Bundestag 2021

Prävention und Aufarbeitung rechtsterroristischer und antisemitischer Gewalttaten

Die Aufdeckung der NSU-Mordserie war insbesondere für die türkeistämmige Bevölkerung ein Schock und die Lücken in der Aufklärung der Morde und bzgl. der Verwicklungen der einzelnen Verfassungsschutz-Behörden machen das Vertrauen in die deutschen Sicherheitsbehörden äußerst fragil.

  1. Was werden Sie konkret tun, um die rechtsterroristischen und antisemitischen Taten der vergangenen Jahre (NSU, NSU 2.0, Halle, Hanau) lückenlos aufzuklären, in Zukunft zu verhindern und wie garantieren Sie die vollständige und nachhaltige Umsetzung der Empfehlungen der NSU-Untersuchungsunterschüsse?
Rechtsextremismus und -terrorismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Es geht uns darum, Anzeichen dafür frühzeitig zu erkennen und diese entschieden zu bekämpfen. Nach der Entdeckung der Mordserie des NSU ist ein umfassender Reformprozess erfolgt, der u. a. die operative Ausrichtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz wesentlich verbessert hat. Jede Form einer Schwächung des Verfassungsschutzes lehnen wir daher ab. Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung für unsere offene Gesellschaft und die Sicherheit in Deutschland. Ihn zu bekämpfen, ist eine Daueraufgabe. Wir müssen alles dafür tun, damit sich solche furchtbaren Taten wie die des NSU und die Fehler bei der Aufklärung nicht wiederholen. Die Befugnisse von Polizei und Sicherheitsbehörden müssen auch im digitalen Raum so effektiv sein, wie sie es im analogen sind. Wir brauchen daher die sogenannte Vorratsdatenspeicherung auch im Kampf gegen Rechtsextremisten und -terroristen. Dort ist sie oftmals das entscheidende Mittel, um Anschläge verhindern zu können. CDU und CSU setzen sich auch dafür ein, Spezialeinheiten der Polizei für „Cold Cases“ zu schaffen, um ungeklärte schwere Straftaten mit möglicherweise rechtsextremistischem Hintergrund auf neue Ermittlungsansätze zu überprüfen. Weiterhin sollen dem Deutschen Bundestag künftig regelmäßig Extremismus-Berichte der Bundesregierung vorgelegt werden.
Den Großteil der in die Zuständigkeit des Bundes fallenden Empfehlungen der NSU-Untersuchungsausschüsse haben wir bereits umgesetzt. Der umfassende Reformprozess bei Polizei, Verfassungsschutz und Justiz im Bund muss weiter konsequent fortgesetzt werden. Sehr bedauerlich ist jedoch, dass die Empfehlung zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Verstetigung der Förderung zivilgesellschaftlicher Initiativen und Projekte im Bereich der Demokratieförderung und Extremismusbekämpfung noch nicht verwirklicht werden konnte. Wir haben uns in dieser Legislaturperiode sehr für ein Demokratiefördergesetz – ohne Extremismusklausel – eingesetzt und werden dies auch in der nächsten Legislaturperiode tun. Mit dem neuen Waffenrecht haben wir mit der Entwaffnung von Extremisten und Demokratiefeinden begonnen. Das werden wir konsequent fortführen. Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden oder auch bei der Bundeswehr bekämpfen wir konsequent.
Die Bekämpfung rechtsextremistischer Strukturen – auch innerhalb der Sicherheitsbehörden – muss endlich Priorität für alle Sicherheitsorgane haben. Rechte Gewalt und Hass wollen wir GRÜNE mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen. Der Verfassungsschutz hat jahrelang überzeugte Rechtsextreme als V-Leute staatlich finanziert. Damit wurde die Szene mehr gefördert als geschwächt. Wir fordern deshalb einen strukturellen Neustart beim Verfassungsschutz. Auch wollen wir die parlamentarische Kontrolle von Polizei und Geheimdiensten endlich verstärken. Die Analysefähigkeit der Sicherheitsbehörden im Bereich Rechtsextremismus muss dringend erhöht werden. Dafür brauchen wir auch unabhängige wissenschaftliche Studien über verfassungsfeindliche Tendenzen in Sicherheitsbehörden. Wir stehen für eine konsequente Umsetzung der Empfehlungen der NSU-Untersuchungsausschüsse und verfolgen das Thema mit Vehemenz auf allen Ebenen und in allen politischen Gremien weiter. Hier muss die Politik endlich liefern.
Wir werden die parlamentarische Aufklärung zum Rechtsterror im Bundestag vorantreiben, Druck machen für die Freigabe der Akten der Geheimdienste u.a. zum Oktoberfest-Attentat und zum NSU-Komplex und unabhängige Recherche weiterhin nach Kräften unterstützen. So wie in der Vergangenheit werden wir diese Anschläge immer wieder zum Thema parlamentarischer Anfragen und der Beratungen im Innenausschuss des Bundestages machen, um so den öffentlichen Druck auf die Ermittlungsbehörden aufrecht zu erhalten. DIE LINKE hat im Bundestag ein Große Anfrage zur Umsetzung der Beschlüsse der NSU-Untersuchungsausschüsse gestellt und wir werden in der nächsten Wahlperiode eine Evaluation aller Maßnahmen, die sich aus den Empfehlungen der PUAs ergeben haben, fordern. Verbesserung der Analyse der Strukturen der Naziszene durch unabhängige Beobachtung, die konsequente strafrechtliche Verfolgung von straffälligen Nazis und die Entwaffnung der Szene sind für uns zentrale Punkte bei der Verhinderung weiterer Taten. Wir fordern, dass eine Enquetekommission eingesetzt wird, die den Bundestag zu der Umsetzung der Forderungen aus dem NSU-Ausschuss sowie dem UN-Antirassismus-Ausschuss (ICERD) berät.
Wir Freie Demokraten erkennen die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus als besondere Herausforderung an. Eine konsequente parlamentarische Aufarbeitung der rechtsterroristischen Anschläge in Kassel, Halle und Hanau, des NSU-Komplexes sowie weiterer rechtsextremistischen Vorfälle ist uns ein wichtiges Anliegen. Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der NSU-Untersuchungsausschüsse, an denen die Freien Demokraten beteiligt waren, und die interfraktionell beschlossen wurden, werden wir, wie auch in der zurückliegenden Wahlperiode (vgl. BT-Drs 19/13659), mit parlamentarischen Anfragen und Initiativen und im dafür zuständigen Innenausschuss des Bundestages voranbringen. Für uns als Freie Demokraten ist klar: Rechtsextreme Vereinigungen müssen konsequent verboten werden. Die Beobachtung rechtsextremer Gefährderinnen und Gefährder muss zügig intensiviert werden. Die Sicherheitsbehörden müssen sich besser um den Schutz besonders gefährdeter Gruppen und ihrer Einrichtungen kümmern und auf deren Sicherheitsbedenken eingehen. Für Menschen mit gefährlichen rechtsextremen Einstellungen ist im öffentlichen Dienst kein Platz.
Bisher hat uns noch keine Antwort der Partei erreicht.