Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Sachsen

Die Ratifizierung, also die formelle Bestätigung und Annahme, des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) durch Deutschland jährt sich 2024 zum 15. Mal. Dennoch stellte der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen bei der letzten Staatenprüfung im August 2023 Deutschland kein gutes Zeugnis aus.

Welche Schritte innerhalb welches zeitlichen Rahmens wird Ihre Partei zur Umsetzung der UN-BRK unternehmen, insbesondere im Hinblick auf die Forderungen der letzten Staatenprüfung im Jahr 2023?

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Die Empfehlungen und Forderungen des UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen wurden im Oktober vergangenen Jahres vorgelegt. Bund wie Bundesländer sind gehalten, sich mit diesen auseinanderzusetzen und im Hinblick auf den kommenden Staatenbericht entsprechend zu reagieren. Eine konkrete Aussage zu Schritten wie auch zeitlichen Rahmen kann an dieser Stelle nicht getroffen werden; im Hinblick auf die Erstellung des 8. Berichtes zur Lage von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen ist dies indes zu thematisieren.

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Der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat zum zweiten Mal überprüft, wie die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland umgesetzt wird und eine Liste mit Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Dabei wurde besonders hervorgehoben, dass alle Lebensbereiche für alle Menschen uneingeschränkt geöffnet werden müssen – von Anfang an und unabhängig von Art und Schwere einer Beeinträchtigung. Sondersysteme sollen schrittweise abgebaut werden – hin zu einem inklusiven Schulsystem und einem inklusiven ersten Arbeitsmarkt. Dem stimmen wir zu. Denn gesellschaftliche Teilhabe für alle ist eine wichtige Grundbedingung für eine stabile Demokratie. Sie muss integrativ und inklusiv sein und dabei alle Anstrengungen unternehmen, damit diese Teilhabe barrierefrei und bürokratiearm möglich wird.

Daher fördern wir die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit besonderen Förderbedarfen in allen Bereichen der Gesellschaft. Kitas, Schulen, Ausbildungsstätten und Hochschulen sowie außerschulische Lernorte wollen wir kontinuierlich inklusiv weiterentwickeln, entsprechende Maßnahmenpläne zur Umsetzung aktualisieren und die personellen Ressourcen, Räume und Inhalte der Bildung auf tatsächlich gelebte Inklusion ausrichten. Im schulischen Bereich stärken wir die Kooperationsverbünde, damit jede Schule Kinder aus dem Wohnumfeld aufnehmen und individuell nach deren Bedürfnissen fördern kann. Reguläre Arbeit ist für Menschen mit Behinderungen eine wichtige Möglichkeit, um am Leben in unserer Gesellschaft teilzuhaben. Für die Unternehmen ist Inklusion auch eine Frage der ökonomischen Vernunft. Wir wollen mit dem verbesserten Budget für Arbeit mehr Menschen mit Behinderungen eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit Tariflohn und Sozialversicherung ermöglichen. Außerdem stellen wir dem Budget für Arbeit eine Förderung bei Sachinvestitionen an die Seite, um mehr Inklusion möglich zu machen.

Wir brauchen in Stadt und Land ausreichend Angebote für barrierefreies Wohnen. Deshalb fördert der Freistaat Sachsen seit 2017 mit der Richtlinie „Wohnraumanpassung“ den barrierefreien Umbau von Wohnraum für Mieter und selbstnutzende Eigentümer einer Wohnung oder eines Wohnhauses mit Zuschüssen. Auch die Förderung des selbstgenutzten Eigentums wurde weiterentwickelt. Die aktuelle Förderrichtlinie Familienwohnen enthält nun einen zusätzlichen Förderbaustein für Familien mit einem schwerbehinderten Familienmitglied. Diese wichtigen Maßnahmen zur Förderung von barrierefreiem Wohnen werden wir weiterhin unterstützen und ausbauen.

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Wir BÜNDNISGRÜNE möchten, dass Sachsen inklusiv ist, damit jeder Mensch vollständig und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann. Dafür ist Barrierefreiheit wichtig, damit alle Bürger*innen mit oder ohne und unabhängig von zeitweiligen oder dauerhaften Beeinträchtigungen, überall mitmachen und teilhaben können. Wir wollen das Inklusions- und Teilhabegesetz so erneuern, dass es zeitgemäß ist.

