Religiöse Selbstbestimmung muslimischer Frauen und Mädchen

In jüngster Zeit wird wieder verstärkt über religiös motivierte Bekleidung von muslimischen Frauen und Mädchen diskutiert. Dies hat in der Vergangenheit zu gesetzlichen Kopftuchverboten im öffentlichen Dienst und auch darüber hinaus zur Diskriminierung auf dem privaten Arbeitsmarkt geführt.

  1. Planen Sie ein Gesetz, durch das Frauen mit Kopftuch der Zugang zu Berufen im öffentlichen Dienst verwehrt oder erschwert wird?
  2. Planen Sie ein Gesetz, durch das die Religionsfreiheit von Minderjährigen eingeschränkt werden soll, um zu verhindern, das Mädchen sich selbstbestimmt für oder gegen das Kopftuchtragen entscheiden können?
CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Derartige Gesetze sind nicht geplant.

Nein.

Wir befürworten kein Gesetz, das in die Religionsfreiheit von Frauen und Mädchen eingreift, soweit keine Gefahr für die Freiheitsrechte Dritter besteht.

Nein. Initiativen, die sich ausschließlich mit der religiös motivierten Bekleidung von muslimischen Frauen und Mädchen befassen, können unter keinem denkbaren Gesichtspunkt unsere Zustimmung erhalten. Richtig ist, dass wir LINKE in Sachsen nach dem Landtagswahlprogramm 2019 den Religionsunterricht durch einen überkonfessionellen Ethikunterricht ersetzen und den Einfluss der Religionsgemeinschaften an staatlichen Schulen zurückdrängen wollen. Es gibt auch nicht wenige Stimmen in der Partei, die das Berliner Neutralitätsgesetz aufgrund der Säkularität des Staates für richtig halten. Hier herrscht allerdings beileibe kein einheitliches Meinungsbild. Derzeit ist ein Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht (8 AZR 62/19) gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. November 2018 (7 Sa 963/18) gegen einzelne Bestimmungen des Berliner Neutralitätsgesetzes anhängig, wobei zu erwarten ist, dass hier der Rechtsweg bis zum Bundesverfassungsgericht ausgeschöpft wird. Solange hier noch keine abschließende höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, sollte sich der Landesgesetzgeber zurücknehmen und mit einem landeseigenen „Sächsischen Neutralitätsgesetz“ nicht befassen. Es ist auch höchst fraglich, ob für Sachsen hierzu überhaupt ein gesteigerter Regelungsbedarf besteht. Unser politischer Ansatz sind nicht Verbote, auch nicht in Fragen religiöser Praxen in Familien, die auch Minderjährige in Haftung nehmen. Wir setzen stattdessen auf Aufklärung, Bildung und Empowerment zu selbstbestimmten Entscheidungen, vor allem von Kindern und Jugendlichen!

Frage 1: Nein.
Frage 2: Nein. Es ist selbstverständlich, dass wir gegen eine selbstbestimmte Entscheidung zum Tragen eines Kopftuchs keinerlei Maßnahmen ergreifen. Dennoch sehen wir es kritisch, wenn minderjährige Mädchen gegen ihren Willen ein Kopftuch tragen müssen oder aufgrund religiöser Gründe durch die Eltern vom Schwimmunterricht abgemeldet werden. So wollen wir Maßnahmen ergreifen, dass jede Schülerin und jeder Schüler in Sachsen in Zukunft schwimmen kann.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

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Thematisierung von anti-muslimischem Rassismus

In den letzten Jahren sind negative Haltungen und auch gewaltvolle Handlungen gegen muslimisch markierte Menschen und islamisch geprägte Orte wie Moscheen angestiegen. Daraus ergibt sich eine gefühlte und reale zunehmende Bedrohung ihrer Sicherheit.

