Verwaltung als Schnittstelle zu den Bürger*innen

Die Entscheidungen und das Verhalten von Verwaltungen haben einen großen Einfluss auf das Leben von Menschen. In der Studie „Diskriminierung erlebt?! Diskriminierungserfahrungen in Sachsen“ von 2023, im interdisziplinären Gutachten von 2024 zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes und in der Antidiskriminierungsberatung wird regelmäßig von Diskriminierungserfahrungen im Kontakt mit staatlichen Stellen berichtet. Gleichzeitig fällt es Betroffenen gerade in diesem Lebensbereich schwer, ihre Rechte einzufordern.

  1. Welches Konzept verfolgt Ihre Partei, um einen diskriminierungssensiblen Umgang der Verwaltung in ihren Abläufen und Strukturen sowie im direkten Kontakt mit den Bürger*innen sicherzustellen? Wo sehen Sie Regelungsbedarfe und welche konkreten Maßnahmen planen Sie in der kommenden Legislatur?
  2. Werden Sie ein Qualitäts- und Beschwerdemanagement für Verwaltungen und Behörden mit Kund*innenkontakt einführen, um Diskriminierung entgegenzuwirken, und dabei die Besetzung der Stellen mit qualifiziertem Personal, ein transparentes Verfahren und eine wirksame Bewerbung des Angebots sicherstellen?

Unsere Bewertung der Antworten:

Die Gesamtbewertung einer Antwort ergibt sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

Logo der CDU

Zu 1) Die Verwaltung ist die Schnittstelle zwischen „dem Staat“ und den Bürgerinnen und Bürgern. Der unmittelbare Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie die von Verwaltungen getroffenen Entscheidungen können mitunter einen weitreichenden Einfluss auf die Wahrnehmung „des Staates“ haben. Aus diesem Grund ist uns als CDU Sachsen ein diskriminierungssensibler Umgang innerhalb der Verwaltung sowie auch von der Verwaltung mit Bürgerinnen und Bürgern wichtig. Aktuell haben wir aber keinen Anlass zur der Annahme, ein solcher Umgang sei in den sächsischen Verwaltungen dahingehend strukturell oder grundsätzlich verbesserungswürdig. In Fällen, in denen es zu Diskriminierung gekommen ist, sind Beschwerdestellen und das Antidiskriminierungsbüro für uns ein Teil der Lösung. Vor allem aber setzen wir als Partei, die das Prinzip von „Freiheit in Verantwortung“ in den Mittelpunkt stellt, aber auf Selbstreflexion bei den Behördenmitarbeiterinnen und Behördenmitarbeitern – insbesondere mit Hinblick auf den auf allen Ebenen vorhandenen „unconscious bias“ und die in den Tiefenstrukturen auch der sächsischen Verwaltung mitunter etablierten sozialen Codes – sowie auf Mechanismen sozialer Kontrolle.

Zu 2) Die Einführung eines Qualitäts- und Beschwerdemanagements für Verwaltungen und Behörden ist unsererseits aktuell nicht geplant. Auch sind wir der Auffassung, dass es dafür keinen über die bisher bereits ergriffenen Maßnahmen hinausgehende Notwendigkeit gibt.

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Zu 1) Fort- und Weiterbildung sind für uns ein wesentlicher Schlüssel, um einen diskriminierungssensiblen Umgang in der Verwaltung zu erreichen. Das Führungspersonal in der sächsischen Verwaltung sehen wir aufgrund seiner Vorbildfunktion dabei in einer besonderen Verantwortung. Aus- und Weiterbildungsangebote im Antidiskriminierungsbereich möchten wir an der HSF Meißen stärken und bedarfsgerecht ausbauen, denn wir setzen bei Landesbediensteten einen respektvollen Umgang im Kontakt mit Bürger:innen voraus. Darüber hinaus möchten wir ein Landesantidiskriminierungsgesetz erarbeiten, das gerade im Bereich
der öffentlichen Verwaltung für eine größere Rechtssicherheit sorgen soll.

