Berlin 2021

Sensibilisierung für antimuslimischen Rassismus

Muslim:innen und Menschen, die als Muslim:innen gelesen werden, werden beleidigt, diskriminiert oder tätlich angegriffen. Antimuslimische Ressentiments ziehen sich durch alle Bevölkerungsgruppen. Der Berliner Senat hat als Reaktion unter anderem auf den rassistischen Anschlag in Hanau eine Expert:innenkommission gegen antimuslimischen Rassismus eingerichtet.

  1. Wie bewerten Sie den erstarkenden antimuslimischen Rassismus?
  2. Wie bewerten Sie die Zusammensetzung der Expert:innenkommission?
  3. Welche Maßnahmen werden Sie zur Sensibilisierung für antimuslimischen Rassismus ergreifen?
  4. Werden Sie eine:n Beauftragte:n gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit einsetzen?

Wir treten jeder Form von Extremismus entschieden entgegen, unabhängig davon, ob es sich um Rechts- oder Linksextremismus oder gewaltbereiten Islamismus handelt. Wir bekräftigen den antitotalitären Grundkonsens. Auch in Zukunft gilt es, jede Form radikaler und gewalttätiger Gesinnung, die unsere Freiheit, unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat bedroht, konsequent zu bekämpfen. Deshalb werden wir Projekte gegen Antisemitismus und Rassismus weiter unterstützen und die Arbeit derjenigen Organisationen, die sich dem Kampf gegen den Antisemitismus und Rassismus verschrieben haben, dauerhaft sichern.

Dass antimuslimischer Rassismus in den letzten Jahren zugenommen hat und in Berlin Menschen muslimischen Glaubens angegriffen werden, ist für uns Sozialdemokrat:innen nicht hinnehmbar. Die Berliner SPD garantiert weiterhin den Menschen muslimischen Glaubens sowie den muslimischen Einrichtungen in Berlin den vollen und notwendigen Schutz. Bereits aufgelegte Programme zur Finanzierung bestimmter Sicherheitsvorkehrungen zum Beispiel an Moscheen führen wir fort. Darüber hinaus treten wir dafür ein, dass im Rahmen der Antidiskriminierungs- und Anti-Gewaltarbeit des Senats ein eigenes Handlungskonzept gegen Muslimen- und Islamfeindlichkeit erstellt wird. Dazu gehören insbesondere eine entsprechende Schwerpunktsetzung, die Einsetzung eines Ansprechpartners/einer Ansprechpartnerin für dieses Themenfeld, eine aktive Vernetzung und Kooperation mit Institutionen und Organisationen muslimischen Lebens in Berlin, die Beratung von Mitarbeitenden anderen Verwaltungen, insbesondere auch Polizei und Strafverfolgungsbehörden, sowie das Erstellen von Tätigkeitsberichten.

Der erstarkende antimuslimische Rassismus ist ein großes Problem, dem wir uns entschieden entgegenstellen. Wir begrüßen es, dass Berlin als erstes Bundesland eine Expert*innenenkommission zu antimuslimischem Rassismus einberufen hat und erhoffen uns von ihr wichtige Impulse. Dabei ist wichtig, dass verschiedene Expert*innen und muslimischen Communities ihre Erfahrungen und Wissen dort einspeisen können, damit Zivilgesellschaft und das Land Berlin geeignete Gegenmaßnahmen entwickeln können. Daher haben wir uns darüber hinaus auch für eine Studie eingesetzt, in deren Zentrum die Bedarfe und Erfahrungen, die Betroffene von antimuslimischem Rassismus haben und machen, stehen. Die Erkenntnisse der systematischen Untersuchung sollen in den Folgejahren für die stetige Anpassung der Opfer- und Antidiskriminierungsberatungsinfrastruktur an die Bedarfslage genutzt werden. Dazu gehört auch, diese im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit bekannter zu machen. Die Frage, ob ein*e Beauftragte für antimuslimischen Rassismus eingesetzt wird, wird zunächst von der Expert*innenkommission zu prüfen sein. Schon jetzt gibt es aber öffentliche Stellen – etwa die LADG-Ombudsstelle –, die Personen, die von antimuslimischem Rassismus betroffen sind, zur Verfügung stehen.

Zu 1.: Wir stehen für ein vielfältiges Berlin, in dem Rassismus jedweder Art keinen Platz hat und entschieden bekämpft werden muss.

Zu 2.: Die Kommission hat erst dieses Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Eine Bewertung ihrer Arbeit und damit auch ihrer Zusammensetzung unter fachlichen Gesichtspunkten erscheint uns daher verfrüht.

Zu 3.: Wir wollen für Personalräte und Betriebsräte Weiterbildungsmöglichkeiten, damit sie aktiv handeln können. Auch im Bereich Bildung soll es Weiterbildungsangebote für Lehrer:innen und Sozialpädagog:innen im Hinblick auf alle Formen von Rassismus geben insbesondere antimuslimischen und anti-schwarzen Rassismus sowie Antisemitismus und Antiziganismus. Die bezirklichen Opferberatungs- und Registerstellen bilden einen wichtigen Baustein. Was in den vorhandenen Recherchestrukturen an Informationen gebündelt wird, ist eine maßgebliche Grundlage für die Verfolgung von Straftaten: jährliche Berichte über das Gesicht von rechtem Terror, Gewalt und Übergriffen in Berlin. Die Akteur:innen in den Projekten haben detaillierteres Wissen zu rechten Strukturen und sind unverzichtbar für den Kampf gegen Rechts. Die Arbeit dieser Projekte muss gestärkt und auch von Sicherheitsbehörden ernst genommen werden.

Zu 4.: Wir unterstützen Migrant:innen-Selbstorganisationen in ihrem Anliegen, eine Enquete-Kommission gemeinsam mit antirassistischen Organisationen und mit Menschen mit Rassismuserfahrungen einzurichten, um einen Maßnahmenkatalog zur Beseitigung von Rassismus in allen Lebensbereichen zu erarbeiten.

Das Grundgesetz garantiert die Glaubens- und Religionsfreiheit. Diskriminierung ist in jeglicher Form und Weise inakzeptabel und passt nicht zur freien Gesellschaft im weltoffenen Berlin. Unabhängig von der Zusammensetzung von Beratungsgremien ist die Politik gehalten, die von Expertenkommissionen erarbeiteten Erkenntnisse und Empfehlungen auf der Grundlage eines breiten Meinungsbildes nach ihrem Inhalt zu beurteilen, ohne sich damit jede Einzelmeinung zurechnen lassen zu müssen.
Diversity Management ist nur erfolgreich, wenn es alle Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit und religiöser Diskriminierung sieht und adressiert ohne die Abgrenzung zu antidemokratischen Formen aggressiv-fundamentalistischer Religionsausübung wie dem politischen Islamismus zu vernachlässigen. Die Verfassung geht der Religion voran, nicht umgekehrt. Antidiskriminierung gelingt am besten, wenn sie als Gesamtaufgabe begriffen wird. Vor diesem Hintergrund ist die Meinungsbildung zum Sinn und Zweck einer Beauftragten-Struktur gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit in der FDP nicht abgeschlossen. Wir sehen die offene Gesellschaft insgesamt gefordert, ihre pluralistischen Werte durch selbstbewusste Vertretung zu verteidigen.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.