Berlin 2021

Verbesserung des Zugangs zu Gesundheitsleistungen für LSBT*I*Q+-Personen

Der Zugang zu medizinischen Leistungen und psychotherapeutischer Versorgung ist für LSBT*I*Q+-Personen stark erschwert. Vor allem trans* und nicht-binäre Personen werden in ihrer körperlichen Selbstbestimmung durch gesetzliche Vorgaben, wie die verpflichtenden Begutachtung nach § 4 Abs. 3 des Transsexuellengesetzes (TSG), stark benachteiligt und sind in hohem Maße von den Entscheidungen der Krankenkassen, Mediziner:innen und Therapeut:innen abhängig. Da die Fachkräfte nicht ausreichend für die Belange und Lebensrealitäten von LSBT*I*Q+-Personen sensibilisiert sind, gehen Verfahrensabläufe und die Behandlung häufig mit Diskriminierungserfahrungen einher.

  1. Wie werden Sie mehr Selbstbestimmung und einen diskriminierungsfreien Zugang zu den gewünschten medizinischen Maßnahmen für trans* und nicht-binären Personen sicherstellen?
  2. Werden Sie eine verpflichtende Weiterbildung von angehenden und bereits etablierten Psychotherapeut:innen für Diskriminierung, insbesondere im Hinblick auf Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Klassismus, Ableismus, Trans*- und Inter*feindlichkeit einführen?

Wir bekennen uns grundsätzlich zu einem leistungsfähigen Gesundheitssystem, das allen Menschen eine medizinische Versorgung auf höchstem Niveau ermöglicht.  Auch in Zukunft muss jeder Mensch in unserer Stadt Zugang zu einer guten wohnortnahen medizinischen Versorgung haben und am medizinischen Fortschritt teilhaben können, unabhängig von seinem Einkommen, Alter oder gesundheitlichen Zustand. Das gilt für uns selbstverständlich auch für queere Menschen.  Sollte es zu Fällen rassistischer Diskriminierung kommen, gelten auch im Gesundheitsbereich die strafrechtlichen Vorschriften. Darüber hinaus kann auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zurückgegriffen werden. Zudem können sich Betroffene an die Berufskammern wenden. Im Falle von Verstößen gegen die Berufsordnung können sie Sanktionen wie Geldstrafen bis hin zum Entzug der Approbation verhängen.

Die SPD Berlin fühlt sich der queeren Community verbunden, setzt sich weiterhin leidenschaftlich für ihre Emanzipation ein und unterstützt sie aktiv bei ihrem Empowerment. Ihren Schutz vor Verdrängung aus dem öffentlichen Raum sowie vor Diskriminierung, Belästigung und Gewalt sehen wir als unsere Verpflichtung an. Mit der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ (IGSV) hat der Berliner Senat einen außergewöhnlichen Maßnahmenplan initiiert. Diesen werden wir umsetzen und dauerhaft weiterentwickeln. In diesem Sinne setzen wir uns für ein LSBTIQ-inklusives Gesundheitssystem. Die Initiative der WHO bezüglich eines nationalen LSBTI-Gesundheitsberichts nehmen wir ernst. Deshalb begrüßen wir die Gesundheitsberichterstattung zur gesundheitliche Lage von lesbischen, schwulen, bisexuellen sowie trans- und intergeschlechtlichen Menschen des Bundes von 2020. Zudem streben wir an, dass im Berliner stationären und ambulanten Pflegedienst sowie in Hospizen eine queer-sensible Qualifizierung und Zertifizierung etabliert wird – dies gilt ebenso für Psychotherapeutische Diente.

Die Gesundheitsversorgung von Frauen und inter, nichtbinären sowie trans Personen werden wir verbessern. Dazu gehört, das Angebot an Gynäkolog*innen in allen Bezirken zu sichern und den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen zu ermöglichen, gerade in Krisenzeiten. Gleichzeitig haben wir die Bedingungen für sichere und gute Geburten verbessert, indem wir in Kreißsäle investiert haben, indem wir die Ausbildungskapazitäten für Hebammen erhöht haben und mit einer digitalen Plattform die Suche nach Hebammen erleichtern. Wir wollen gendersensible Sexualaufklärung, -beratung und Gesundheitsvorsorge und werden den Zugang zu Reproduktionsmedizin und Familienplanung insbesondere für gleichgeschlechtliche Paare und Singles ausbauen. Dazu wollen wir genderbezogene Gesundheitsforschung stärken und gezielt sowohl Frauen, trans Männer, inter und nichtbinäre Personen und queere Personen in der medizinischen Aus- und Weiterbildung fördern. Für Gynäkolog*innen und andere Heilberufe wollen wir entsprechende Schulungen ausbauen, um sie für gesundheitliche Fragen von Frauen, trans Männern, inter und nichtbinären Menschen sowie für spezifische Fragen zur lesbischen Gesundheit zu sensibilisieren.

Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, das veraltete und menschenrechtswidrige Transsexuellengesetz abzuschaffen und durch ein Gesetz für geschlechtliche Selbstbestimmung zu ersetzen. Dafür haben wir bereits in dieser Wahlperiode eine Bundesratsinitiative gestartet und werden dies auch weiterhin einfordern.

Die Forderung nach einer diskriminierungskritischen und diversitätssensiblen Aus-, Fort- und Weiterbildung für Psychotherapeut*innen unterstützen wir!

Jeder Mensch hat unabhängig vom Geschlecht oder der sexuellen Orientierung, das Recht auf eine hochwertige, barriere- und diskriminierungsfreie gesundheitliche und pflegerische Versorgung. LSBTIQ* Menschen machen jedoch insbesondere im Gesundheitssystem vielfach Diskriminierungserfahrungen, wie das Projekt Standup der Schwulenberatung Berlin gezeigt hat. Daraus gilt es zu lernen. Insbesondere gilt es zu verhindern, dass LSBTIQ* Menschen aus Angst vor Diskriminierung wichtige Versorgungsleistungen nicht in Anspruch nehmen.

Daher ist für DIE LINKE eine umfassende Sensibilisierung der Gesundheits- und Pflegeberufe, unter anderem auch zu den Themen Rassismus, Sexismus und Antisemitismus, dringend erforderlich. Fortbildungen, die zu einem vertieften Verständnis über verschiedene Lebensweisen und der besonderen Verwundbarkeit von LSBTIQ* Menschen beitragen, sind ein wichtiges Instrument. Dabei muss der Blick auch auf die Frage des Alterns und der Versorgung von LSBTIQ* Menschen mit Pflegebedarf gerichtet werden. Die 2021 gegründete Fachstelle LSBTI*, Altern und Pflege ist hier ein wichtiger Baustein. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass flächendeckend auch Fachstellen für LSBTIQA* Geflüchtete eingerichtet werden.

Das Landesantidiskriminierungsgesetz ist ein großer Erfolg und eine wichtige Grundlage für die weitere Antidiskriminierungsarbeit. Wir werden das Gesetz evaluieren und weiterentwickeln und mit einer Informationskampagne alle über ihre Rechte und Möglichkeiten informieren, die das Gesetz ihnen bietet.

Für uns als Freie Demokraten umfasst das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch das Recht auf einen selbstbestimmten Umgang mit der eigenen geschlechtlichen Identität. Das derzeitige TSG lehnen wir entschieden ab, da es eine solche Selbstbestimmung nicht gewähr-leistet, sondern insbesondere trans* und nichtbinäre Personen schikaniert. In dieser Legislaturperiode hat die FDP im Deutschen Bundestag deshalb einen Gesetzentwurf zur geschlechtlichen Selbstbestimmung eingebracht. Damit wäre für die Änderung des Geschlechtseintrages eine einfache Erklärung gegenüber dem Standesamt möglich gewesen und hätte endlich die Notwendigkeit von oftmals diskriminierenden Verfahren zur Erstellung von Gutachten beendet. Da die Große Koalition diesen Antrag abgelehnt hat, werden wir uns weiterhin mit voller Kraft für geschlechtliche Selbstbestimmung einsetzen. Wir setzen uns dafür ein, dass trans* und nicht-binäre Personen einen Anspruch auf die Übernahme der Kosten von geschlechtsangleichenden Maßnahmen einschließlich Hormontherapie sowie der Angleichung der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale durch die Krankenkassen haben. Dabei muss medizinisches/therapeutisches Personal für den Umgang mit LSBTIQ und nichtbinären Personen sensibilisiert sein. Als wichtig erachten wir auch ein ausreichendes und flächendeckendes Beratungs- und Aufklärungsangebot zu geschlechtsangleichenden Maßnahmen für trans* und inter* Personen, auch um mögliche Ängste, die aus der einstigen Pathologisierung entstanden sind, abzubauen.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.