Berlin 2021

Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteur:innen in die politische Entscheidungsfindung

Wenn ein politischer Prozess diskriminierungssensibel sein soll, ist es unabdingbar, die Perspektiven marginalisierter Bevölkerungsgruppen wahrzunehmen und aktiv einzubeziehen. Den Selbstorganisationen kommt in diesem Zusammenhang eine maßgebliche Rolle zu.

  1. Wie stellen Sie die systematische Einbindung marginalisierter Bevölkerungsgruppen bei der Erarbeitung und Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen sicher, um mögliche Diskriminierungsrisiken frühzeitig zu erkennen und zu berücksichtigen?
  2. Auf welche Weisen werden Sie die Zusammensetzung von Gremien, Beiräten, Vergabejurys und vergleichbaren Arbeitskreisen evaluieren und so verändern, dass darin die Berliner Bevölkerung angemessen abgebildet wird?

Wir setzen uns für Gleichbehandlung ein und wenden uns gegen jede Form der Diskriminierung. Wir leiten unsere Politik vom christlichen Menschenbild ab, das von der Einzigartigkeit des Menschen und der Vielfältigkeit der Gemeinschaft ausgeht. Unserer Gleichstellungspolitik liegt der Ansatz zugrunde, dass wir in einer freien Gesellschaft leben, in der sich jeder Mensch unabhängig von Geschlecht, Ethnie und anderen Merkmalen frei entfalten und entwickeln können soll.

Die Berliner SPD ist stets bemüht, die Perspektive zivilgesellschaftlicher Akteur:innen und der von Rassismus betroffenen Communities in allen Bereichen der politischen Gestaltung einzubeziehen. Um die Vielstimmigkeit und Pluralität der Berliner Stadtgesellschaft in der Beratungsstruktur des Landes widerzuspiegeln, gilt es auf eine gleichberechtigte Repräsentation bisher unterrepräsentierter Gruppen zu achten wie z.B. queerer Menschen, Menschen of Color oder Menschen mit Beeinträchtigung.

Wie bereits erläutert, werden wir zukünftig einen „Diversitäts-Check“ in der Verwaltung einführen. Im Sinne eines modernen Diversity-Mainstreamings sollen alle Maßnahmen des Senats (also Erstellung von Gesetzesentwürfen, Verordnungen etc.) vorab auf potentiell diskriminierende bzw. diversitätsfördernde Wirkungen hin untersucht werden. Dabei ist die Expertise von marginalisierten Bevölkerungsgruppen notwendig und hinzu zu ziehen.

Wir teilen das Anliegen, die Zusammensetzung von Gremien, Beiräten etc. diverser zu machen, uneingeschränkt. Im Rahmen der Umsetzung der IGSV gelang bei verschiedenen Gremien des Landes bereits eine stärkere Berücksichtigung von LSBTIQ*. Um den Rundfunkrat des rbb diverser aufzustellen und alle gesellschaftlichen Gruppen dort repräsentativ abzubilden, hat das Berliner Abgeordnetenhaus sogar einen eigenständigen Beschluss gefasst. Diesen Kurs werden wir fortsetzen!

Im Gesetz zur Förderung der Partizipation in der Migrationsgesellschaft des Landes Berlin (Partizipationsgesetz – PartMigG), welches das alte Partizipations- und Integrationsgesetz ersetzt, wird nun in § 14 verbindlich festgelegt, dass bei der Besetzung von Gremien, wie Beiräten, Kommissionen, Ausschüssen, Verwaltungs- und Aufsichtsräten und vergleichbaren Organen, Personen mit Migrationshintergrund mindestens gemäß ihrem Anteil an der Berliner Bevölkerung berücksichtigt werden sollen. Unsere Aufgabe ist nun, egal, ob nun als Teil einer Regierungskoalition oder in der Opposition, die Umsetzung mittels der uns zur Verfügung stehenden parlamentarischen Kontrollrechte zu überwachen und durchzusetzen. Dazu gehört auch, die entsprechende Zusammensetzung regelmäßig abzufragen und im Zweifel einen offiziellen Evaluierungsauftrag zu formulieren. Davon unabhängig ist die Zusammensetzung von Gremien Teil der neu gefassten Berichtspflichten des Senats im PartMigG.

Die unmittelbare Beteiligung von Menschen mit Behinderungen bei der Erarbeitung politischer Vorhaben und deren Umsetzung ist für uns unerlässlich. Wir wollen die barrierefreie Teilnahme an allen politischen Gremien sicherstellen und setzen uns dafür ein, z.B. die Sitzungen der BVV durch barrierefreie Übertragungen für Menschen mit Behinderungen zu öffnen. Den Anteil von Menschen mit Behinderungen in den politischen Gremien, insbesondere im Abgeordnetenhaus und den BVV-en, wollen wir erhöhen. Die vorgesehene Errichtung von bezirklichen Beiräten für Menschen mit Behinderungen im Entwurf des Landesgleichberechtigungsgesetzes, der noch in dieser Legislatur verabschiedet werden soll, stellt einen Fortschritt dar. Auch hier wird es unsere politische Aufgabe sein, die Umsetzung zu kontrollieren und voranzutreiben.

Demokratie ist die Selbstorganisation verantwortungsbewusster Staatsbürger. In der repräsentativen Demokratie wird die Vertretung der Interessen und deren Ausgleich im parlamentarischen Prozess gestaltet. Jede Gesetzgebung profitiert und resultiert in der Regel aus dem Austausch mit den unterschiedlichen Interessensorganisationen (Initiativen, Parteien, Vereine, Verbände etc.). Für die Qualität und Akzeptanz der politischen Ergebnisse ist dieser Dialog von entscheidender Bedeutung. Zur Begleitung des politischen Prozesses bieten Ausschussanhörungen, aber auch eine Vielzahl von Beratungsgremien und die Informationsflüsse zwischen Politik und organisierten Interessen (durch z.B. Wahlprüfsteine) ein breites Panorama der Meinungsbildung. Die FDP nimmt den grundgesetzlichen Auftrag an die Parteien, zur Meinungs- und Willensbildung beizutragen ernst. Sie weiß aber auch, dass sie nur eine Akteurin ist. Die Querschnittsaufgabe Diversity Management lässt Liberale immer auch einen Blick auf die Zusammensetzung von Gremien werfen. Für deren Zusammensetzung aber ist in allererster Linie die fachspezifische Expertise und der sachbezogene Erfahrungsschatz ausschlaggebend. Dabei sind Liberale sich als Kräfte, die das Individuum in den Blick nehmen und in seine Rechten und Verantwortung zur Geltung bringen und stärken möchten, der Grenzen der Repräsentation bewusst. Trotzdem stehen wir zur verstärkten politischen Partizipation.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.