Berlin 2021

Inklusion und Bildungsgerechtigkeit

Vielfalt im Klassenzimmer ist immer Ziel und Realität zugleich. Kinder mit unterschiedlichen sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Zugehörigkeiten und Zuschreibungen kommen hier während einer prägenden Lebensphase zusammen. Wie Kinder diese Phase erleben, welche Möglichkeiten sie erhalten oder ihnen versagt bleiben, stellt die Weichen für ihr weiteres Leben.

  1. Wie stellen Sie Bildungsgerechtigkeit sicher angesichts unterschiedlicher Ausgangsbedingungen und Fähigkeiten von Schüler:innen, insbesondere beim Zugang zu (Regel-) Schulen und bei Schulübergängen, speziell beim Übergang auf weiterführende Schulen?
  2. Wie verhindern Sie, dass Kinder aus marginalisierten Gruppen pauschal als defizitär betrachtet und behandelt werden?
  3. Mit welchen Maßnahmen werden Sie sicherstellen, dass bauliche Veränderungen, welche die Barrierefreiheit öffentlicher Einrichtungen – und so auch der Schulgebäude – erhöhen würden, nicht am Denkmalschutz scheitern?

Der wichtigste Schlüssel für gerechte Chancen ist gute Bildung, und zwar von Anfang an. Dafür werden wir die Vorschule mit ihrer guten schulvorbereitenden Wirkung wieder einführen und die Kitas zu echten vorschulischen Lernorten machen. Wir werden die Vielfalt der Schulformen erhalten, damit alle Kinder in der Schulart, die ihren Begabungen entspricht, individuell bestmöglich gefördert werden. Beim Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulen ist der Elternwille entscheidend. Eine individuelle Beratung ist dabei unverzichtbar. Wir werden ein Probehalbjahr und Probeunterricht an allen Oberschulen einführen und damit Schülerinnen und Schülern helfen, den für sie passenden Bildungsweg zu gehen.

Bei Kindern mit besonderem Förderbedarf setzen wir auf so viel Inklusion wie möglich und so viel individuelle Förderung wie nötig. Der Ausbau inklusiver Beschulung an den Regelschulen muss behutsam und in einem pädagogisch verantwortbaren Rahmen erfolgen. Dabei brauchen wir auch die Förderzentren, um sicherzustellen, dass jedes Kind entsprechend seiner Fähigkeiten die bestmögliche Förderung bekommt. Eltern von Kindern mit Förderbedarf sollen selbst entscheiden dürfen, welche Schulform für ihr Kind die geeignetste ist – Förderzentrum oder inklusive Schule.

Wir wollen allen unseren Kindern gerecht werden. Darum müssen wir die Schulen in sozial herausforderndem Umfeld zu den besten unserer Stadt machen. Durch geschärfte Schulprofile und angemessene Ressourcen steigern wir die Attraktivität dieser Schulen für alle Familien. Daher stehen wir auch künftig zum sozialdemokratischen Ansatz der Ressourcensteuerung hin zu Schulen in schwieriger Lage.  Maßgeblich ist für uns der Anteil an BuT-Berechtigten Schüler*innen in den Schulen. Anhand dieses Indikators steuern wir bereits jetzt die Mittel aus dem Bonusprogramm, die Brennpunktzulage, Sprachfördermittel und Stellen für die Schulsozialarbeit.  Auch künftig wollen wir nach diesem Prinzip den Betreuungsschlüssel absenken, Entlastungsstunden verteilen oder die Vertretungsreserve aufstocken.  So schaffen wir zeitliche Entlastung, die Schulen in herausfordernder Lage auch für andere Fachkräfte attraktiver machen. Trotz der Einführung diverser unterstützender Instrumente fehlt Berlin eine nachweisbare Kopplung zwischen den eingesetzten Instrumenten und den erhofften Erfolgen. Um dem zu begegnen, führte Berlin das Indikatorenmodell als Kernstück der datenbasierten Schul- und Unterrichtsentwicklung ein. Das Zusammenwirken beider Instrumente erproben wir zurzeit im Rahmen der Berlin Challenge,  die wir künftig ausbauen wollen. Sollte das Projekt erfolgreich verlaufen, wäre die Grundlage geschaffen, auf der flächendeckend ein Zusammenspiel zwischen besonderer Mittelzuweisung an Schulen in schwieriger Lage und der datenbasierten Schul- und Unterrichtsentwicklung ermöglicht wird. Wichtigstes Mittel sind hier die Schulverträge zwischen Schulen und Schulaufsicht, die aktuell noch zu lasch ausgestaltet sind.  Eine Steigerung der Schulqualität braucht eine eigenständige und Problembewusste Schule, die frei in der Wahl der Mittel und eng in der Kontrolle der Zielerreichung ist.  Im Hinblick auf die 3. Frage stellt die Berliner SPD in ihrem Wahlprogramm klar: Der pädagogischen Qualität und der Inklusion ist Vorrang vor Denkmalschutz in pädagogischen Einrichtungen einzuräumen.

Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft; also müssen Schule, Berufs- und Hochschule inklusiv sein. Jedes Kind und jede*r Jugendliche muss optimal gefördert werden, damit sie ihr ganzes Potential entwickeln können. Unser Ziel ist eine Selbstverständlichkeit von Inklusion und Barrierefreiheit.

Wir wollen die Rollen von Landesbeirat und Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen sowie der Verwaltungs-Arbeitsgruppen stärken und die Bereiche, die Kinder und Jugendliche betreffen dort noch stärker vernetzen. Dazu muss rechtskreisübergreifend Verantwortung übernommen und die Unterstützung lebensweltorientiert organisiert werden. Ein gegliedertes Schulsystem erschwert dieses Ziel. Darum wollen wir „eine Schule für alle“ – langes gemeinsames Lernen in vielfältigen Gemeinschaftsschulen, wo schnell lernende Schüler*innen genauso gefördert werden, wie Schüler*innen mit Förderbedarfen. Wir wollen verbindliche Qualitätsstandards für den Ganztag entwickeln. Dafür wollen wir ihn sozialräumlich im Kiez verankern und Kooperationen fördern, die Segregation zwischen Schulen verringern sowie den Personalschlüssel erhöhen. Bei alldem wollen wir an die Erfolge der jetzigen Legislaturperiode anknüpfen.

Die Konflikte zwischen Barrierefreiheit und Denkmalschutz sind uns bekannt. Wir wollen trotzdem, dass auch alte, in ihrer historischen Substanz erhaltenswerte Gebäude die Anforderungen des 21.Jh. erfüllen. Im Zweifel muss immer eine Einzelfallbetrachtung stattfinden. Um generell eine einheitliche Linie und Praxis der einzelnen Bezirke zu erreichen, sind wir mit dem Landeskonservator bzw. der obersten Denkmalschutzbehörde Berlins im Dialog. Wir sind dankbar, wenn Sie uns solche Einzelfälle mitteilen, bei denen die Barrierefreiheit nicht zum Tragen kommt und keine Kompromisse gefunden wurden.

Zu 1.: Jeder Mensch ist einzigartig und muss in seiner Besonderheit anerkannt und gefördert werden. Das gelingt nachgewiesenermaßen am besten in durchmischten Lerngruppen. DIE LINKE ist deshalb davon überzeugt, dass die Gemeinschaftsschule als schulstufenübergreifende inklusive Schulform die Schule der Zukunft ist, die wir weiter stärken wollen. Zudem wollen wir neue Aufnahmekriterien für den Übergang in die weiterführende Schule entwickeln, die unter anderem Inklusion, eine gute Mischung der Schüler:innen nach Leistungsstärke und sozialer Herkunft und die Möglichkeit einer wohnortnahen Beschulung begünstigen. Das betrifft auch den Zugang zum Gymnasium, denn wir sind davon überzeugt, dass alle Schulformen inklusiv arbeiten können und müssen!

Zu 2.: Es gilt, einen Bewusstseinswandel herbeiführen. Das fängt schon in der pädagogischen Ausbildung an. Der Umgang mit Diversität und inklusive Pädagogik müssen fest in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pädagog:innen verankert werden.

Zu 3.: Barrierefreiheit und Digitalisierung, Denkmalschutz und Klimaschutz müssen stärker zusammen- und nicht gegeneinander gedacht werden. Wir meinen: Ein Baudenkmal, das lebendig ist und mit Leben erfüllt wird, kann am besten erhalten werden. Wir wollen deshalb Überarbeitungsbedarf am Denkmalschutzgesetz prüfen und umsetzen.

Wir begrüßen Inklusion in der Schule und setzen uns für Pluralismus ein.
Wir setzen uns für eine pluralistische Inklusion ein. Indem wir Förderschulen erhalten und bedarfsgerechte Inklusionsklassen stärken, kann den Interessen und Bedürfnissen aller Schülerinnen und Schüler Rechnung getragen werden. Hierbei plädieren wir insbesondere für ein echtes Elternwahlrecht zu jedem Zeitpunkt der Schulausbildung des Kindes.
Um dies zu erreichen, muss immer auch ein angemessener Personalschlüssel für die Inklusion bereitgestellt werden, wobei Multiprofessionelle mitgedacht werden müssen.
Wir wollen, dass der Denkmalschutz ein Ermöglicher und nicht ein Verhinderer von zum Beispiel Barrierefreiheit wird.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.