Diskriminierungssensibilität gegenüber dem Kopftuch in der Arbeitsvermittlung stärken

Immer wieder berichten kopftuchtragende Frauen, dass einzelne Mitarbeiter*innen der Bundesagentur für Arbeit ihnen raten, ihr Kopftuch in der Bewerbungsphase auszuziehen und es erst nach einem unterschriebenen Arbeitsvertrag wieder zu tragen. Dies wird teilweise damit gerechtfertigt, dass sich so ihre Arbeitsmarktchancen erhöhen würden und Arbeitgeber*innen mitunter gezielt nach Bewerberinnen ohne Kopftuch fragen.

  1. Werden Sie Maßnahmen ergreifen, welche die Mitarbeiter*innen der Bundesagentur für Arbeit über die Rechtslage informieren und sie darauf verpflichten,
  2. ihren Kundinnen keinen Verzicht auf grundgesetzlich gewährte Rechte nahe zu legen und sie darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um Diskriminierung handelt?
  3. Arbeitgeber*innen auf die Rechtswidrigkeit ihres Anliegens hinzuweisen und ihnen gegenüber die Rechtslage deutlich und nachdrücklich zu vertreten?

Es steht dem Landesgesetzgeber nicht zu, über Bundesbehörden Weisungen zu erteilen oder Vorschriften zu erlassen.

Wir setzen uns für interkulturelle Kompetenz in allen Landesbehörden ein. Die Bundesagentur für Arbeit ist eine Bundesbehörde und damit nicht unmittelbar im Zuständigkeitsbereich des Landes Sachsen. Aber in der Zusammenarbeit sind auch die Themen interkulturelle Kompetenz und Umgang mit Vielfalt und Weiterbildungen dazu regelmäßig Thema.

Im Grundgesetz (GG) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist das Grundrecht auch in Bezug auf das Tragen eines Kopftuches beschrieben, wie z.B. beim Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 GG), die Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG), die Berufsfreiheit (Art. 12 GG Abs. 1) und den Zugang  zu öffentlichen Ämtern unabhängig vom religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis (Art. 33 GG). Mitarbeiter der Agentur, die Frauen raten, das Kopftuch bei Bewerbungsgesprächen abzunehmen, kennen mehrheitlich die Gesetzeslage, aber wissen andererseits um die Ressentiments etlicher Arbeitgeber gegenüber Kopftuch tragenden Frauen. Diesen Zwiespalt vor Augen, greift es zu kurz, den Sündenbock bei der Agentur bzw. ihren Mitarbeitern zu suchen, die oftmals helfen und die Frauen in Arbeit bringen wollen. Wir sind dafür, noch einmal explizit darauf hinzuweisen, den Kundinnen keinen Verzicht auf ihre Rechte nachzulegen. Gleichwohl wird ein Arbeitgeber – solange das politische Klima in Sachsen so ist, wie es noch ist – im Zweifelsfall immer Gründe finden, eine Bewerberin, die hinsichtlich Herkunft und Religion nicht mit seinem Weltbild kompatibel ist, abzulehnen. Deshalb ist es notwendig, langfristig am gesellschaftlichen Klima anzusetzen, eine Willkommenskultur zu etablieren und alles dafür zu tun, Best-Practice-Beispiele bekannt zu machen.

Absolut. Es kann nicht sein, dass eine Umkehr geschieht, indem die Betroffenen der Diskriminierung gemaßregelt werden, nicht aber die Verursacher_innen. Wir treten jeglicher Form von Diskriminierung entschieden entgegen. Personen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung oder ihrer Religionszugehörigkeit auszuschließen verstößt gegen geltendes Recht und ist damit nicht zu tolerieren.

Entsprechende Schulungen und die notwendige Sensibilisierung von Beschäftigten in den Arbeitsagenturen und Jobcentern unterstützen wir.

Ja. Mitarbeiter der Agentur für Arbeit sowie allgemein Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände müssen über Formen der Diskriminierung bei der Personalauswahl – nicht nur bei Kopftuch tragenden Bewerberinnen – und über geeignete Gegenstrategien informiert und sensibilisiert werden. Das Tragen eines Kopftuches für sich alleine darf keine Nachteile mit sich bringen. Bisher sind uns keine konkreten Fälle dazu bekannt. Wir werden uns aber dazu noch einmal schlau machen und im Falle einer Bestätigung entsprechende Maßnahmen ergreifen, damit diese Form der Diskriminierung in Zukunft keinen Platz mehr in unserer Gesellschaft hat.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

Bewertung

So haben wir bewertet: Die Bewertung erfolgte auf einer fünfstufigen Skala mit Hilfe eine Smileysystems. Für die Gesamtbewertung ist es besonders wichtig, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch tatsächlich geeignet sind, um Diskriminierung entgegenzuwirken, daher ergibt sie sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
Sensibilität für Problemlage
Konkretion der Maßnahme
Effektivität der Maßnahme
Bewertung insgesamt
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