Umsetzung der Istanbul-Konvention in Sachsen

Der Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt ist umfassend in der Instanbul-Konvention geregelt. Diese ist seit 2018 bundesweit und damit auch für Sachsen bindend.

  1. Wird Ihre Partei die vorbehaltlose Umsetzung der Istanbul-Konvention in Sachsen als Vorhaben für die kommende Legislatur in die Koalitionsverhandlungen einbringen und in den zukünftigen Haushaltsverhandlungen priorisieren?
  2. Werden Sie bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Sachsen besonders schutzwürdige Gruppen wie Frauen, behinderte Frauen, Frauen mit Migrationsgeschichte und queere Menschen berücksichtigen? Wenn ja, wie?
  3. Vor dem Hintergrund antifeministischer und maskulinistischer Einflussnahme: Welche Maßnahmen zur Stärkung der Aus- und Fortbildung von Anwält*innen, Familienrichter*innen und unabhängigen Verfahrensbeiständen – auch im Hinblick auf gewaltsensible Standards – wird Ihre Partei in die Koalitionsverhandlungen mit einbringen?
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1) Die Umsetzung der Istanbul-Konvention hat für uns oberste Priorität. Wir, als Sächsische Union, haben uns schon in der Vergangenheit dazu bekannt, die aus dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt erwachsenen Verpflichtungen umzusetzen. Frauen und Kinder, aber auch Männer, die Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt geworden sind, gilt es zu schützen. Daran halten wir fest. In Anbetracht der angespannten Haushaltslage werden alle Vorhaben geprüft. Sämtliche Personal- und Sachmittelbedarfe stehen unter Haushaltsvorbehalt. Eine Priorisierung einzelner Themen ist insoweit nicht angezeigt und kann zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht vorgenommen werden.

2) Selbstverständlich werden auch besonders schutzwürdige Gruppen mit berücksichtigt. So werden wir gerade der im Bereich von Zuwanderung oftmals großen Bandbreite von Rollenbildern das mitteleuropäische Rollenbild entgegensetzen und die damit einhergehende Gleichberechtigung der Geschlechter vermitteln und einfordern. Wir geben Frauenfeindlichkeit keinen Zentimeter Platz.

3) Wir, als Sächsische Union, wollen keine Maßnahmen im Bereich Aus- und Fortbildung vorschreiben. Die notwendigen Maßnahmen haben sich am Bedarf zu orientieren, weshalb wir dafür werben, dass bspw. diejenigen Ausbildungsveranstaltungen von Familienrichtern und Familienrichterinnen wahrgenommen werden, die sie für erforderlich halten.

 

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1) Die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention hat für uns Priorität. Bereits in den vergangenen Koalitionsverhandlungen haben wir uns daher für die Umsetzung des Übereinkommens in Sachsen stark gemacht und mit unseren Koalitionspartnern entsprechende Vereinbarungen getroffen. Inzwischen hat die Landesregierung den Landesaktionsplan des Freistaates Sachsen zur Verhütung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Umsetzung der Istanbul-Konvention (LAP Istanbul-Konvention) verabschiedet. Die Anhebung der Zahl der in Sachsen vorhandenen Gewaltschutzplätze auf das von der Istanbul-Konvention vorgegebene Niveau ist dabei eines unserer Ziele. Damit die Maßnahmen des LAP Istanbul-Konvention in den kommenden Jahren wie geplant realisiert werden können und das Schutz- und Unterstützungssystem abgesichert ist, setzen wir uns dafür ein, dass die hierfür notwendigen Mittel zur Verfügung stehen.

2) Das Wohl von besonders schutzwürden Gruppen ist uns sehr wichtig. Im aktuellen LAP Istanbul- Konvention ist der Schutz dieser Gruppen daher als Querschnittsaufgabe gesetzt und ihre Bedarfe sollen somit bei allen Maßnahmen berücksichtigt werden. Es erfolgt zudem eine Einbindung der verschiedenen Vertretungen dieser Gruppen in Gremien und Netzwerken, die an der Umsetzung des LAP Istanbul-Konvention arbeiten. Wir haben uns zudem darauf verständigt, alle Schutzeinrichtungen für Frauen und Kinder konsequent barrierefrei auszubauen.

3) Wir machen uns stark für die Einführung von verpflichtenden Weiterbildungen von Richter:innen und Staatsanwält:innen in diesem Bereich sowie in Rechtsbereichen, die eine hohe Sensibilität erfordern, wie z. B. im Familien- oder Strafrecht, oder in denen sich durch neue Rechtsentwicklungen wie das Selbstbestimmungsgesetz Veränderungen ergeben. Als SPD stehen wir im regelmäßigen Austausch mit der Rechtsanwaltskammer Sachsen zu deren Fortbildungsangeboten und zu Verbänden, die im Bereich der psychosozialen Prozessbegleitung engagiert sind. Dies werden wir fortsetzen.

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1) Ja, das werden wir. Wie bereits in dieser Legislatur hat die vorbehaltlose Umsetzung der Istanbul-Konvention im Freistaat Sachsen für uns höchste Priorität. Für uns ist klar, der Schutz vor Gewalt ist staatliche Verpflichtung. Deshalb haben wir uns erfolgreich dafür eingesetzt, die finanziellen Mittel in dieser Legislaturperiode zu verdreifachen und den Landesaktionsplan Istanbul-Konvention zu novellieren. Nunmehr ist die Landesverwaltung ressortübergreifend verpflichtet, in den kommenden Jahren maßgebliche Schritte zur nachhaltigen Verbesserung der Situation von gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen zu unternehmen und sie künftig vor Gewalt besser zu schützen. Die konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes von Betroffenen braucht natürlich entsprechende finanzielle Untersetzung in den nächsten Doppelhaushalten, für die wir BÜNDNISGRÜNE uns weiterhin einsetzen werden.

