Berlin 2021

Förderung eines diskriminierungssensiblen und vielfaltsbewussten Kulturbetriebs

Kulturelle Einrichtungen haben die Möglichkeit, auf künstlerische und informative Weise gesellschaftliche Missstände und Diskriminierungen zu thematisieren. Gleichzeitig werden auch innerhalb des Kulturbetriebs diskriminierende Praxen reproduziert. Die Zusammensetzung der Leitungsebenen und Ensembles, Curricula, Ausstellungen und Publikationen ist oft weit davon entfernt, einen Querschnitt der Berliner Bevölkerung widerzuspiegeln. Menschen aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen sind in Filmen, auf Bühnen und in Museen personell wie thematisch noch immer unterrepräsentiert. Oft fehlt es an Zugangsmöglichkeiten und / oder Förderprogramme lassen diese Gruppen vollkommen außer Acht.

  1. Werden Sie Fördermittel für Kulturbeiträge bereitstellen, die sich kritisch mit Diskriminierung und fehlender bzw. mangelnder Repräsentation auseinandersetzen, für diese sensibilisieren und gesellschaftliche Vielfalt in nicht stereotyper Weise darstellen?
  2. Wie werden Sie dafür sorgen, dass Kulturinstitutionen marginalisierte Bevölkerungsgruppen in ihrer Personalstruktur angemessen abbilden, ihre Perspektiven in den Angeboten und Inhalten repräsentieren und systematisch Zugangsbarrieren abbauen?

Wir setzen uns für Gleichbehandlung in allen Lebensbereichen ein und wenden uns gegen jede Form der Diskriminierung – auch im Bereich der Kunst und Kultur. Unserer Politik liegt der Ansatz zugrunde, dass wir in einer freien Gesellschaft leben, in der sich jeder Mensch unabhängig von Geschlecht, Herkunft und anderen Merkmalen frei entfalten und entwickeln können soll. Dank des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wurden und werden Diskriminierungen erfolgreich beseitigt und verringert. Unser Ziel ist und bleibt eine diskriminierungsfreie Gesellschaft. Deshalb wollen wir bestehende Diskriminierungen weiter abbauen und setzen dabei verstärkt auf Bündnisse mit und im öffentlichen Dienst, in der Wirtschaft und Zivilgesellschaft.

Unser Ziel ist es, die Vielfalt der Berliner Kultur grundsätzlich zu fördern. Wir werden deshalb ein Kulturgesetz erarbeiten, mit dem wir erstmals in der Berliner Geschichte eine transparente und verlässliche Kulturförderung garantieren werden.

Ja. Inklusion ist ein zentrales Qualitätsmerkmal unserer sozialdemokratischen Politik für Berlin – dies gilt auch für die Kultur- und Kunstförderung. Unser Anspruch einer sozialdemokratischen Kulturpolitik für Berlin besteht darin, kulturelle Bildung, Beteiligung und Betätigung für alle zu sichern, anstatt soziale Diskrepanzen und urbane Machtverhältnisse kulturell zu festigen. Wir wollen eine Kultur für alle, mit allen und von allen. Allen Berliner:innen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, Migrationsbiographie, Beeinträchtigung, Religion, sexuellen oder geschlechtlichen Identität, soll ein geschützter Zugang zu (öffentlichen) Kunst- und Kulturräumen und Chancengleichheit für kulturelle Teilhabe garantiert werden. Der Berliner Kulturszene kommt deshalb die wesentliche Bedeutung zu, Berliner Subkultur(en) zu würdigen, aber auch queeren, afrodeutschen oder (post)migrantischen Künstler:innen mehr Sichtbarkeit im öffentlichen Raum zu verschaffen. Wir werden diesem Engagement gerecht und bauen Förderprogramme mit erweitertem Fokus auf minorisierte Gruppen und anderen Ansätzen wie feministische Performance und dekoloniale Ästhetik weiter aus.
Um die Vielstimmigkeit und Pluralität der Berliner Kunst- und Kulturszene in der Beratungsstruktur des Landes widerzuspiegeln, gilt es auf eine gleichberechtigte Repräsentation bisher unterrepräsentierter Gruppen zu achten wie z.B. queerer Künstler:innen, Künstler:innen of Color oder Künstler:innen mit Beeinträchtigung. Auch die Berliner (Kultur)Verwaltung soll Vorbild und Impulsgeber sein. Wir wollen unsere Vorreiterrolle hier weiter ausbauen und mit einer Diversitätsoffensive die Berliner Verwaltung weiterentwickeln. Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen mit Migrationsgeschichte gemäß ihres Anteils an der Berliner Bevölkerung im öffentlichen Dienst auf allen Ebenen beschäftigt werden, um ihren Anteil auf allen beruflichen Ebenen mindestens entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung Berlins abzubilden.

