Berlin 2021

Sensibilisierung von Lehrkräften für Vielfalt und gegen Diskriminierung

Lehrkräften kommt bei Diskriminierungen in der Schule eine entscheidende Rolle zu. Einerseits können sie selbst für Diskriminierungen verantwortlich sein, andererseits ist es ihre Aufgabe, Schüler:innen für Diskriminierung zu sensibilisieren und bei konkreten Diskriminierungen zwischen Schüler:innen verbindlich und zugleich konstruktiv einzuschreiten.

  1. Mit welchen konkreten Maßnahmen werden Sie dafür sorgen, dass Lehrkräften im Rahmen ihrer Hochschulausbildung Vielfaltskompetenz und Diskriminierungssensibilität vermittelt wird?
  2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Vielfaltskompetenz und Diskriminierungssensibilität von Lehrkräften kontinuierlich im Rahmen von zertifizierten Fortbildungen gestärkt werden und Anreizstrukturen für die Teilnahme ausbauen?
  3. Wie werden Sie die Diversität auf Seiten der Lehrkräfte fördern und erhöhen, um die Vielfalt innerhalb der Bevölkerung abzubilden?

Wir wollen, dass die Themen Homosexualität und Diversität im Bildungsbereich integrativ-ganzheitlich, interdisziplinär und altersgerecht vermittelt werden. Die Vermittlung queerer Themen soll auch bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften eine größere Rolle spielen. Ferner gibt es eine Reihe von Fortbildungsprogrammen für Lehrkräfte, die stetig zu evaluieren und weiterzuentwickeln sind.

Wir Sozialdemokrat:innen setzen uns für eine gleichgestellte und diskriminierungsfreie Gesellschaft ein, die eine soziale Mitgliedschaft aller Gruppen – vor allem minorisierter Gruppen –  sichert und konsequent umsetzt. Das Schulgesetz ist der Rahmen, eine solche Gesellschaft an jenem Ort zu ermöglichen, der entscheidend für das Leben aller Menschen ist: die Schule. Die von der Berliner SPD durchgesetzte Änderung in der Novelle des Berliner Schulgesetzes 2018 hält fest: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf zukunftsfähige, diskriminierungsfreie schulische Bildung und Erziehung (…) Schulen sind verpflichtet, Schülerinnen und Schüler vor Diskriminierungen zu schützen. Ziel ist es, die Vielfalt der Lebensweisen und unterschiedlichen kulturellen Werte und Normen zu vermitteln und (…) nicht ein rassendiskriminierendes Verständnis zu fördern.“ Im Vergleich mit anderen Schulgesetzen in Deutschland hat sich die SPD für ein weitgehendes Diskriminierungsverständnis im Berliner Schulgesetz eingesetzt. Die darin enthaltenen gerechtigkeitsorientierten Innovationen müssen gefestigt und erweitert werden. Eine diskriminierungskritische Fortbildung muss verpflichtend vom Senat vorgeschrieben werden für alle Lehrer:innen aller Fächer sowie weiteres pädagogisches Personal und Rektor*innen an der Schule und die Verwaltung. Dies schließen alle Beschäftigten der Schulbehörden sowie der angegliederten Verwaltung im Land Berlin mit ein. Darüber hinaus wollen wir eine diskriminierungskritische didaktische Qualifizierung an Hochschulen sichern. Denn Lehrer:innen müssen didaktisch geschult werden, wie sie Diskriminierung erkennen und Strategien vermitteln können, wie mit Diskriminierung umgegangen und ihr vorgebeugt werden kann. Schüler:innen müssen dazu befähigt werden, Diskriminierung zu erkennen, zu benennen und ihr entgegenzuwirken. Mit unserer Diversitätsoffensive für das Land Berlin wollen wir dafür sorgen, dass mehr Lehrer:innen mit Migrationsgeschichte und Lehrer:innen of Color an Berliner Schulen unterrichten.

Den Lehrkräften kommt eine besondere Verantwortung für eine diversitätssensible und diskriminierungskritische Schule zu. In der pädagogischen Ausbildung muss daher eine dezidiert diskriminierungs- und rassismuskritische Wissensvermittlung in den Curricula der Universitäten und Hochschulen verankert sein. Dafür werden wir entsprechende Vereinbarungen im Rahmen der Hochschulverträge treffen bzw. die Möglichkeiten des Berliner Hochschulgesetzes nutzen.

Die pädagogische Fort- und Weiterbildung für das schulische Personal, für Lehrkräfte, Schulleitungen und Schulaufsichten im Bereich Antidiskriminierung, Intersektionalität und Diversitykompetenz werden wir verstärken und mindestens für das Leitungspersonal als obligatorisches Angebot verankern. Den Fachstellen für queere Bildung und für intersektionale Bildung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu – wir wollen sie erhalten und stärken.