  1. Wie bewerten Sie den erstarkenden anti-muslimischen Rassismus?
  2. Welche politische, juristische und soziale Unterstützung werden Sie Betroffenen anbieten, um sich in Deutschland sicher zu fühlen?
  3. Unterstützen Sie den Vorschlag, eine*n Beauftragte*n gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit auf Landesebene zu berufen?
CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Rassismus der sich gegen jedwede kulturelle und religiöse Vorstellungen richtet, ist abzulehnen. Es ist Aufgabe des Staates und der Gesellschaft, dagegen vorzugehen. Die Berufung eines/einer Beauftragten ist nicht vorgesehen.

Keine Form von Rassismus ist zu tolerieren. Auch die steigenden Zahlen im Bereich der Hassverbrechen gegen Muslime ist nicht hinnehmbar. Der Kampf dagegen und gegen jede gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist eine Daueraufgabe in unserer demokratischen Gesellschaft. Betroffenen bieten sich alle Beratungs- und Antidiskriminierungsstrukturen, die wir in den vergangenen Jahren aufgebaut haben und in Zukunft weiter stärken wollen. Ein Beauftragter oder eine Beauftragte gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit auf Landesebene ist kein Bestandteil unseres Regierungsprogramms.

  1. Den erstarkenden anti-muslimischen Rassismus betrachten wir mit Sorge, insbesondere auch, weil Täter*innen häufig der „politischen Mitte“ zuzurechnenden Milieus entstammen. Wir sehen in der Zurückdrängung anti-muslimischer Ressentiments eine Hauptaufgabe der Antidiskriminierungsarbeit der nächsten Jahre in Sachsen. Gleichsam müssen aber auch Teile der muslimischen Menschen in Sachsen als Adressat*innen der Antidiskriminierungsarbeit verstanden werden und bspw. sexistische Rollenbilder und antisemitische Vorurteile in den Blick genommen werden.
  2. Muslimische Menschen sind Teil unserer Gesellschaft. Eine Exklusion selbiger durch politische Aussagen lehnen wir ab und sind von uns nicht zu erwarten. Durch ausreichend qualifiziertes Personal innerhalb der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte sollen Hass-Verbrechen auch als solche benannt und konsequent verfolgt werden. Im Bereich erst seit kurzer Zeit in Sachsen lebender muslimischer Menschen setzen wir auf die bestehenden Maßnahmen der Integration, die geeignet sind, Muslimen das Ankommen zu erleichtern und Ressentiments in der aufnehmenden Gesellschaft abzubauen.

3. Die Berufung eines Beauftragten erachten wir nur als sinnvoll, wenn dieser auch mit den notwendigen Befugnissen und Rechten ausgestattet ist. Einen „zahnlosen Tiger“ aus Image-Gründen lehnen wir ab.

Rassismus lehnen wir ab und bekämpfen ihn. Menschenverachtende Äußerungen und die Herabwürdigung von Muslimen sind nicht nur im Landtag zu hören. Dabei bleibt es nicht nur bei Worten. Laut dem Sachsenmonitor 2018 fühlt sich nahezu jeder zweite Sachse durch Muslime manchmal „wie ein Fremder im eigenen Land“, 41 Prozent würden Muslimen gern die Zuwanderung untersagen. Wir beobachten in der Mehrheitsgesellschaft mangelndes Wissen und verzerrte, undifferenzierte Bilder über den Islam. Wir setzen auf einen verstärkten Dialog mit islamischen Gemeinden und Organisationen. Dies muss vor allem auf kommunaler Ebene geschehen. Wünschenswert sind Projekte wie lokale Interkulturelle Zentren, die auch als Anlaufpunkte und Begegnungsorte für Muslime/Muslima und Interessierte fungieren können. Wünschenswert sind auch umfassende Bildungsangebote über den Islam in seiner Differenziertheit.

Für von Diskriminierung und Gewalt Betroffene sollen die Beratungs- und Anlaufstellen wie das Antidiskriminierungsbüro und die Opferberatungsstellen der RAA Sachsen gestärkt und ggf. auf die Zielgruppe spezialisiert werden. Unser umfangreiches Integrationsgesetz (Drs. 6/13768) sieht die Einrichtung von kommunalen Integrationsbeauftragten und einem Sächsischen Migrationsbeauftragten auf Landesebene vor. Die Bekämpfung der Islamfeindlichkeit ist von den Aufgabenbereichen des Migrationsbeauftragten umfasst.

