Vorurteile gegenüber osteuropäischen Nachbarn abbauen

Sachsen grenzt an Polen und die Tschechische Republik. Diese räumliche Nähe hat in den Europäischen Regionen Neisse, Elbe / Labe, dem Erzgebirge und Egrensis zu vielen gemeinsamen Projekten geführt. Trotzdem sind vor allem Sachsen und die polnischen Grenzregionen nicht ausreichend miteinander vertraut. In den Jahren 2003-2010 erlebten Pol*innen dort viele Anfeindungen – auch durch politische Akteure. So wurde beispielsweise wenige Tage vor dem Beitritt Polens zum Schengen-Abkommen im Jahr 2007 die Plakatkampagne „Polnische Invasion soll aufhören“ gestartet, parallel dazu wurden die Kontrollen der polnischen Bürger*innen auf deutscher Seite verschärft. Flugblätter mit der Aufforderung zum „Schließen von Fenstern und Türen“ wurden mit dem Hinweis verteilt, dass ab dem 21.12.2007 mit einer Invasion von Dieben aus Polen zu rechnen sei. Auch 12 Jahre nach diesen Ereignissen ist die Haltung der deutschen Gesellschaft und Behörden gegenüber polnischen Migrant*innen von Vorurteilen geprägt.

  1. Wie werden Sie das Potenzial der Nähe der Region Sachsen zu Polen und der Tschechischen Republik nutzen?
  2. Wie werden Sie dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und die Beziehungen zwischen den Menschen in der Grenzregion zu verbessern?
  3. Wie werden Sie EU-Bürger*innen in Sachsen vor gruppenbezogenen menschenfeindlichen Attacken und Kampagnen schützen?

Zu 1.: Der Freistaat Sachsen profitiert heute bereits in nicht unerheblichem Maße von der Nähe der Republik Polen und der Tschechischen Republik. Es ist unser Ziel, diese Beziehungen auf staatlicher und gesellschaftlicher Ebene weiter auszubauen und zu vertiefen.

Zu 2.: Nicht erst seit dem Beitritt der Länder zur Europäischen Union ist feststellbar, dass sich die Beziehungen auf menschlicher und gesellschaftlicher mit den Nachbarländern verbessert haben. Wir werden Ansätze zur Vertiefung der Beziehungen weiter stärken, so u.a. durch Förderung des Schüleraustausches oder der Zusammenarbeit vor Ort im Rahmen der Landesvertretungen.

Zu 3.: Die Bekämpfung von Rassismus, Extremismus und Fremdenfeindlichkeit werden wir fortführen. Dazu gehört für uns ein umfassender Ansatz aus Beobachtung, Repression und Prävention.

Wir wollen die Europapolitik des Freistaates Sachsen weiter stärken und dabei insbesondere die Kooperation mit unseren Nachbarländern Tschechien und Polen vertiefen. Die Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinweg pflegen wir intensiv durch zivilgesellschaftliche Bündnisse, kommunale Partnerschaften, Unternehmenskooperationen vor allem im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen und parlamentarische Kooperationen. Wir werden weiterhin die internationale Jugendarbeit unterstützen. Mit länderübergreifenden Einrichtungen und binationalen Bildungsgängen werden wir besonders in der Lausitz und im Erzgebirge das Zusammenwachsen der Regionen voranbringen. Die Weiterführung grenzüberschreitender Streifen soll die Sicherheit an den Grenzen stärken. Die Förderung der europapolitischen Bildungsarbeit und des Europagedankens an sächsischen Schulen und Volkshochschulen wollen wir unterstützen und dafür dauerhaft Mittel bereitstellen. Organisationen der politischen Bildung wie der Sächsischen Landeszentrale oder den Europe Direct Informationszentren soll dabei eine wichtige Rolle zukommen. In der Lausitz nutzen wir die Nähe zu Tschechien und Polen zur gemeinsamen Entwicklung einer europäischen Innovationsregion.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen die vertrauensvolle, grenzübergreifende Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien verstärken sowie das Wissen über unsere direkten Nachbar*innen gegenseitig vertiefen und die gemeinsame Kulturgeschichte kennen und verstehen lernen. Gemeinsame Bildungsangebote und nachbarsprachlichen Unterricht für Kinder, Jugendliche und Erwachsene aller drei Nachbarländer sehen wir als Basis für den Abbau von Vorurteilen. Wir möchten die Zusammenarbeit im Bereich Kinderbetreuung, Austausch der Lehrer*innen und Erzieher*innen, Ausweitung des Unterrichts in der Nachbarsprache, Verankerung grenzüberschreitender Fragen in die Lehrpläne, Studierenden- und Schüler*innenaustausche sowie Begegnungsprojekte über nationale Grenzen hinweg zu einem selbstverständlichen Bestandteil der Bildungsbiografie aller EU-Bürger*innen machen. EU-Fördermittel möchten wir besonders für Projekte der Zusammenarbeit von Vereinen, Hochschulen, der Berufsausbildung und der Förderung eines grenzübergreifenden Arbeitsmarktes einsetzen. Zudem wollen wir Städtepartnerschaften ausbauen, um grenzübergreifend gemeinsam Probleme und Zukunftsaufgaben zu lösen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für Weltoffenheit und ein friedliches Miteinander ein. Hass und Gewalt stellen wir uns entschie­den entgegen. Mit dieser Haltung wollen wir auch andere ermutigen. Wir setzen auf Radikalisierungsprävention und eine deutliche Haltung aller Personen mit staatlicher oder kommunaler Verantwortung gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit.