Zu 2) Auf Initiative der SPD Sachsen wurde vor fünf Jahren die unabhängige Beschwerdestelle der Polizei Sachsen eingeführt. Sie hat sich bewährt, die Polizeiarbeit verbessert und das Vertrauen der Bevölkerung in eine rechtmäßig handelnde Polizei gestärkt. Bei ihrer Weiterentwicklung wollen wir uns am Beispiel des Polizeibeauftragten beim Deutschen Bundestag orientieren. Noch in dieser Legislaturperiode wurde auch die Kontrollquittung für Identitätsfeststellungen an kriminogenen Orten und die Ausweitung der Aufzeichnungspflicht bei der polizeilichen Bodycam eingeführt. Diesen Weg zu mehr Transparenz und Vertrauen in die Polizeiarbeit wollen wir fortsetzen. Wir beabsichtigen, die Beschwerdestrukturen für den Verwaltungsbereich zu verbessern und zu einem tatsächlich kundenorientierten Qualitätsmanagement weiterzuentwickeln. Die Erfahrungen der unabhängigen Beschwerdestelle der Polizei Sachsen sollen dafür als Beispiel dienen.

Logo von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zu 1) Wir BÜNDNISGRÜNE setzen uns für mehr Diskrimminierungsschutz in Sachsen ein. Sachsen braucht dringend Fachkräfte und kann es sich nicht leisten, kluge Köpfe aufgrund von Diskrimminierung zu verprellen. Es braucht noch mehr Anstrengung für eine diskrimminierungssensible Verwaltung.
Unsere Ideen sind:

  • thematische Schulungen
  • eine unabhängige Ombudsstelle
  • geschlechtergerechte und diskrimminierungsfreie Kommunikation in der Verwaltung

In den letzten Jahren wurde durch uns ein Gutachten zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes im Freistaat in Auftrag gegeben. An den aufgezeigten Handlungsfeldern wollen wir auch künftig weiterarbeiten.

Zu 2) Wir BÜNDNISGRÜNE stehen für eine diskriminierungssensible Verwaltung. Deswegen wollen wir in der kommenden Legislaturperiode ein Landesantidiskriminierungsgesetz einführen, das Betroffene auch in der Verwaltung besser schützt. Dies soll eine Ombudsstelle enthalten und zuständig für das Qualitäts- und Beschwerdemanagement sein. Damit die Ombudsstelle effektiv arbeiten kann, ist hier auf geeignetes Personal zu achten. Die Einführung soll von einer Werbekampagne begleitet werden, die wirksam auf das Angebot hinweist und ggf. Bewerber*innen schon bei der Bewerbung mitgegeben wird. Zudem muss besonders bei diesen Stellen auf diskriminierungssensible Ausschreibungen geachtet werden. Über ein Beschwerdemanagement hinaus soll jedoch durch ein aktives Angebot von Diversity-Trainings für alle Landesbediensteten auch dafür gesorgt werden, dass sich das Bewusstsein für Diskriminierungssensibilität auf allen Ebenen durchsetzt und der Abbau von Vorurteilen innerhalb der Personalverwaltung und bei den Vorgesetzten aktiv angegangen wird.

Logo der Partei DIE LINKE

Zu 1) Die „Studie zu Diskriminierungserfahrungen in Sachsen“ zeigt auf, dass eine große Zahl von Personen im Kontakt mit Behörden Diskriminierungen erfahren hat. Um diese Praxis zu verändern, wollen wir ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) erarbeiten, das gegen alle Formen behördlicher Ungleichbehandlung in Sachsen wirkt. Bei der Ausgestaltung des Gesetzes orientieren wir uns am Berliner LADG. So soll in einem Entwurf ein erweiterter Katalog zu Diskriminierungsmerkmalen enthalten sein. Kollektive Rechtsschutzinstrumente sollen dazu beitragen, Betroffene bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen.
Auch die Prävention und die Förderung diversitätsbezogener Ansätze sollen einen wichtigen Stellenwert erhalten.

Zu 2) Ja. Für die Sicherstellung des Anspruchs von Bürger:innen auf Diskriminierungsfreiheit im Umgang mit Behörden wollen wir neben der Verabschiedung eines LADG eine unabhängige Beschwerdestelle einrichten, welche Bürger:innen darin unterstützt, gegen Diskriminierungen vorzugehen.

Logo BSW

Vom BSW haben wir keine individuellen Antworten auf unsere Fragen erhalten, sondern eine allgemeine Stellungnahme. Die Stellungnahme finden Sie hier.

Logo der FDP

Zu 1) Wir Freie Demokraten wollen das Verwaltungspersonal, vor allem die Mitarbeiter mit Kundenkontakt schulen und sensibilisieren, um Diskriminierung zu vermeiden. Verfahren wollen wir auf diskriminierende Elemente prüfen und diese schnellstmöglich abstellen

Zu 2) Wir Freie Demokraten werden uns für ein Qualitäts- und Beschwerdemanagement für Verwaltungen einsetzen.