Schutz vor Gewalt für alle Frauen*

Der Europarat hat 2011 mit dem „Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ (Istanbul-Konvention) ein verbindliches völkerrechtliches Regelwerk geschaffen. Deutschland hat die Konvention allerdings nur unter Vorbehalt gegenüber Artikel 59 ratifiziert, der die Aufenthaltsregelungen betrifft – und somit ausschließlich migrierte Frauen*. Insbesondere durch die geltenden Gesetze zur Ehebestandszeit, Wohnsitzregelung und Residenzpflicht sind die Handlungsoptionen von Frauen* mit ungesicherten Aufenthaltstitel bei Gewalt deutlich beschränkt.

  1. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Vorbehalte gegen Artikel 59 der Konvention zurückgenommen werden?
  2. Mit welchen Maßnahmen werden Sie gewaltbetroffenen Frauen* in Sachsen unabhängig von Aufenthaltsstatus und Wohnsitzreglung Schutz bieten?

Zu 1.: Es handelt sich um eine Bundesangelegenheit.

Zu 2.: Durch die Finanzierung der Frauenschutzhäuser wird die Grundlage dafür geschaffen, entsprechenden Schutz zu bieten.

Zu 1.: Ja.
Zu 2.: Wir müssen staatliche Schutzeinrichtungen auf- und ausbauen, um Frauen und Mädchen vor nicht selten lang andauernden und sich wiederholenden Gewalterfahrungen zu bewahren. Die Lücken im Hilfenetz müssen dringend geschlossen werden. Wir setzen uns dafür ein, dass in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt eine Schutzeinrichtung für Frauen und Kinder eingerichtet wird. Die vorhandenen Einrichtungen müssen konsequent barrierefrei ausgebaut und finanziell besser ausgestattet werden. Auch der Personalschlüssel ist deutlich abzusenken (von 8:1 auf 4:1). Zudem braucht es flächendeckende Beratungsstrukturen in Form der Interventions- und Koordinierungsstellen. In jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt ist eine Interventions- und Koordinierungsstelle mit zwei Vollzeitstellen vorzuhalten, die neben der Beratungs- und Netzwerkarbeit auch die Schulungen der Polizei zum Thema „Häusliche Gewalt“ leistet. Auch die Beratungsangebote für Opfer sexualisierter Gewalt müssen dringend ausgebaut werden. Die anonymisierte Spurensicherung wird überall eingeführt und das medizinische Personal für diese Fälle entsprechend geschult.

Für uns GRÜNE steht außer Frage, dass dieser Vorbehalt zurückzuziehen ist. Geflüchtete und migrantische Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind oder als Zeugin in Strafverfahren aussagen, haben ein sofortiges eigenständiges Aufenthaltsrecht zu bekommen. Zum Schutz der Frauen, unabhängig von Aufenthaltsstatus und Wohnsitzregelungen ist die Anzahl an Frauenhäusern flächendeckend in Sachsen zu erhöhen; Beratungsangebote müssen geschaffen werden und verlässliche, belastbare, auskömmliche Finanzstrukturen für alle Hilfsangebote bereitgestellt werden.

Ja, diese Einschränkung lehnen wir ab. Bei der Hilfe für Betroffene sexualisierter Gewalt muss der Schutz der Betroffenen im Vordergrund stehen, Fragen des Aufenthaltsstatus sind zweitrangig. Daher stehen wir dafür ein, dass sämtliche Strukturen allen Betroffenen Frauen offen stehen.

Zur Aufhebung des Vorbehaltes gegen Artikel 59 haben wir bisher keine Beschlusslage. Artikel 59 I der Konvention verpflichtet die Staaten, zu gewährleisten, dass von geschlechtsspezifischer Gewalt Betroffene im Fall der Auflösung von Ehe oder Partnerschaft einen eigenständigen Aufenthaltstitel erhalten. Diese Verpflichtung ist im deutschen Recht
weitestgehend durch § 31 II AufenthG umgesetzt, der ein solches Recht zur Vermeidung einer besonderen Härte normiert. Wir sehen allerdings die Probleme in den Fällen, in denen der Titel grundsätzlich zeitlich begrenzt ist oder der gewalttätige Partner wegen anderer Delikte als häuslicher Gewalt ausgewiesen werden soll. Bezüglich der weiteren Maßnahmen verweisen wir auf die vorigen Antworten zu dem Thema. Wir werden alles dafür tun, jeden Menschen, unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Herkunft, effektiv vor Gewalt zu schützen.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

Bewertung

So haben wir bewertet: Die Bewertung erfolgte auf einer fünfstufigen Skala mit Hilfe eine Smileysystems. Für die Gesamtbewertung ist es besonders wichtig, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch tatsächlich geeignet sind, um Diskriminierung entgegenzuwirken, daher ergibt sie sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
Sensibilität für Problemlage
Konkretion der Maßnahme
Effektivität der Maßnahme
Bewertung insgesamt
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