1) Wir setzen uns für ein Landesgewaltschutzgesetz ein, welches landesweit einheitliche Rahmenbedingungen für den Gewaltschutz schafft. Dadurch soll Gewalt in all ihren Formen wirksam bekämpft und den Betroffenen ein bedarfsgerechter Schutz geboten werden. Wir wollen die Schutzplätze gemäß Istanbul Konvention weiter ausbauen, um Aufnahmestopps und Abweisungen zu verhindern, sowie den Personalschlüssel bedarfsgerecht anpassen, um so auch eine bessere Betreuung und Unterstützung vor Ort von besonders schutzbedürftigen Gruppen zu gewährleisten. Desweiteren setzen wir uns für eine steigende Finanzierung der Beratungsstellen ein, um hier Überlastung zu vermeiden und eine ausreichende Personalstruktur sicher zu stellen.
Personal, das mit Betroffenen und Täter*innen geschlechtsspezifischer Gewalt in Kontakt kommt, soll ausreichend systematisch und obligatorisch geschult werden, um entsprechende Anzeichen frühzeitig zu erkennen und frühstmöglich an die notwendigen Hilfsangebote zu vermitteln. Darüber hinaus soll die Beratungsinfrastruktur und die Angebote psychosozialer Hilfe für Gewalttäter*innen ausgebaut werden.
Die Bewertung von Gefährdungslagen muss kontinuierlich verbessert werden, um die Betroffenen besser vor Gewalttaten gegen Leib und Leben zu schützen. Hochrisikofälle müssen durch ein funktionierendes Hochrisikomanagement entsprechend beleuchtet und in Fallkonferenzen aufgearbeitet werden. Durch die strukturelle Aufarbeitung von (versuchten) Femiziden sollen strukturelle Fehlstellen oder Handlungsoptionen erkannt und verbessert werden.
Prävention muss zusätzlich durch verstärkte Bewusstseinsschaffung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit erreicht werden. Dies kann durch erhöhte Öffentlichkeitsarbeit wie Kampagnen zu den Hilfsangeboten erreicht werden.
2) Geschlechtsspezifische Gewalt muss anerkannt werden, als das was es ist: eine strukturelle Gewalt aufgrund des Geschlechts. Wir alle sind in der Pflicht, diese nicht weiter zu bagatelliseren, sondern die Ernsthaftigkeit und die Notwendigkeit politischen Handelns zu erkennen und Femizide auch als solche zu benennen. Daher wollen wir eine genaue und gesondert ausgewiesene Erfassung von geschlechtsspezifischer Gewalt (Femizide, häusliche Gewalt), in der jährlich erscheinenden polizeilichen Kriminalstatistik, um damit das Problembewusstsein zu stärken. Gleichzeitig sind wir deswegen auch zurückhaltend bei einer pauschalen Erfassung aller Trennungstötungen als Femizide. Wir haben die Sorge, dass aufgrund einer fehlenden Legaldefinition durch die einheitliche Erfassung der Besonderheiten und Komplexität der einzelnen Fälle nicht ausreichend Rechnung getragen würde und somit der gewünschte Effekt nicht erzielt würde. Daher scheint es uns zielführender, die Sensibilisierung der beteiligten Behörden in diesen Fällen durch verpflichtende Aus- und Fortbildungen zu verstärken, damit die Strafzumessungsregel in § 46 angemessen berücksichtigt wird.
3) Die Erhebung von Dunkelfeldstudien hat geholfen, belastbare Zahlen zur Situation von gewaltbetroffenen Frauen in Sachsen zu erheben. Wir wollen dafür sorgen, dass insbesondere geschlechtsspezifische Gewalt
(Femizide, häusliche Gewalt) in der jährlich erscheinen polizeilichen Kriminalstatistik immer gesondert ausgewiesen werden, um damit das Problembewusstsein zu stärken und durch Aufklärung Femiziden vorzubeugen. Wir Grünen haben in Sachsen den Periodischen Sicherheitsbericht eingeführt. Damit haben wir erstmalig die Grundlage geschaffen, dass Kriminalität auch sozialwissenschaftlich für die Sicherheitsbehörden untersucht wird. Das ist eine wichtige Grundlage, um eben auch Femizide als solche auch in der offiziellen Statistik zu erfassen und sichtbar zu machen.
4) Zur Prävention und Bekämpfung häuslicher Gewalt muss sichergestellt werden, dass alle Personengruppen – insbesondere auch in den Gesundheitsberufen – entsprechend geschult sind, um Betroffenen zu helfen. Deshalb haben wir uns in dieser Legislaturperiode dafür eingesetzt, die Mittel für Weiterbildungen im Bereich anonyme Spurensicherung und Umgang mit Betroffenen sexualisisierter und häuslicher Gewalt zu erhöhen. Menschen in Gesundheitsberufen brauchen Sicherheit im Umgang mit Betroffenen. Sie müssen Risiken und Folgen erkennen – und an ein geeignetes Hilfsnetzwerk verweisen können. Deshalb setzen wir uns weiterhin für Schulungen im Bereich sexualisierte Gewalt ein, um Fachpersonal im Umgang mit Betroffenen häuslicher und sexualisierter Gewalt entsprechend weiterzubilden. In der Bund-Länder-Arbeitsgruppe »Häusliche Gewalt«, die seit dem Frühjahr 2000 den Rahmen zur Zusammenarbeit bildet, muss sich Sachsen weiterhin für bessere Standards für die Aus- und Fortbildung zum Thema häusliche Gewalt, insbesondere zum Gewaltschutzgesetz für verschiedene betroffene Berufsgruppen einsetzen.