Zwangsbehandlungen von Menschen mit Behinderung verhindern

Die Zwangsbehandlung von Menschen mit Behinderungen in Pflege- und Eingliederungshilfeeinrichtungen sowie in psychiatrischen und forensischen Institutionen wird sehr kritisch gesehen. Auch der UN-Fachausschuss bemängelte bei der letzten Staatenprüfung die Lage in Deutschland.

Werden Sie in der kommenden Legislaturperiode Gesetze wie das Sächsische Psychisch-Kranken-Gesetz gemäß den Forderungen des UN-Fachausschusses dahingehend überarbeiten, dass beispielsweise Zwangsbehandlungen und der Freiheitsentzug von Menschen mit Behinderung verboten werden?

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Das Sächsische Gesetz zur Reform der Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Erkrankungen ist aktuell novelliert worden. Dieses berücksichtigt die entsprechenden des Bundesverfassungsgerichts und zeigt die Umsetzung von Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention auf. Eine Überarbeitung erscheint vor diesem Hintergrund nicht notwendig.

Wir werden auch zukünftig hinwirken, dass Richter, Betreuer wie auch Fachkräfte im medizinisch-therapeutischen Bereich hinsichtlich der besonderen Herausforderungen konfrontiert entsprechend über die Vorgaben der UN-BRK (sei es durch Weiterbildungen oder Schulungen) informiert werden.

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Im Juni dieses Jahres hat der Sächsische Landtag das novellierte Sächsische Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz beschlossen. Damit wurde der Stellenwert der ambulanten Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen gestärkt, eine frühzeitige und koordinierte Intervention sowie die sektorenübergreifende und personenzentrierte Versorgung definiert. Das Gesetz berücksichtigt Änderungen aus dem Bundesteilhabegesetz (BTHG), insbesondere im Hinblick auf Patientenrechte, Beschwerdemanagement und Angehörigeneinbindung. So wird zum Beispiel eine Beratungspflicht zur Möglichkeit einer Behandlungsvereinbarung eingeführt oder die Rechtsgrundlage für unabhängige Beschwerdestellen geschaffen.

Ziel des Gesetzes ist es, die Zahl stationärer psychiatrischer Behandlungen und gegebenenfalls notwendig werdender Zwangsmaßnahmen zu vermindern. Denn klar ist, dass ärztliche Zwangsmaßnahmen sowie freiheitsentziehende Maßnahmen nur in Ausnahmefällen zulässig sind und nur bei Selbst- oder Fremdgefährdung. Zur Umsetzung des Gewaltschutzgrundsatzes in der UNBehindertenrechtskonvention werden in der Psychiatrieberichterstattung auch Daten zu Unterbringung und Zwangsmaßnahmen erhoben, um mögliche Vorfälle zu dokumentieren und Transparenz zu schaffen. Wir sprechen uns dafür aus, die Wirkung des Gesetzes zu evaluieren und es bei Bedarf anzupassen.

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Mit Bündnisgrüner Regierungsbeteiligung wurde das Sächsische Psychisch-Kranken-Gesetzes in dieser Legislatur überarbeitet. Es wurden Gewaltschutzkonzepte gemäß der UN-BRK verankert und die Hürden für freiheitsbeschränkende oder freiheitsentziehenden Maßnahmen weiter verschärft. Wir sind der Auffassung, dass Zwangsbehandlungen und freiheitsbeschränkende oder freiheitsentziehende Maßnahmen ausschließlich als letztes Mittel in Betracht kommen, wenn mildere oder alternative Maßnahmen gescheitert sind oder nicht ausreichen, um Selbst- und/oder Fremdgefährdung zu verhindern. Es muss stets im Sinne der betroffenen Person gehandelt werden.Die Freiheits- und Schutzrechte von Menschen mit Behinderungen nach der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), müssen garantiert werden. Das Vorliegen einer Behinderung rechtfertig in keinem Fall eine Freiheitsentziehung.

Wir BÜNDNISGRÜNE machen uns weiterhin dafür stark, dass bei der Unterbringung oder Versorgung von psychischer Krankheit Konzepte Betroffener umgesetzt werden, die freiheitsentziehende oder freiheitsbeschränkende Maßnahmen vermeiden und die Selbstbestimmung der Betroffenen fördern. Wir wollen, dass alternative Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die die Freiheits- und Schutzrechte von Menschen mit Behinderungen gewährleisten. Ein Beispiel hierfür sind abgesenkte Betten oder Lichtschranken, die das Verlassen des Bettes anzeigen, anstelle von „Bettgittern“. Hierfür wollen wir mehr Sensibilisierung und verpflichtende Schulungen für Pflegepersonal. Wir uns setzen für wohnortnahe, ambulante psychosozialen Angebote und Krisenhilfen ein, besonders für Menschen mit komplexen Problemlagen. Ein effektiver Rechtsschutz für Betroffene muss sichergestellt werden. Transparenz- und Informationspflichten sowie Kontrollverfahren für freiheitsbeschränkende und freiheitsentziehende Maßnahmen müssen gesetzlich verankert werden. Ebenso wie Beschwerdeverfahren und unabhängige Beschwerdestellen, an die sich Betroffene wenden können.

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Wir setzen uns für die Verbesserung des Gewaltschutzes und ein deutlich effektiveres Monitoring im Bereich Pflege und Psychiatrie ein. Freiheitsbeschränkende Maßnahmen dürfen nur in absoluten Ausnahmefällen und bei Versagen aller präventiven und deeskalierenden Strategien zu Einsatz kommen, wenn beispielsweise das Leben der Betroffenen oder anderer Menschen gefährdet ist. Die neuen gesetzlichen Grundlagen im Wohnteilhabegesetz oder im Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz wollen wir zeitnah und regelmäßig evaluieren und dann gezielt nachbessern. Auch bei der Erstellung des Dritten Landespsychiatrieplans sollen der Gewaltschutz und präventive Maßnahmen eine wichtige Rolle spielen. Dazu zählt auch eine ausreichende personelle Ausstattung, denn Überlastungen tragen zu deutlich mehr Zwangsmaßnahmen bei. Zusätzlich wollen wir unabhängige Beschwerdestellen für Betroffene einrichten.

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Das SächsPsychKHG wurde aktuell novelliert und es liegt ein Entschließungsantrag vor. In diesem Kontext sollte das Thema Zwangsbehandlung und Freiheitsentzug erneut thematisiert werden.