Bezüglich der Einführung eine*r Beauftragte*n gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit auf Landesebene zeigen wir uns offen und werden darüber in der kommenden Legislatur mit Akteuren der Zivilgesellschaft ins Gespräch kommen.

Mit großer Traurigkeit erkennen wir in der Gesellschaft immer wieder rassistische Tendenzen. Diesen wollen wir entschlossen entgegentreten, unabhängig davon, ob dieser sich gegen Muslime oder Juden oder andere Gruppen richtet. Jeder sollte sich in Sachsen wohlfühlen. Verstöße müssen entsprechend geahndet werden, in allen Bereichen wollen wir eine Kultur des gegenseitigen Respekts etablieren. In einem Beauftragten gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit sehen wir bisher keinen Mehrwert für Betroffene. Wir wollen das Thema Rassismus allgemeiner angehen. So gibt es auch in Sachsen beispielsweise weiter einen verbreiteten Antisemitismus.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

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Religiöse Trägerschaft für Schulen und Kitas

Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten ethnisch und religiös vielfältiger geworden. Dies wird sich zukünftig nicht nur im Straßenbild (Bekleidung, Sakralbauten) zeigen, sondern auch im Übernehmen gesellschaftlicher Verantwortung wie der Trägerschaft von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen.

Werden alle Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften das gleiche Recht und die gleiche Förderung z.B. beim Betrieb eigener Bildungseinrichtungen erhalten, wie staatliche Institutionen oder bereits etablierte (religiöse) Gruppen?

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Dies ist nicht geplant.

Es existieren bereits klar definierte Regeln zur Zulassung von Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft. Wichtig ist dabei, dass der jeweilige Bildungsauftrag erfüllt wird und die Trennung von Staat und Religion gegeben ist.

Das Grundgesetz garantiert in Artikel 7 das Recht zur Errichtung privater Schulen. Die Verfassung des Freistaates Sachsen geht noch einen Schritt weiter. Hier heißt es: „Für die Bildung der Jugend sorgen Schulen in öffentlicher und in freier Trägerschaft.“ Wir GRÜNE nehmen diesen Verfassungsgrundsatz ernst und haben deshalb 2012 mit einem von uns initiierten Normenkontrollverfahren ein wegweisendes Urteil zu Gründung und Finanzierung freier Schulen erkämpft. Selbstverständlich haben dabei alle freien Träger, auch die verschiedenen Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften, die gleichen Rechte und Pflichten. Insbesondere dürfen die Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den Schulen in öffentlicher Trägerschaft zurückstehen. Außerdem darf die Sonderung der Schüler*innen nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert werden. Sind die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt, muss die staatliche Finanzierung die Gründung und den dauerhaften Betrieb der Schule erlauben.

Das Recht zur Errichtung und zum Betrieb privater Schulen ist durch Art. 7 Abs. 4 GG und entsprechende Vorschriften in den Landesverfassungen garantiert.

Ja. Wir werden alle Religionen gleichbehandeln. Gerade Kindergärten und Schulen in Trägerschaft von christlichen Kirchen stellen derzeit in Sachsen eine Bereicherung der Bildungslandschaft dar. Wichtig ist dabei nur, dass sich die Bildungsinhalte am Wertkompass unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung orientieren.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

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Diskriminierungssensibilität gegenüber dem Kopftuch in der Arbeitsvermittlung stärken

Immer wieder berichten kopftuchtragende Frauen, dass einzelne Mitarbeiter*innen der Bundesagentur für Arbeit ihnen raten, ihr Kopftuch in der Bewerbungsphase auszuziehen und es erst nach einem unterschriebenen Arbeitsvertrag wieder zu tragen. Dies wird teilweise damit gerechtfertigt, dass sich so ihre Arbeitsmarktchancen erhöhen würden und Arbeitgeber*innen mitunter gezielt nach Bewerberinnen ohne Kopftuch fragen.

