Dezentralisierte Unterbringung geflüchteter Menschen

Das novellierte Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes sieht vor, dass Menschen im Asylverfahren mit einer unterstellten „schlechten Bleibeperspektive“ bis zu 24 Monate zur Wohnsitznahme in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes verpflichtet werden können. Integrationspolitische Ziele werden dabei konterkariert: Denn ein hoher Anteil derer, für welche die verlängerte Wohnsitznahme gelten wird, wird auf lange Sicht dennoch in Sachsen beziehungsweise Deutschland leben. Für die Zeit des Aufenthalts in der Erstaufnahmeeinrichtung wird die wirtschaftliche, soziale und sprachliche Integration sowie die gesellschaftliche Partizipation erschwert, wenn nicht sogar verhindert. Durch die äußerst beengte Wohnsituation und zusätzliche psychisch negativ wirksame Faktoren wie die ständige Überwachung durch Sicherheitspersonal besteht die Gefahr, dass sich bei der Ankunft bestehende Krankheiten chronifizieren, woraus sich teilweise auch neue Krankheitsbilder ergeben.

  1. Werden Sie die Novellierung des Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes aus dem Dezember 2018 revidieren?
  2. Mit welchen Maßnahmen werden Sie geflüchtete Menschen bereits im Asylverfahren in den Landkreisen und kreisfreien Städten dezentral unterbringen?
  3. Sehen Sie die Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung und Integration geflüchteter Menschen durch das Land als ausreichend an? Wenn nein, wie werden Sie die Kommunen hierbei stärker unterstützen?
  4. Welche Maßnahmen werden Sie umsetzen, um alle besonders Schutzbedürftigen, wie nach EU- Aufnahmerichtlinie definiert, bei ihrer Ankunft zu identifizieren? Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Unterbringungsbehörden besonders Schutzbedürftigen entsprechend ihrer Bedarfe Wohnungen zur Verfügung stellen?

Eine Revidierung des Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes ist nicht vorgesehen und die bisherigen Regelungen der Unterbringung sollen fortgeführt werden. Ferner werden bisherigen Maßnahmen der Unterstützung als ausreichend erachtet.

Wenn sich die Chance zu einer Verbesserung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes durch progressive Mehrheiten nach der Wahl bietet, werden wir diese Chance wahrnehmen. Das Ziel ist dezentrale Unterbringung. Das können wir in dem geplanten Integrations- und Teilhabegesetz festhalten. Gerade außerhalb der drei großen Städte sollte das ein geringes Problem sein. Wir wollen vor allem ein Integrations- und Teilhabegesetz auf den Weg bringen, welches die guten bestehenden Maßnahmen wie Landessprachprogramm und der Geflüchtetensozialarbeit verstetigt, klare Erwartungen an eine gelingende Integration festschreibt und eine deutliche Aufgabenverteilung zwischen dem Freistaat und seinen Kommunen regelt.

Wir GRÜNE streben eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Sachsen an und sprechen uns gegen die lange Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen und großen Gemeinschaftsunterkünften aus. Das gilt insbesondere für besonders schutzbedürftige Menschen. Im Landtag hat die Fraktion gegen die Novellierung des „Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes“ gestimmt, da wir die Unterbringung für 24 Monate für menschenunwürdig und nicht mit Menschenrechten vereinbar ist. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist die Aufnahme von Geflüchteten eine solidarische Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, und die Kommunen müssen dafür ausreichend finanzielle Unterstützung durch Land und Bund bekommen. Kommunen die sich dafür entscheiden, mehr Geflüchtete aufzunehmen, müssen entsprechend ausgestattet werden.

Wir werden dem Flüchtlingsaufnahmegesetz weiter die im LINKEN „Gesetz über die Neuordnung der Flüchtlingsaufnahme“ (Drucksache 6/4865) enthaltenen Forderungen entgegenhalten – etwa Mindeststandards für eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung. Auch nach der Novellierung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes 2018 werden der Garantien der EU-Aufnahmerichtlinie ignoriert. Die Novelle zielt auf drei Ebenen: die gemeindescharfe Wohnsitzauflage, die Neuregelung der Asylpauschale und die Verlängerung der Wohnsitzverpflichtung in den Erstaufnahmeeinrichtungen für bestimmte Geflüchtete. Z. B. bedeutet insbesondere der dritte Punkt erhebliche Einschnitte für die Betroffenen. Sachsen macht von der Ermächtigung in § 47 Abs. 1 b Asylgesetz Gebrauch und sperrt auch Menschen mit einer „niedrigen Bleibeperspektive“ für bis zu 24 Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen. DIE LINKE fordert ein kommunal realisierbares und durchfinanziertes Unterbringungskonzept, das eine vorrangige Unterbringung in Wohnungen bei dezentraler Verteilung vorsieht. Dazu gehört ein kommunales „Umzugsmanagement“. In Gemeinschaftsunterkünften ist die Verweildauer auf drei Monate zu garantieren, bei Familien mit Kindern und besonders schutzbedürftigen Menschen auf sechs Wochen. Die bisherige Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung und Integration geflüchteter Menschen durch den Freistaat reicht nicht aus. Die Landespauschale muss bedarfsgerecht gestaltet werden. Neben einer angemessenen Unterkunft müssen wir eine grundlegende medizinische Versorgung der Asylsuchenden sicherstellen. DIE LINKE fordert zudem die Festschreibung von Standards für Clearingverfahren entsprechend Artikel 22 der EU-Aufnahmerichtlinie für die EAE.

Eine dezentrale Unterbringung ist immer vorzuziehen und Integrationsmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Bildung und Weiterbildung haben auch bei schlechter Bleibeperspektive ihre Berechtigung. Diese Ziele wollen wir auch umsetzen. Die dezentrale Unterbringung wollen wir in Zusammenarbeit mit den Kommunen gewährleisten. Die Kommunen sind dabei selbstverständlich ausreichend zu unterstützen. Alle beteiligten Akteure sind natürlich entsprechend zu sensibilisieren, um besonders Schutzbedürftige bereits bei ihrer Ankunft zu identifizieren. Die besondere Schutzbedürftigkeit muss sich dabei auch in der konkreten Form der Unterstützung niederschlagen.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

Bewertung

So haben wir bewertet: Die Bewertung erfolgte auf einer fünfstufigen Skala mit Hilfe eine Smileysystems. Für die Gesamtbewertung ist es besonders wichtig, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch tatsächlich geeignet sind, um Diskriminierung entgegenzuwirken, daher ergibt sie sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
Sensibilität für Problemlage
Konkretion der Maßnahme
Effektivität der Maßnahme
Bewertung insgesamt
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