu erkennen. Siehe auch Antwort auf Frage 4.5.

Im Bereich von Polizei und Justiz – also auch für Richter, Staatsanwälte und Strafvollzugbedienstete – müssen die Aus- und Fortbildungsangebote im Phänomenbereich Islamfeindlichkeit verstetigt und vertieft werden. Hervorzuheben ist dabei die Herausbildung und Weiterentwicklung der Fähigkeit der Bediensteten in Justiz- und Maßregelvollzugsanstalten, Radikalisierungstendenzen, politisch motivierte Verhaltensweisen, extremistische Auffälligkeiten oder den Aufbau besonderer Hierarchiestrukturen bei Gefangenen schon in ihren Ansätzen zu erkennen.

Polizeibeamte, Staatsanwaltschaften, Gerichte und die öffentliche Verwaltung müssen durch Aus- und Fortbildung mögliche politisch motivierte Straftaten und Hasskriminalität besser erkennen lernen. Bei der Personalauswahl braucht es höhere Diversität im Landesdienst.

Zudem ist es gut möglich, dass sich Opfer von Islamfeindlichkeit nicht an die Polizei wenden, entweder weil sie die Strafbarkeit entsprechender Handlungen nicht kennen oder Ihnen das Vertrauen in Polizei und Justiz fehlt. Dunkelfeldstudien können helfen, das Verhältnis zwischen tatsächlich
begangenen Straftaten und den eingegangenen Strafanzeigen aufzuhellen. Bekannt wurden derartige Studien in den Medien beispielsweise im Dunkelfeld häuslicher und sexueller Gewalt.

Bzgl. der Erfassung von Straftaten in der Kriminalstatistik setzt sich die FDP-Fraktion für Transparenz ein. Je genauer die Straftaten einzelnen Milieus oder Gruppierungen zugeordnet werden können, desto eher können präventive Maßnahmen vorgenommen werden.
Für uns gilt der Grundsatz „keine Toleranz für die Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung“ – unabhängig davon, ob diese aus dem rechten, linken oder islamistischen Spektrum, aus dem Inland oder Ausland kommen.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

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