  1. Werden Sie Maßnahmen ergreifen, welche die Mitarbeiter*innen der Bundesagentur für Arbeit über die Rechtslage informieren und sie darauf verpflichten,
  2. ihren Kundinnen keinen Verzicht auf grundgesetzlich gewährte Rechte nahe zu legen und sie darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um Diskriminierung handelt?
  3. Arbeitgeber*innen auf die Rechtswidrigkeit ihres Anliegens hinzuweisen und ihnen gegenüber die Rechtslage deutlich und nachdrücklich zu vertreten?
CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
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Es steht dem Landesgesetzgeber nicht zu, über Bundesbehörden Weisungen zu erteilen oder Vorschriften zu erlassen.

Wir setzen uns für interkulturelle Kompetenz in allen Landesbehörden ein. Die Bundesagentur für Arbeit ist eine Bundesbehörde und damit nicht unmittelbar im Zuständigkeitsbereich des Landes Sachsen. Aber in der Zusammenarbeit sind auch die Themen interkulturelle Kompetenz und Umgang mit Vielfalt und Weiterbildungen dazu regelmäßig Thema.

Im Grundgesetz (GG) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist das Grundrecht auch in Bezug auf das Tragen eines Kopftuches beschrieben, wie z.B. beim Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 GG), die Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG), die Berufsfreiheit (Art. 12 GG Abs. 1) und den Zugang  zu öffentlichen Ämtern unabhängig vom religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis (Art. 33 GG). Mitarbeiter der Agentur, die Frauen raten, das Kopftuch bei Bewerbungsgesprächen abzunehmen, kennen mehrheitlich die Gesetzeslage, aber wissen andererseits um die Ressentiments etlicher Arbeitgeber gegenüber Kopftuch tragenden Frauen. Diesen Zwiespalt vor Augen, greift es zu kurz, den Sündenbock bei der Agentur bzw. ihren Mitarbeitern zu suchen, die oftmals helfen und die Frauen in Arbeit bringen wollen. Wir sind dafür, noch einmal explizit darauf hinzuweisen, den Kundinnen keinen Verzicht auf ihre Rechte nachzulegen. Gleichwohl wird ein Arbeitgeber – solange das politische Klima in Sachsen so ist, wie es noch ist – im Zweifelsfall immer Gründe finden, eine Bewerberin, die hinsichtlich Herkunft und Religion nicht mit seinem Weltbild kompatibel ist, abzulehnen. Deshalb ist es notwendig, langfristig am gesellschaftlichen Klima anzusetzen, eine Willkommenskultur zu etablieren und alles dafür zu tun, Best-Practice-Beispiele bekannt zu machen.

Absolut. Es kann nicht sein, dass eine Umkehr geschieht, indem die Betroffenen der Diskriminierung gemaßregelt werden, nicht aber die Verursacher_innen. Wir treten jeglicher Form von Diskriminierung entschieden entgegen. Personen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung oder ihrer Religionszugehörigkeit auszuschließen verstößt gegen geltendes Recht und ist damit nicht zu tolerieren.

Entsprechende Schulungen und die notwendige Sensibilisierung von Beschäftigten in den Arbeitsagenturen und Jobcentern unterstützen wir.

Ja. Mitarbeiter der Agentur für Arbeit sowie allgemein Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände müssen über Formen der Diskriminierung bei der Personalauswahl – nicht nur bei Kopftuch tragenden Bewerberinnen – und über geeignete Gegenstrategien informiert und sensibilisiert werden. Das Tragen eines Kopftuches für sich alleine darf keine Nachteile mit sich bringen. Bisher sind uns keine konkreten Fälle dazu bekannt. Wir werden uns aber dazu noch einmal schlau machen und im Falle einer Bestätigung entsprechende Maßnahmen ergreifen, damit diese Form der Diskriminierung in Zukunft keinen Platz mehr in unserer Gesellschaft hat.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

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