Geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen* mit Migrations- und Fluchtgeschichte

Die Benachteiligung von Frauen* mit Migrations- und Fluchtgeschichte beschränkt sich oftmals nicht nur auf geschlechtsspezifische Diskriminierungen: Frau* zu sein, nicht-deutsch bzw. nicht weiß zu sein, einer benachteiligten sozialen Milieu anzugehören hohen Alters und/oder mit einer Behinderung zu leben, homo-, trans-, oder intersexuell zu sein, und andere Faktoren führen dazu, dass viele gesellschaftliche Ausschlüsse ineinander verschränkt bzw. intersektional erlebt werden und den Alltag der Frauen* prägen. Trotz des seit 2006 in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erleben Frauen* mit Flucht- und Migrationsgeschichte nach wie vor strukturelle und institutionelle  Diskriminierung die sich vor allem in diskriminierenden Gesetzgebungen wie z.B. der Residenzpflicht, verdachtsunabhängigen Polizeikontrollen, Asylgesetzverschärfungen oder dem eingeschränkten Zugang zum Bildungs-, Arbeits- und Gesundheitssystem zeigt. Die prekäre Situation der Frauen* verschärft sich durch einen Mangel an bedarfsorientierten Beratungs- und Begleitangeboten. Diese sollten auch integrierte Sprachmittlerinnen* und, bei Bedarf, Kinderbetreuung miteinschließen.

  1. Welche Maßnahmen zum Schutz von Frauen* mit Flucht- und Migrationsgeschichte vor geschlechtsspezifischer Diskriminierung werden Sie ergreifen?
  2. In welcher Form werden Organisationen von Frauen* mit Flucht- und Migrationserfahrung Teil des Monitoring-Prozesses dieser Maßnahmen sein?
  3. Wie werden Sie Organisationen von Frauen* mit Flucht- und Migrationserfahrung sowie Kontakt- und Beratungsstellen politisch und finanziell stärken?

Jede Form von Gewalt gegen Frauen oder Diskriminierung muss bekämpft werden. Es darf keine Toleranz geben, bei Menschenhandel, Zwangsverheiratung, Zwangsprostitution, Stalking oder häuslicher und sexualisierter Gewalt. Darüber hinaus ist die Unterstützung der Frauen in allen Landesteilen durch Frauenhäuser, Interventionsstellen und Beratung für Frauen nach sexualisierter Gewalt ein wichtiger Schwerpunkt des 2015 ins Leben gerufenen Sozialbudgets. Mit zusätzlichen Mitteln für die Intervention bei häuslicher Gewalt, der Unterstützung von Beratungsstellen nach sexueller Gewalt und für Frauenhäuser kommt Hessen seiner Verantwortung nach, Maßnahmen gegen Gewalt zu ergreifen und Hilfsangebote für Frauen dauerhaft zu erhalten und zu etablieren sowie eine fachkundige Versorgung der Betroffenen zu gewährleisten.

Die doppelte oder gar dreifache Diskriminierung von Frauen mit Migrations- und/oder Fluchtgeschichte ist uns bewusst. Wie unter 6.1. bereits dargestellt wollen wir diese Frauen besonders fördern.

In Hessen gibt es eine spezielle Erstaufnahmeeinrichtung in Rotenburg an der Fulda, in der Plätze für allein geflüchtete Frauen und ihre Kinder reserviert sind. Mit dem Projekt „Step by Step“ wurde gezielt traumatisierten weiblichen Geflüchteten und ihren Kindern Angebote der psychosozialen Hilfe gemacht. Dies wurde mittlerweile ausgeweitet, sodass es vier regionale psychosoziale Zentren gibt, die psychosoziale Unterstützungsangebote für Geflüchtete unterbreiten. Aus den Mitteln des Landesintegrationsprogrammes „WIR“ fördern wir speziell innovative Modellprojekte für geflüchtete Frauen. Wir GRÜNE halten an dieser Förderung fest und wollen uns auch in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, diese Angebote für noch mehr geflüchtete oder migrierte Frauen und Mädchen zu öffnen.

Mit Beratungsangeboten sowie effektiven Antidiskriminierungsmaßnahmen muss die Mehrheitsgesellschaft für das Problem der Mehrfachdiskriminierung sensibilisiert und die Betroffenen über ihre Rechte informiert werden. Auf die vielfältigen Diskriminierungsformen – sei es im Asylverfahren, bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche oder durch widerrechtliches Racial Profiling durch die Polizei – muss mit Beratungsangeboten für die Betroffenen, aber auch mit Informations- und Fortbildungsangeboten etwa für Behörden sowie einem verbesserten Rechtsschutz reagiert werden. Dazu müssen auch bestehende Lücken im gesetzlichen Antidiskriminierungsschutz geschlossen und Migrantenorganisationen im Sinne eines Empowerments besser gefördert werden. Die vom Land eingerichtete Antidiskriminierungsstelle reicht wegen der personellen Unterbesetzung und der fehlenden Unabhängigkeit kaum aus, den vielfältigen Formen von Diskriminierung effektiv zu begegnen. Wir fordern daher unabhängige und regionale Beratungsstellen für einen einfacheren Zugang zur Antidiskriminierungsberatung. Zu einem effektiven Diskriminierungsschutz in Hessen gehört auch die Einrichtung eines Rechtshilfefonds für Betroffene von Diskriminierung.

Um dem erhöhten Schutzbedürfnis von Frauen und Kindern Rechnung zu tragen, wurde eine Unterkunft in Darmstadt speziell für allein geflüchtete Frauen und Kinder geschaffen. Darüber hinaus gibt es vielfältige Angebote des Landes sowie zahlreicher Organisationen, die sich speziell um Frauen mit Migrationshintergrund kümmern. Die Residenzpflicht und andere Vorschriften und gesetzlichen Regelungen beziehen sich gleichermaßen auf Männer wie Frauen, wobei hier keinesfalls diskriminierende Absichten dahinter stehen. Grund für diese und andere Regelungen sind meist verfahrenstechnischer Art oder haben mit der Zuständigkeit, auch in finanzieller Hinsicht, zu tun. Asylgesetzverschärfungen oder der Zugang zu Integrationsleistungen haben wiederum etwas mit den Bleiberechtsperspektiven zu tun. Denn es ist nicht sinnvoll, mit Integrationsleistungen zu beginnen, wenn Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten ohnehin keine Bleibeperspektive haben. Wir Freie Demokraten halten die derzeitige finanzielle Ausstattung von vom Land Hessen geförderten Kontakt- und Beratungsstellen für ausreichend, sind jedoch offen für konkrete Hinweise, falls dies an der ein oder anderen Stelle nicht der Fall sein sollte.

Die AfD hat unseren Fragenkatalog ebenfalls erhalten, sich aber gegen eine Teilnahme am Wahlkompass Antidiskriminierung entschieden. Die Begründung können Sie hier nachlesen.

Bewertung

So haben wir bewertet: Die Bewertung erfolgte auf einer fünfstufigen Skala mit Hilfe eine Smileysystems. Für die Gesamtbewertung ist es besonders wichtig, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch tatsächlich geeignet sind, um Diskriminierung entgegenzuwirken, daher ergibt sie sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
Sensibilität für Problemlage
Konkretion der Maßnahme
Effektivität der Maßnahme
Bewertung insgesamt
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