Alle Mitarbeiter*innen in der Verwaltung sollen Schulungen zu Vielfalt, Inklusion, Barrierefreiheit und Ableismus bekommen. Verpflichtende Schulungen möchten wir gern prüfen. Websites und Anträge im öffentlichen Bereich sollen barrierefrei sein, genauso wie öffentliche Gebäude.

Kommunen sollen Anreize bekommen, inklusiver zu werden. Wir unterstützen die Gründung von Beiräten und Selbstvertretungen in allen Landkreisen und Kommunen und die Ernennung von hauptamtlichen Beauftragten. Wir wollen »Sachsen Barrierefrei 2030« weiterentwickeln und eine »Dekade der Barrierefreiheit« starten. Menschen mit Behinderungen sollen sich frei im öffentlichen Raum bewegen können, besonders im ländlichen Raum.

Junge Menschen mit Behinderungen sollen gleichberechtigten Zugang zu inklusivem und kostenlosem Unterricht haben, sowohl in Grundschulen als auch in weiterführenden Schulen. Das gleiche gilt für Weiterbildung und lebenslanges Lernen.
Unser Ziel ist es, die Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Das soll durch bessere Beratung und Berufsorientierung sowie durch Unterstützung erfahrener Fachkräfte erreicht werden. Auch in Praxen und Kliniken wollen wir die Barrierefreiheit verbessern, indem wir die Förderungen ausweiten.

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Ein zentrales Ziel unserer kommenden inklusionspolitischen Arbeit ist die Novellierung des Sächsischen Inklusionsgesetzes, die wir partizipativ mit Vereinen, Verbänden und der Selbstvertretung gestalten wollen. In erster Linie sollen die gesetzlichen Regelungen auch auf kommunaler Ebene gelten. Weiterhin wollen wir die Arbeit der kommunalen und landesweit tätigen Inklusionsbeauftragten und -gremien stärken und so auch die politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen fördern. Der Abbau von Barrieren soll durch eine Landesfachstelle Barrierefreiheit beschleunigt werden, die wir gesetzlich verankern und finanziell und personell auskömmlich ausstatten wollen.

Ein Hauptkritikpunkt der UN-Staatenprüfung ist die feste Struktur von „Sonderwelten“ für Menschen mit Behinderungen in Deutschland, seien es Wohnheime, Förderschulen oder Werkstätten. Wir setzen uns für eine inklusive Gesellschaft ein, in der diese Strukturen nicht mehr notwendig sind. So wollen wir beispielsweise mehr barrierefreien Wohnraum schaffen, damit Menschen mit Behinderungen oder Pflegebedarf überhaupt die Möglichkeit zum selbstständigen Wohnen bekommen. Eine zentrale Aufgabe auf Landesebene wird die Förderung inklusiver Schulen sein, die wir nach dem Leitbild der Gemeinschaftsschule für alle Kinder gestalten wollen – also unabhängig von sozialer Herkunft, Migrationsgeschichte oder Behinderung. Und schließlich setzen wir uns für die Reform des Werkstattsystems und die Förderung einer inklusiven Arbeitswelt ein.

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Im Rahmen der inklusiven Ausgestaltung des SGB VIII zu 2028 werden wir uns dafür einsetzen, dass vor allem auch pädagogische Fachkräfte und Verwaltungsfachkräfte hinsichtlich der besonderen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen und deren Familien entsprechend sensibilisiert und weitergebildet werden. Hier sehen wir einen ersten wichtigen Schritt, um diesen Reformprozess umsetzen zu können. Des Weiteren fordern wir die inklusive Ausgestaltung von Kindertageseinrichtungen. Hier möchten wir uns für Inklusionskonzepte und deren Umsetzung einsetzen. Gerade auch das Thema Inklusive Schulbildung liegt uns sehr am Herzen. Damit dies gelingen kann, braucht es personelle und materielle Ressourcen in den Schulen.

Insgesamt werden wir das Thema Inklusion und Barrierefreiheit in allen Bereichen der Gesellschaft bis 2030 und darüber hinaus voranbringen, um die UN-BRK endlich umzusetzen und uns nicht nur hinter Absichtserklärungen zu verstecken, wie es die letzten Jahre passiert ist. Das hat uns die Staatenprüfung 2023 eindringlich gezeigt.