Berlin 2021

Unterstützende Strukturen für Aufenthalt und Erwerbstätigkeit im Rahmen der EU-Freizügigkeit

Polnische Zuwander:innen sind die größte Gruppe der EU-Bürger:innen in Berlin. Sie sollten in der Ausübung ihrer verbrieften EU-Freizügigkeitsrechte, die ihnen den Aufenthalt und die Erwerbstätigkeit fast gänzlich ohne Beschränkungen gewähren, bestmöglich unterstützt werden.

  1. Wie werden Sie sicherstellen, dass EU-Bürger:innen in vollem Umfang von ihrem EU-Freizügigkeitsrecht profitieren? Werden Sie beispielsweise dafür sorgen, dass wesentliche Info-Materialien und Beratungsangebote in den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern sowie den Antidiskriminierungsberatungstellen in den Sprachen, die in der EU gesprochen werden, ebenfalls zur Verfügung stehen?

Wir stehen hinter den EU-Freizügigkeitsrechten und werden Möglichkeiten zur Verbesserung der Beratungsstrukturen bedarfsgerecht prüfen.

Viele Menschen, die in Sozial- und Dienstleistungsberufen arbeiten sind Frauen aus benachbarten EU-Ländern. Aufgrund ihres Aufenthaltsstatus, aber auch aufgrund fehlender Sprachkenntnisse sind sie häufig prekären Beschäftigungs- und Ausbeutungspraktiken ausgesetzt. Die Berliner SPD will diese Gruppen schützen und ihnen gleichberechtigte Arbeitsbedingungen ermöglichen. Deshalb setzen wir uns für gute Arbeit, starke Tarifbindung und gerechte Löhne für Berlin ein. Überall dort, wo wir in Land und Bezirk Verantwortung tragen, wollen wir für gute Arbeitsbedingungen, soliden Arbeitsschutz und die Einhaltung des Grundsatzes „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ sorgen. Werkverträge, befristete Arbeitsverträge, Minijobs und Leiharbeit müssen die Ausnahme sein. Unser Ziel ist die konsequente Vermeidung dieser Arbeitsmodelle und der Abbau prekärer Beschäftigung. Die Berliner SPD will über Branchen hinweg die Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze verbessern. Wir wollen eine deutliche Steigerung der Betriebsbesichtigungen erreichen. Dazu wird eine Beschwerde- und Informationsstelle eingerichtet, die sich an Beschäftigte sowie Betriebsräte und Arbeitgeber:innen richtet (Arbeitsschutz-Hotline). Die Berliner SPD hat zudem die Berufung von hauptamtlichen Beauftragten für Gute Arbeit in vielen Bezirken durchgesetzt. Überall dort, wo wir in den Bezirken Verantwortung tragen, werden wir weiterhin dafür sorgen, dass entsprechende Stellen eingerichtet werden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Angebote in möglichst vielen Sprachen aufgesetzt werden und die bezirklichen Beauftragten für die Zielgruppe der Arbeitnehmer:innen mit Migrationsgeschichte sensibilisiert werden.

Ausbeutung von Arbeitskräften aus Europa ist in Berlin leider an der Tagesordnung – auf Baustellen, in Hotels oder auch im Bereich der Sexarbeit. Gegen diesen Missbrauch europäischer Freizügigkeit gehen wir mit aller Kraft vor. Wir unterstützen entsprechende Kontrollen des Zolls, zum Beispiel um die Missachtung des Mindestlohns auf Baustellen zu verhindern. Und wir stärken zivilgesellschaftliche Organisationen, die wertvolle Arbeit leisten, um für Transparenz zu sorgen und betroffene Menschen zu beraten, häufig sind dies Migrant*innen-Selbst-Organisationen. Wir wollen diese sicher finanzieren und bei der Vernetzung unterstützen, zum Beispiel mit Gewerkschaften und der Berliner Justiz. Unser Ziel ist überdies, die Verwaltung mehrsprachig auszurichten. Deshalb wollen wir für Verwaltungsmitarbeiter*innen mit Kundenkontakt verstärkt Sprachkurse anbieten. Und mit dem LADG haben wir sichergestellt, dass der öffentlichen Hand Diskriminierung aufgrund der Sprache untersagt ist.

Nicht ganz so einfach ist bislang die Unterstützung von Menschen, die Stand jetzt keine Ansprüche auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse für Unionsbürger*innen abzuschaffen. In Berlin werden wir auch Angebote für Menschen vorhalten, die keinen oder einen ungeklärten Sozialleistungsanspruch haben. Mit der geplanten Gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung (GStU) schaffen wir für die Unterbringung nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) einheitliche Standards und stellen damit die Qualität von Unterbringung und Beratung sicher. Ein Dach über dem Kopf zu haben, ist ein Grundrecht, dafür stehen wir ein, ausnahmslos.

Wir haben in den vergangenen Jahren das muttersprachliche Beratungs- und Hilfsangebot für Arbeitnehmer:innen insbesondere aus den ost- und südosteuropäischen Mitgliedsstaaten der EU massiv ausgebaut. Wir setzen uns dafür ein, dass dieser Ausbau fortgesetzt und die Arbeit des Berliner Beratungszentrums für Migration und Gute Arbeit (BEMA) verstetigt und dauerhaft finanziert wird. Wir wollen, dass Beratungsangebote in Zukunft gezielt und besser beworben werden. Auch auf Bezirksebene sollen Anlaufstellen geschaffen werden. Wir setzen uns dafür ein, dass besondere berufsbegleitende Sprachkurse angeboten werden, die auch arbeitsrechtliche Grundkenntnisse vermitteln.

Für uns Liberale liegt die Zukunft in einem starken Europa. Wir stehen zu den Grundfreiheiten der Europäischen Union, also auch zur Personenfreizügigkeit für EU-Bürger. Dafür sind das Miteinander und der Austausch in möglichst vielen Sprachen in allen Bereichen unabdingbar. Die Digitalisierung eröffnet hier neue kostengünstige Verbreitungswege- und instrumente.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.