2) Ja, das werden wir. Denn häusliche und sexualisierte Gewalt findet tagtäglich statt und kann dabei alle treffen, unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialen Status. Besonders schutzbedürftige Gruppen brauchen jedoch auch spezielle Angebote, die wir sicherstellen wollen. Zu ihnen gehören Frauen mit Behinderung, Frauen mit Migrationsgeschichte, queere Menschen, aber ebenso Sexarbeiter*innen, Minderjährige oder suchterkrankte Frauen. Wir setzen uns daher weiterhin für eine auskömmliche Finanzierung der Schutzeinrichtungen und Beratungsstellen ein, um Aufnahmestopps zu verhindern. Außerdem wollen wir den Personalschlüssel bedarfsgerecht anpassen, um so eine passgenaue Unterstützung und Betreuung vor Ort zu gewährleisten, sowie Mittel für bauliche Investitionen (z. B. in die Barrierefreiheit) sicherzustellen. Außerdem legen wir – in Umsetzung des LAP Istanbul-Konvention – einen Fokus auf die Reduktion von Bürokratie für betroffene Frauen und hier insbesondere in Zusammenarbeit mit städtischen Institutionen.

3) Wir BÜNDNISGRÜNE stellen uns allen antifeministischen Bewegungen entgegen. Durch den zunehmenden Zuspruch von rechtspopulistischen und rechtsextremer Ideologien wird das feministische Frauenbild immer mehr zum Feindbild gewisser Personengruppen. Durch Antifeminismus werden die Errungenschaften der Emanzipation und das Selbstbestimmungsrecht von Frauen in Frage gestellt, was wir mit großer Sorge betrachten. Wir stellen uns klar dagegen und setzen uns weiterhin für die Stärkung der Frauenrechte ein.

Wir setzen uns für eine umfassende Stärkung der Aus- und Fortbildung von Anwält*innen, Familienrichter*innen und unabhängigen Verfahrensbeiständen ein, insbesondere im Hinblick auf gewaltsensible Standards. Dazu gehören Maßnahmen wie die Sicherstellung spezifischer Schulungen und Weiterbildungen zu Themen wie häuslicher Gewalt, Kindeswohlgefährdung und interkultureller Sensibilität. Wir streben an, die Sensibilisierung für diese Themen in der Ausbildung zu erhöhen und sicherzustellen, dass Fachkräfte angemessen auf die Bedürfnisse von Betroffenen reagieren können. Es ist wichtig, dass alle Akteure im Rechtssystem über das nötige Wissen und die Fähigkeiten verfügen, um angemessen auf Fälle von Gewalt und Missbrauch zu reagieren und die Rechte und Bedürfnisse der Betroffenen zu schützen. Mit der Einführung von Gleichstellungsbeauftragten in der sächsischen Verwaltung durch unser Gleichstellungsgesetz haben wir zudem Institutionen geschaffen, die sich antifeministischen Tendenzen innerhalb des öffentlichen Dienstes aktiv entgegenstellen können.

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1) Ja. Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben aus der Istanbul-Konvention sind das absolute Minimum. Das sechs Jahre nach der Ratifizierung der Istanbul Konvention noch immer so viele Vorgaben unerfüllt sind, ist nicht hinnehmbar. Mehrfach hat die Linksfraktion darauf mit parlamentarischen Initiativen in der zu Ende gehenden Legislaturperiode hingewiesen.

2) Ja. Studien zeigen immer wieder, dass Frauen mit Behinderungen, queere Personen und Frauen mit Migrationsgeschichte überdurchschnittlich häufig von häuslicher Gewalt betroffen sind. Sie brauchen daher besonderen Schutz. Dafür müssen spezialisierte Schutzeinrichtungen geschaffen werden, um besondere Bedürfnisse berücksichtigen zu können. Darüber hinaus braucht es eine bessere Ausstattung der Einrichtungen insgesamt, um in allen Einrichtungen auf besondere Bedürfnisse eingehen zu können.

3) Beschäftigte in allen Ebenen des Justizwesens sollen regelmäßig Fort- und Weiterbildung zu diesen Themen wahrnehmen. In Berufsgruppen, in denen eine Verpflichtung dazu möglich ist, muss dies erfolgen. In den Studiengängen und Ausbildungen müssen diese Themen zudem deutlich umfangreicher aufgenommen werden.

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1) Wir setzen uns für die vorbehaltlose Umsetzung der Istanbul-Konvention ein. Wir werden den für Sachsen beschlossenen Aktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention prüfen und dessen Umsetzung und ggf. Verbesserung aktiv einfordern.

2) Im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention müssen alle schutzwürdigen Gruppen einbezogen werden. Sollte der aktuelle Aktionsplan besonders schutzwürdige Gruppen nicht hinreichend berücksichtigen, müsste dieser verbessert werden. Die konkreten Maßnahmen sind abhängig vom Inhalt und der Umsetzung des aktuellen sächsischen Aktionsplanes.

3) Die Aus- und Fortbildung von Anwältinnen und Anwälten wird durch die Organisationen der Anwaltschaft gewährleistet. Hinsichtlich der Richterinnen und Richter sowie der Verfahrensbeistände setzen wir uns für freiwillige Fortbildungsangebote ein.