Diskriminierungssensibilität in der Justiz und Rechtsprechung

Der rechtliche Diskriminierungsschutz bedarf der praktischen Umsetzung in der Rechtsprechung durch die Gerichte. In Fachdebatten wird immer wieder kritisiert, dass Richter*innen als Gruppe „soziodemografisch nicht über die Erfahrungsbreite der Bevölkerung verfügen“ (Susanne Baer, Bundesverfassungsrichterin) und dass eine grundlegende Sensibilisierung für die Themen Diskriminierung und Vielfalt kein fester Bestandteil der Aus- und Weiterbildung ist.

Wie werden Sie die Vermittlung der Themen Vielfalt, Diskriminierung und rechtlicher Diskriminierungsschutz als Bestandteil der Richter*innenaus- und –weiterbildung weiter verankern? Was werden Sie unternehmen, um die Repräsentation gesellschaftlicher Vielfalt in der Richter*innenschaft zu vergrößern?

Unsere Bewertung der Antworten:

Die Gesamtbewertung einer Antwort ergibt sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

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Die rechtliche Aus- und Weiterbildung ist schon jetzt tragender Bestandteil und Qualitätsmerkmal der Sächsischen Justiz. Dies beinhaltet auch, allerdings nicht nur, Ausbildungsschwerpunkte zum rechtlichen Diskriminierungsschutz. Rechtlicher Diskriminierungsschutz bedeutet im Umkehrschluss aber nicht eine staatliche Pflichtaufgabe für gesellschaftliche Vielfalt zu normieren. Artikel 8 SächsVerf normiert als sächsisches Staatsziel ausdrücklich die Gleichstellung von Frauen und Männern. Hier haben wir mit dem reformierten Gleichstellungsgesetz in dieser Legislaturperiode einen großen Schritt gemacht. Entscheidend bleibt aber auch hier das Prinzip der Bestenauslese: Eignung, Befähigung und fachliche Leistung und nicht Vielfalt sind die maßgeblichen Kategorien für die Sächsische Justiz.

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In der Rechtspflege, in der Justiz und im Justizvollzug gilt wie auch in der Verwaltung: Mehr Diversität sichert das Vertrauen in den Rechtsstaat und dessen Akzeptanz. Durch die während unserer aktuellen Regierungsarbeit gestartete Einstellungsoffensive im Bereich der Justiz hat auch die Vielfalt in der Richter- und Staatsanwaltschaft zugenommen, die Justiz ist insgesamt schon jünger und weiblicher geworden. Durch die Verabschiedung des Sächsischen Gleichstellungsgesetzes werden wir diese Entwicklung in den nächsten Jahren weiter verstärken. Für uns ist Sachsen schon lange ein Einwanderungsland – wir wollen die Attraktivität der juristischen Ausbildung steigern, um eine möglichst hohe Diversität unter den Studierenden zu erreichen. Gezielt werden wir mit der Kampagne „Jobs mit J“ in Zukunft auch Menschen mit Migrationshintergrund ansprechen.

Wir machen uns zudem stark für die Einführung von verpflichtenden Weiterbildungen von Richter:innen und Staatsanwält:innen im Bereich der interkulturellen Kompetenz sowie in Rechtsbereichen, die eine hohe Diskriminierungssensibilität erfordern, wie z. B. im Familien- oder Strafrecht, oder in denen sich durch neue Rechtsentwicklungen wie das Selbstbestimmungsgesetz
Veränderungen ergeben.

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Wir wollen die Themen Vielfalt, Antidiskriminierung und rechtlichen Diskriminierungsschutz weiter voranbringen.
Die sächsische Justiz soll durch flexible und familiengerechte Arbeitsformen, eine konkurrenzfähige Besoldung, einer individuellen Karriereplanung und fairen Aufstiegschancen für Menschen aller gesellschaftlicher Gruppen eine attraktive Arbeitgeberin bleiben. Deshalb haben wir uns in dieser Legislaturperiode erfolgreich für die Einführung des Sächsischen Gleichstellungsgesetzes stark gemacht. Das Gesetz führt neben aktiver Frauenförderung, auch bessere und familienfreundlichere Arbeitsbedingungen für alle Bediensteten des Freistaates ein. Wir haben deswegen besondere Mentoringprogramme für Juristinnen in der sächsischen Justiz eingeführt. Das Jura-Studium muss für Menschen aller gesellschaftlichen Hintergründe inklusiv und attraktiv sein. Mentoring-Programme für Studierende aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen können hier explizit dazu beitragen. Grundsätzlich muss das Jurastudium barrierefrei absolviert werden können (barrierefreier Zugang zu Räumlichkeiten, Leitsystem für blinde Menschen, Nachteilsausgleiche etc.).

Im Bereich Ausbildung unterstützen wir Initiativen (wie iur.reform), die sich umfassend mit der Überarbeitung der juristischen Ausbildung befassen und sich dabei auch für mehr diversity Kompetenzen in der juristischen Lehre, diverser besetzte Prüfungskommissionen, und die interdisziplinäre Ausbildung aussprechen.

Zudem haben wir die Attraktivität des Rechtsreferendariats und des juristischen Studiums mit ersten wichtigen Schritten erhöht. Referendare in Sachen haben zukünftig mit einer echten Personalvertretung die Chance auf wirkliche Mitbestimmung. Ebenso haben wir den Bachelor im Jurastudium in Sachsen eingeführt, sodass das ein fachlicher Spurwechsel möglich bleibt. Jurist*innen stehen vor einer diverseren und vielschichtigeren Gesellschaft. Deshalb muss sichergestellt werden, dass die Weiterbildungsangebote für Jurist*innen Themen Vielfalt, Antidiskriminierung und rechtlicher Diskriminierungsschutz beinhalten.

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Diversitätsmanagement und Antidiskriminierung sollen als Fort- und Weiterbildungsmodul für sämtliche Beschäftigte im Justizwesen immer wieder angeboten werden. In das Jura-Studium sind entsprechende Inhalte aufzunehmen.

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Vom BSW haben wir keine individuellen Antworten auf unsere Fragen erhalten, sondern eine allgemeine Stellungnahme. Die Stellungnahme finden Sie hier.

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Diskriminierung und rechtlicher Diskriminierungsschutz muss einen besonderen Stellenwert in der Qualifikation für Richter einnehmen. Wir Freie Demokraten werden dafür sorgen, dass entsprechende Bildungsinhalte und Weiterbildungsangebote vorgehalten werden. Eine Auswahl nach Zugehörigkeit zu besonderen Bevölkerungsgruppen sehen wir skeptisch.