Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen

Die UN Behindertenkonvention fordert in Artikel 27 einen „offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt“, der das Recht auf die freie Wahl des Arbeitsumfeldes einschließt. Tatsächlich ist der Arbeitsmarkt jedoch stark segregiert. Die Sozial- und Altersversicherung ist gegenwärtig an die Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) gebunden. Im Falle gesetzlich geschaffener Alternativen wie dem Persönlichen Budget zahlen Kostenträger keine Sozialversicherungsbeiträge. Das hindert Menschen an der freien Wahl des Arbeitsumfeldes und bindet sie an die WfbM. Wie werden Sie sicherstellen, dass

  1. Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen an allgemein zugänglichen Arbeitsplätzen geschaffen werden?
  2. Menschen mit Behinderungen keine Minderung ihrer Sozial- und Altersversicherung erfahren?
  3. Zeitpläne für die Abschaffung der Behindertenwerkstätten konzipiert und Anreize für die Beschäftigung bei öffentlichen und privaten Arbeitgebern im allgemeinen Arbeitsmarkt geschaffen werden?

Zu 1. Die Sächsische Staatsregierung hat 2016 den Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK verabschiedet. Dieser sieht auch Maßnahmen im Bereich Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen vor. Diese Maßnahmen werden wir weiter umsetzen und fortentwickeln.

Zu 2. Das Anliegen werden wir prüfen.

Zu 3. Eine Abschaffung von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen ist nicht vorgesehen, sie werden eher als notwendig erachtet.

Auf Bundesebene ist eine deutliche Erhöhung der Ausgleichsabgabe zu diskutieren, wenn auch weiterhin Menschen mit Behinderungen – trotz deutlich verbesserter Arbeitsmarktzahlen – nicht von diesem Aufschwung profitieren und Arbeitgeber lieber die Abgabe zahlen statt Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Die Maßnahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention gilt es konsequenter als bisher umzusetzen. In Fragen der Sozial- und Altersversicherung können wir uns nur im Sinne des Anliegens an die Bundesebene wenden. Die entsprechenden Gesetze müssen aber dort geändert werden. Eine gänzliche Abschaffung der Werkstätten ist für uns im Moment kein Ziel. Werkstätten bieten für manche Menschen mit Behinderung derzeit immerhin noch die zweitbeste Alternative zur Beschäftigung.

Menschen mit Behinderung profitieren unterdurchschnittlich vom konjunkturellen Aufschwung und vom Fachkräftemangel. Die Förderung von Zuverdienstfirmen und Integrationsfirmen wurde jahrelang zurückgefahren, obwohl diese gerade Menschen mit Psychiatrieerfahrung mit angepassten Arbeitszeiten und Arbeitsanforderungen, Rücksichtnahme auf Leistungsschwankungen und Krankheitsausfällen eine individuell angemessene Arbeit auf dem allgemeinen Markt bietet. Die Werkstätten für Menschen mit Behinderung sind immer noch der Regelbeschäftigungsort nach Verlassen der Förderschule. Entgegen dem gesetzlichen Auftrag ist der Übergang aus einem Beschäftigungsverhältnis in einer Werkstatt in ein Arbeitsverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eher die Seltenheit. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag setzen sich ein für: die Verbesserung des Übergangs von der Förderschule ins Berufsleben, die Anpassung der Curricula im Berufsbildungsbereich der Werkstätten an Regelberufsabschlüsse, den Ausbau des bewährten Systems der Integrationsfirmen und Zuverdienstfirmen, den Ausbau von Anreizsystemen, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber motivieren sollen, verstärkt Menschen mit Behinderungen einzustellen, die Verankerung eines Vielfalts­managements (Diversity-Management) in Unternehmen und Maßnahmen zur Förderung von Vielfaltsmanagement in Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU).

DIE LINKE Sachsen setzt sich dafür ein, Menschen mit Behinderungen auch durch Arbeit ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dazu wollen wir Landesausbildungs- und -beschäftigungsprogramme gemeinsam mit der Agentur für Arbeit, den Jobcentern, den kommunalen Integrationsämtern und der Rentenversicherung zu einem integrierten Sonderprogramm weiterentwickeln. Betriebe sollen bei der Schaffung barrierefreier Arbeitsplätze und der Beantragung von Förderung zur Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen besser unterstützt werden. Gleichzeitig setzen wir uns für eine Gesetzesreform zur Vereinfachung der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt und für eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe nach SGB IX ein. Der Mindestlohn muss in WfbM auch für Werkstattbeschäftigte gelten. Die Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag ist zu diesem Thema in der 6. Wahlperiode parlamentarisch mehrfach aktiv geworden. Es gab u. a. einen Antrag in Drs 6/1690 „Abbau der Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung und von Behinderung bedrohter Menschen im Freistaat Sachsen“ und eine Große Anfrage in Drs 6/7006 „Arbeit von Menschen mit Behinderungen“. Der Gesetzentwurf in Drs 6/13144 „Gesetz zur Gleichstellung, Inklusion und selbstbestimmten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Inklusionsgesetz -SächsInklusG)“ enthält in den §§ 21 und 22 dementsprechende Festlegungen, wie einen Sächsischen Landesförderplan für Arbeit und Beschäftigung. Unstrittig sind WfbM in ihrer jetzigen Ausgestaltung exkludierende Sondereinrichtungen. Eine Reduzierung von WfbM muss aber unbedingt mit der Schaffung passender Arbeitsmöglichkeiten außerhalb der Werkstätten einhergehen, sodass Zeitpläne zu deren Abbau derzeit nicht bestehen.

Die Herausforderung beginnt bereits in der Schule. Das gemeinsame Lernen von Menschen, mit und ohne Behinderung, ist eine wichtige Vorbereitung auf das Arbeitsleben. Der Übergang von Schule und Beruf funktioniert nur unzureichend. Auf die Förderschulzeit folgen häufig weitere Maßnahmen zur Qualifizierung. Für einen besseren Zugang müssen weiterhin Arbeitsassistenzen sowie die barrierefreie Ausstattung einzelner Arbeitsstätten stärker unterstützt werden. Die über den Kommunalen Sozialverband Sachsen gewährten Unterstützungen werden wir überprüfen und gegebenenfalls ausbauen. Unser Ziel ist es, möglichst viele Menschen mit Behinderungen in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren. Dennoch leisten Behindertenwerkstätte oft einen guten Beitrag. Wir wollen sie daher nicht abschaffen.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

Bewertung

So haben wir bewertet: Die Bewertung erfolgte auf einer fünfstufigen Skala mit Hilfe eine Smileysystems. Für die Gesamtbewertung ist es besonders wichtig, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch tatsächlich geeignet sind, um Diskriminierung entgegenzuwirken, daher ergibt sie sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

CDU SPD GRÜNE DIE LINKE FDP AfD
Sensibilität für Problemlage
Konkretion der Maßnahme
Effektivität der Maßnahme
Bewertung insgesamt
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