Die Linksfraktion unterstützt viele Formen grenzüberschreitender Zusammenarbeit. So wurde Ende 2016 eine Transboundary Parliamentary Networking Conference in Zittau durchgeführt. Es waren parteipolitische Akteur*innen aus den Grenzregionen Niederschlesien, Nordböhmen sowie Sachsen geladen, um sich zu grenzüberschreitenden Problemfeldern auszutauschen. Somit war dies die erste Vernetzungskonferenz, bei der sich die Parteien Razem, Zieloni, Zmena, KSCM und DIE LINKE zu den grenzrelevanten Schwerpunktthemen Umwelt- und Verkehrspolitik sowie Sicherheits- und Gleichstellungspolitik verständigten. Die im Rahmen grenzüberschreitender Begegnungen entstehenden Netzwerke gilt es auszubauen. Die Linksfraktion wendet sich gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung aller Migrant*innen, z. B. mit Anträgen wie „Rassismus ist eine Schande! Angriffe gegen Geflüchtete, Migrantinnen und Migranten und Muslime unterbinden, rechter Hetze entgegentreten, Gewalt nicht länger verharmlosen“ (Drs 6/2676). Diskriminierende und rassistische Akte gegen Menschen aus Polen und Tschechien, die sich in Sachsen besuchsweise aufhalten oder hier leben, erscheinen weniger als gruppenbezogene menschenfeindliche Attacken und Kampagnen, gegen die, wenn sie auftreten, DIE LINKE konsequent Stellung nimmt und einschreitet, sondern sind häufig eher subtiler Natur und äußern sich z.B. im respektlosen oder abwertenden Umgang im Alltag, sei es beim Einkaufen, beim Arzt oder in der Straßenbahn. DIE LINKE wendet sich gegen die hinter diesen Verhaltensweisen liegenden nationalistischen und rassistischen Einstellungen. Auch fordert DIE LINKE Maßnehmen gegen „racial profiling“ durch die Polizei, z. B. indem Ausbildungsinhalte interkultureller Kompetenz bei der Polizei (Drs 6/9002) verstetigt und verbessert werden.

Mit den Grenzen zu Polen und der Tschechischen Republik liegt Sachsen im Herzen Europas. Diese privilegierte Lage wollen wir in allen Bereichen, d.h. von der Bildungspolitik über den Ausbau der Infrastruktur bis hin zur Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit nutzen. Diskriminierungen und Vorurteile wollen wir konsequent abbauen und insbesondere auch den interkulturellen Austausch fördern. Die besten Rezepte gegen gruppenbezogene menschenfeindliche Attacken bzw. Kampagnen sind eine allgemeine Kultur des gegenseitigen Respekts sowie eine Zivilgesellschaft mit Courage.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

Bewertung

So haben wir bewertet: Die Bewertung erfolgte auf einer fünfstufigen Skala mit Hilfe eine Smileysystems. Für die Gesamtbewertung ist es besonders wichtig, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch tatsächlich geeignet sind, um Diskriminierung entgegenzuwirken, daher ergibt sie sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
Sensibilität für Problemlage
Konkretion der Maßnahme
Effektivität der Maßnahme
Bewertung insgesamt
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