Wer die Diversität auf Seiten der Lehrkräfte fördern und erhöhen möchte, muss an der Ausbildung an den Berliner Hochschulen ansetzen: Wir wollen den Zugang zu den Hochschulen für Bevölkerungsgruppen, die bislang unterrepräsentiert sind, durch vielfältige Maßnahmen öffnen – sei es durch eine gezielte Beratung und Förderung sowie durch eine finanzielle Grundsicherung für alle. Diversity- und Antidiskriminierungsmaßnahmen werden wir zudem durch eine Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes verankern. Selbstverständlich gilt das Diversity-Landesprogramm mit seinen Maßnahmen für eine diversitätsorientierte Personalentwicklung auch für die Berliner Schulen. Zudem wollen wir die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen zum Schuldienst erleichtern. Wir brauchen darüber hinaus Lehrkräfte für Arabisch, Türkisch, Polnisch und weitere Sprachen, damit Schüler*innen auch ihre Herkunftssprachen als zweite und dritte Fremdsprache wählen können. Wir werden den Einstieg von geflüchteten Lehrkräften erleichtern, indem wir den Schuldienst auch für Lehrkräfte mit nur einem Unterrichtsfach öffnen. Das sogenannte „Neutralitätsgesetz“ werden wir ändern.

Wir wollen, dass Antidiskriminierung und Diversität in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pädagog:innen mehr Raum einnehmen. Sie müssen in die Lage versetzt werden, angemessen mit Di­ver­­sität umzugehen und entschieden auf Diskriminierungen zu reagieren – und sie müssen für eigene Vorurteils­struk­tu­ren sensibilisiert werden, um diskriminierungsfreie Bildungsangebote unterbreiten zu können. Themen wie der Umgang mit Diversität und inklusive Pädagogik müssen deshalb verbindlich in der Ausbildung verankert werden.

Die bereits existierenden Fort- und Weiterbildungsangebote u.a. im Rahmen der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ oder der diskriminierungskritischen Qualifizierung für Schulaufsichten, Schulpsycholog:innen und SIBUZe, wollen wir fortsetzen und stärken. Damit soll nicht zuletzt den Bestimmungen des 2021 beschlossenen Partizipationsgesetzes (PartMigG) entsprochen werden (insbesondere §§ 5 und 6), das die von Senatorin Elke Breitenbach (DIE LINKE) geführte Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales erarbeitet hat.

Entsprechend der Neuregelung in § 12 PartMigG sollen Menschen mit Migrationsgeschichte künftig bei Einstellungen und Beförderungen im öffentlichen Dienst in besonderer Weise berücksichtigt werden, um ihren Anteil entsprechend dem an der Gesamtbevölkerung abzubilden. Das gilt selbstverständlich auch für Schulen. Um für mehr Bewerbungen aus diesem Kreis zu sorgen, wollen wir bereits bestehende Netzwerke und Angebote, mit denen Schüler:innen mit Migrationsgeschichte für den Beruf der Lehrer:in gewonnen werden sollen, stärken. Außerdem wollen wir prüfen, wie geflüchteten Pädagog:innen der Weg zurück in den Beruf erleichtert werden kann.

Von Lehrkräften ist es zu erwarten, dass sie selbstverständlich einen diskriminierungsfreien Unterricht gestalten.
In der öffentlichen Verwaltung, bei der Polizei, der Feuerwehr und in den Einrichtungen der Bildung und Ausbildung wollen wir die interkulturelle Kompetenz erhöhen. Dazu wollen wir mit gezielten Anwerbungskampagnen verstärkt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit interkultureller und Sprachkompetenz gewinnen und durch das bewusste Einsetzen von „Role Models“ in dieser Bevölkerungsgruppe Tätigkeiten im öffentlichen Dienst stärker in das Bewusstsein rücken. Wir werden Trainingsangebote erschließen, die die interkulturelle Kompetenz der öffentlichen Verwaltung stärken. Eine Quote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst lehnen wir ab.
Die FDP Berlin hat die Herausforderungen der Diversität für Lehrende und Lernende in ihrem „ABC der Vielfalt“ erörtert. Das Thema Vielfalt soll verbindlich in die Schulkultur verankert werden. Es reicht nicht, sich darauf zu verlassen, dass Vielfalt das „private Steckenpferd“ interessierter Lehrkräfte ist. Der Einsatz für Vielfalt ist eine Querschnittsaufgabe im Unterricht. Er muss in Fächern wie Ethik, Religion, Politische Weltkunde in allen Schulfächern problematisiert, vor allem aber in allen anderen Fächern bis hin zum Sport praktiziert werden. Dabei geht es darum, tradierte Rollenbilder zu hinterfragen, um beispielsweise mehr Schüler für den Lehrerberuf und mehr Schülerinnen für MINT-Berufe zu interessieren.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.