Zu 1) Die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention hat für uns Priorität. Bereits in den vergangenen Koalitionsverhandlungen haben wir uns daher für die Umsetzung des Übereinkommens in Sachsen stark gemacht und mit unseren Koalitionspartnern entsprechende Vereinbarungen getroffen. In der Konsequenz haben wir in der aktuellen Legislaturperiode das Schutz- und Unterstützungssystem in Sachsen insgesamt stark ausgebaut und bspw. in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt eine Interventions- und Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt eingerichtet und die Zahl der Plätze in Schutzeinrichtungen für Frauen und Kinder ausgebaut. Gleichermaßen unterstützen wir die sächsischen Kommunen nun verstärkt in ihrer wichtigen Arbeit vor Ort durch die Finanzierung von Personal im Gewaltschutzbereich. Dies betrifft sowohl Betreuungspersonal in Schutzeinrichtungen als auch sozialpädagogisches Fachpersonal in Beratungsstellen.
Inzwischen hat die Landesregierung den Landesaktionsplan des Freistaates Sachsen zur Verhütung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Umsetzung der Istanbul-Konvention (LAP Istanbul-Konvention) verabschiedet. Damit die Maßnahmen des LAP Istanbul-Konvention – die selbstverständlich auch alleinerziehenden Mütter unterstützen sollen – in den kommenden Jahren wie geplant realisiert werden können und das Schutz- und Unterstützungssystem abgesichert ist, setzen wir uns in Koalitions- und Haushaltsverhandlungen dafür ein, dass die hierfür notwendigen Mittel zur Verfügung stehen.
Die sächsische SPD möchte die Lebens- und Arbeitssituation von Alleinerziehenden insgesamt verbessern, damit sie finanziell unabhängig und selbstbestimmt leben können. Wir werden daher die Alleinerziehenden bei Kinderbetreuung, Schulabschluss, Ausbildung, Studium sowie Berufsrückkehr und -ausübung besser unterstützen. Auch zu diesem Zweck werden wir das Landeserziehungsgeld zu einem Alleinerziehendengeld weiterentwickeln. Alle Maßnahmen werden wir in einem „Pakt für Alleinerziehende“ bündeln, der in enger Abstimmung mit Familienverbänden und Vertretungen der Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen entsteht.
Außerdem erarbeitet die Staatsregierung unter Leitung des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr derzeit einen Aktionsplan für Alleinerziehende als Grundlage für konkrete Maßnahmen in der kommenden Legislaturperiode. Dieser nimmt gezielt auch den Gewaltschutz in den Blick.
Zu 2) Wir werden staatliche Schutzeinrichtungen weiter auf- und ausbauen, um Frauen und Mädchen vor nicht selten lang andauernden und sich wiederholenden Gewalterfahrungen zu bewahren. Die Lücken im Hilfenetz müssen dringend geschlossen und Zugangsbarrieren abgebaut werden. Wir setzen uns entsprechend dafür ein, dass in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt eine Schutzeinrichtung für Frauen und Kinder eingerichtet wird und ausreichend Plätze zur Verfügung stehen. Die Anhebung der Zahl der in Sachsen vorhandenen Gewaltschutzplätze auf das von der Istanbul-Konvention vorgegebene Niveau, der barrierefreie Ausbau der Schutzeinrichtungen sowie die weitere Verbesserung des Personalschlüssels in Schutzeinrichtungen zählen dabei zu unseren Zielen. Auch möchten wir Beratungs- und Therapieangebote für gewaltbetroffene Frauen flächendeckend ausbauen, damit weite Wege entfallen.
Die anonymisierte Spurensicherung, die wir in Leipzig im Zuge eines Modellprojektes eingerichtet haben, werden wir sachsenweit ausbauen und das medizinische Personal für diese Fälle entsprechend schulen. Wer von einem sexualisierten Angriff betroffen ist, soll in Krankenhäusern bei einer medizinischen Versorgung die Möglichkeit haben, Spuren sichern zu lassen, ohne dass bereits eine Strafanzeige bei der Polizei gestellt wurde.
Darüber hinaus setzt sich die SPD auf Bundesebene dafür ein, dass von Gewalt betroffene Frauen durch das geplante Gewalthilfegesetz künftig einen Rechtsanspruch auf Schutz und Unterstützung haben.
Zu 3) Das SPD-geführte sächsische Wirtschaftsministerium unterstützt die Jobcenter bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit mit eigenen Programmen, die dabei auch speziell auf von (Langzeit-)Arbeitslosigkeit betroffene Alleinerziehende abzielen. Die SPD steht auch künftig dafür ein, dass Menschen eine zweite und wenn nötig auch weitere Chancen erhalten, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Die kommunalen Jobcenter in Deutschland vernetzen sich auf der Plattform https://kommunalejobcenter.de, die vom Deutschen Landkreistag und vom Deutschen Städtetag organisiert wird. Das strategische Leitbild der kommunalen Jobcenter, das großen Wert auf die Zusammenarbeit der unterschiedlichen kommunalen und regionalen Akteure legt, begrüßen wir.
Zu 4) Prinzipiell stehen die Programme der Städtebau- und sozialen Wohnraumförderung für den Bau- und Umbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder, aber auch für eine Unterstützung frauenbezogener Wohnformen zur Verfügung. Wir werden uns dafür einsetzen, alle Möglichkeiten dieser Programme in Sachsen auszuschöpfen und prüfen die Errichtung von sogenannten Übergangswohnungen. Die Anforderungen für den Erhalt eines Wohnberechtigungsscheines wurden im Freistaat bereits abgesenkt.
Wir wollen deutlich mehr Sozialwohnungen in Sachsen bauen und dafür eine Landeswohnungsbaugesellschaft gründen sowie entsprechende Finanzmittel zur Verfügung stellen. Zusätzlich wollen wir auch den Bau von bezahlbaren Wohnungen in Sachsen steigern und unterstützen gemeinschaftliche Bau- und Wohnprojekte, auch generationenübergreifend.
Zu 5) Wir haben dafür gesorgt, dass das bestehende Förderprogramm für den sozialen Wohnungsbau bereits an die Marktbedingungen angepasst wurde und das Programm für die soziale Wohnraumsanierung auch für die Städte Dresden und Leipzig geöffnet wurde. Die SPD hat sich dafür eingesetzt, dass die Anforderungen für den Erhalt eines Wohnberechtigungsscheines im Freistaat abgesenkt wurden und ein zweiter Förderweg im sozialen Wohnungsbau eingeführt wurde. Wir wollen zukünftig dafür sorgen, dass möglichst alle Bundesmittel der sozialen Wohnraumförderung abgenommen und durch den Freistaat kofinanziert werden.
Wir setzen außerdem auf den Auf- und Ausbau von Second Stage-Maßnahmen in Sachsen, um künftig die Aufenthaltsdauer von Frauen und ihren Kindern in Schutzeinrichtungen zu verkürzen. Entsprechend möchten wir die betroffenen Frauen bei der Wohnungssuche unterstützen, zum einen durch Wohnraumvermittlung und zum anderen durch die Bereitstellung von trägereigenen Übergangswohnungen bis eine selbstangemietete Wohnung verfügbar ist. Wir wollen den Ankauf von Belegungsrechten nutzen und die Belegungsbindung von Sozialwohnungen verlängern. Ein großer Hebel könnte es sein, wenn der Staat wieder selbst in die Errichtung von Sozialwohnungen einsteigt. Daher wollen wir eine Landeswohnungsbaugesellschaft gründen und den Bau von bezahlbarem Wohnraum vorantreiben. Davon würden viele Menschen mit und ohne Gewalterfahrung profitieren.