Berlin ist eine vielfältige Metropole mit Menschen unterschiedlichster Migrationsgeschichte. Diese gesellschaftliche Diversität spiegelt sich in der Kulturförderung und den städtischen Kultureinrichtungen bislang nur unzureichend wider. Das wollen wir ändern – für mehr gerechte Teilhabe und Repräsentanz, aber auch als eine Chance für künstlerische Entwicklungen und Innovation. Mit der Einrichtung eines Diversitätsfonds und dem Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung (Diversity Arts Culture) haben wir einen Anfang gemacht. Wir wollen Vielfalt nach angelsächsischem Vorbild in der institutionellen und Projektförderung zu einem relevanten Kriterium machen. Dies beginnt mit diskriminierungssensiblen Einstellungspraktiken und einer diverseren Besetzung von Intendanzen, Fachjurys und Ensembles. Mit den öffentlich geförderten Kulturinstitutionen möchten wir verbindliche Zielquoten vereinbaren. Wir unterstützen die Einrichtung einer zentralen Beratungs- und Beschwerdestelle, an die sich Betroffene aus dem Kultursektor wenden können – denn gerade die letzten Monate haben gezeigt, dass Machtmissbrauch und Rassismus auch hier ein strukturelles Problem sind. In der Erinnerungspolitik werden wir auch weiterhin den „langen Linien“ von Diskriminierung und Vorurteilen, Fremdenhass und Rassismus nachgehen: Auch auf GRÜNE Initiative hat das Abgeordnetenhaus den Senat in dieser Legislatur beauftragt, ein gesamtstädtisches Erinnerungskonzept zur Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit zu erarbeiten. Wir setzen uns für die Fortführung der neu eingerichteten Koordinierungsstelle und die weitere Zusammenarbeit mit den vielen postkolonialen sowie migrantisch-diasporischen Initiativen in der Stadt ein. Denn ohne die kann eine gemeinsame Aufarbeitung des Kolonialismus nicht gelingen.

Zu 1.): Seit 2020 vergibt die Senatsverwaltung für Kultur und Europa die spartenoffene IMPACT-Förderung. Sie soll die Diversitätsentwicklung des Berliner Kulturbetriebs fördern und richtet sich an Personen und Gruppen, deren künstlerische Perspektiven im Kulturbetrieb bisher unzureichend repräsentiert sind. Diese Perspektiven sollen stärker sichtbar gemacht und ihre Entwicklung ermöglicht werden.
Das Förderprogramm ist intersektional und akteur:innenbezogen angelegt und wird in Ergänzung zu den sonstigen Förderprogrammen der Senatsverwaltung für Kultur und Europa vergeben.

Zu 2.): DIE LINKE steht dafür, dass alle Menschen chancengleich, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Wohnort, gesundheitlichen Behinde­rungen oder sozialem Status am kulturellen Leben teilhaben können, egal, ob sie selbst Kultur schaffen oder Kulturangebote nutzen.

Als erstes Bundesland haben wir mit dem Institut für kulturelle Teilhabeforschung (IKTf) ein kontinuierliches wissenschaftliches Monitoring zur Teilhabe etabliert. Die Ergebnisse sollen in kulturpolitische Entscheidungen einfließen und den Kulturinstitutionen für ihre Programmarbeit zur Verfügung gestellt werden.

Wir setzen uns dafür ein, dass Kultureinrichtungen sozial leichter zugänglich, inklusiver und diverser werden. Zugangsbarrieren wollen wir abbauen. Denn die Vielfalt der Stadtgesellschaft soll sich stärker im Kulturbereich und der Kulturförderung abbilden: in den Leitungspositionen wie auch im Personal der öffentlich geförderten Kultureinrichtungen, im Programm, in den Angeboten und im Publikum. Neben dem Institut für Teilhabefor­schung wollen wir diesen Ansatz mit dem neu geschaffenen Diversity-Arts-Culture-Büro (DAC) weiter stärken. Menschen in Leitungspositionen, auch kollektive Leitungen, wollen wir dafür sensibilisieren, ein diskriminierungs­freies Arbeitsklima zu gewährleisten.

Kunst- und Kulturfreiheit ist für uns ein hohes Gut. Sie ist eine Grundbedingung künstlerischen Schaffens. Auch die Zurverfügungstellung von öffentlichen Mitteln darf nicht von Inhalten abhängen. Die Wege jurierter und kuratierter Kultur in Berlin haben sich auch bei der Förderung von Projekten grundsätzlich bewährt. Für die Besetzung von Positionen muss für eine befriedigende Aufgabenerfüllung muss die Frage der Qualifikation, zu der spezifische Erfahrungswelten gehören können, der bloßen Repräsentanz vorgezogen werden. Die Praxis von Stellenausschreibungen bilden hier Möglichkeiten ab, besondere Dispositionen bei grundsätzlich gleicher fachlicher Qualifikation zu berücksichtigen.
Kultur muss möglichst niedrigschwellig für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich sein. Wir erleben die Berliner Kulturlandschaft als Vorbild gelebter Diversität. Diese Kompetenz kann mehr gefordert werden. Diversitätsmanagement ist erfolgreich, wenn es Atmosphäre schafft, statt immer nur neue Richtlinien zu implementieren, die – wenn überprüfbar – befolgt, aber nicht gelebt werden.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.