Einführung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes

Die Studie „Diskriminierung erlebt?! Diskriminierungserfahrungen in Sachsen“ von 2023 hat gezeigt, dass jede zweite Person im Freistaat in den letzten zwei Jahren Diskriminierung erlebt hat. Ein wirksamer Diskriminierungsschutz braucht eine stabile rechtliche Grundlage. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das den Schutz vor Diskriminierung vor allem in den Bereichen Arbeit sowie Güter / Dienstleistungen regelt, war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Gleichzeitig bestehen relevante rechtliche Schutzlücken in zentralen Lebensbereichen, die in den Regelungsbereich der Länder fallen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Bildung und staatliches Handeln. Ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.

  1. Werden Sie in der kommenden Legislaturperiode ein Landesantidiskriminierungsgesetz erarbeiten und verabschieden, wie es in der Studie „Diskriminierung erlebt?! Diskriminierungserfahrungen in Sachsen“ von 2023 empfohlen wird? Welche inhaltlichen Eckpunkte wird dieses LADG haben?
  2. Wie werden Sie bei der Erarbeitung des LADG die Ergebnisse der Evaluationen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und die darin formulierten Verbesserungsbedarfe, beispielsweise Fristenregelung, Verbandsklagerecht, offene Merkmalsliste und einheitliches Schutzniveau, berücksichtigen?
  3. Wenn Sie kein LADG planen: Welche Landesgesetze wollen Sie ändern, um einen vergleichbaren rechtlichen Schutz vor Diskriminierung sicherzustellen und inwiefern werden Sie hierbei die Ergebnisse des interdisziplinären Gutachtens von 2024 zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes berücksichtigen?

Unsere Bewertung der Antworten:

Die Gesamtbewertung einer Antwort ergibt sich aus dem gewichteten arithmetischen Mittel der drei Kriterien. 50 Prozent der Gesamtwertung wird dabei von der Effektivität der Maßnahme bestimmt, jeweils 25 Prozent von der Sensibilität für Problemlagen und von der Konkretion.

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Zu 1 und 2) Als Sächsische Union beabsichtigen wir kein eigenes Landesantidiskriminierungsgesetz zu erarbeiten. Wir halten die bestehenden gesetzlichen Regelungen, insbesondere über das AGG, für ausreichend und wollen in wirtschaftlich sehr angespannten Zeiten keine darüber hinaus gehenden Regularien schaffen.

Zu 3) Wir halten die bestehenden Regelungen für ausreichend. Im Gegenteil, wir als Union werden uns in allen Bereichen sehr genau anschauen, wo wir künftig vorhandene Regulierung, im gesetzlich zulässigen Rahmen, wieder zurückfahren können. Die Studie zur Diskriminierungserfahrung weist zurecht darauf hin, dass Diskriminierungserfahrungen von Diskriminierung im rechtlichen Sinne zu unterscheiden ist. Für uns als Union ist die rechtliche Kategorie maßgebend. Außerhalb rechtlicher Kategorien und Notwendigkeiten wollen wir keine weitergehende Regulierung von Lebensbereichen, insbesondere nicht in der Wirtschaft.

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Zu 1, 2 und 3) Wir wollen ein Landesantidiskriminierungsgesetz erarbeiten. Damit möchten wir vor allem die Lücken
schließen, die durch den begrenzten Geltungsrahmen des „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes“
(AGG) des Bundes bestehen. Die im Zuge der Evaluation des AGG dargelegten Reformhinweise werden
wir beachten.

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Zu 1) Wir setzen uns dafür ein, dass in der nächsten Legislatur ein Landesantidiskriminierungsgesetz verabschiedet wird. Deshalb haben wir in dieser Legislatur die Durchführung von Studien unterstützt, die Diskriminierungserfahrungen in Sachsen sichtbar machen. Außerdem hat das Staatsministerium der Justiz für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) ein »Interdisziplinäre Gutachten zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes entlang der Merkmale des AGG in Hinblick auf landesgesetzliche Zuständigkeiten in Sachsen« in Auftrag gegeben. Dies sind gute Grundlagen für die Erarbeitung eines Sächsischen Landesantidiskriminierungsgesetzes in der nächsten Legislatur. Außerdem wollen wir die Erfahrungen des Berliner LADGs und aus der Evaluation des AGG für die Erarbeitung nutzen.

Inhaltliche Eckpunkte: Wichtig ist uns, dass der Gesetzesentwurf unter Einbeziehung von Selbstvertretungsorganisationen und Antidiskriminierungsberatungsstellen erarbeitet wird, um mögliche Lücken im Diskriminierungsschutz frühzeitig zu erkennen und diese schließen zu können. Neben einzelnen Diskriminierungsmerkmalen braucht das Gesetz auch einen Fokus intersektionale Diskriminierung. Es soll außerdem, nach dem Vorbild Berlin, eine Beweiserleichterung zugunsten von Diskriminierungsbetroffenen eingeführt werden. Außerdem wollen wir die Beteiligungsrechte von Betroffenenverbänden in Verfahren stärken. Klar ist auch, dass Beschwerden oder eine Inanspruchnahme von Rechtsschutz keinerlei negative Folgen für Betroffene haben darf. Durch überregionale Beschwerdeverfahren in Behörden wollen wir umfassenderen Schutz vor Diskriminierung gewährleisten.

Im Verwaltungsbereich wollen wir außerdem die Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden im Bereich Vielfalt, Diversity und Diskriminierungsschutz festschreiben. Klar für uns ist auch, dass wir die umfassende Antidiskriminierungsarbeit im Sport sowie die Stärkung des Beauftragten für Antdiskriminierung an den Hochschulen aufnehmen wollen. Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass das Gesetz sowohl für das Land als auch die Kommunen gilt.

Zu 2) Ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) soll rechtliche Schutzlücken des AGG schließen, die in Länderzuständigkeit liegen. Die Empfehlungen aus der Evaluation des AGG müssen hier genutzt werden, um so umfassenderen und transparenteren Diskriminierungsschutz in Sachsen zu erreichen. Dies betrifft natürlich einerseits eine ganze Reihe von Anwendungsbereichen, wie beispielsweise die öffentliche Bildung, das Handeln von Ämtern und Behörden – einschließlich Polizei – und das öffentliche Dienstrecht. Aber auch Schutzlücken im Anwendungsbereich des AGG selbst (wie in der Frage oben beschrieben), können durch eine Auswertung der Evaluation im Regelungsbereichs eines Sächsischen LADGs vermieden werden. Erkenntnisse für die Erarbeitung eines LADG können dafür auch aus dem Land Berlin kommen, aber auch aus dem, von der Staatsregierung in dieser Legislaturperiode im Auftrag gegebenen, »Interdisziplinären Gutachten zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes in Sachsen«. Wichtig dafür ist uns den Gesetzgebungsprozess im kontinuierlichen Austausch und unter Beteiligung von Betroffenenverbänden und Antidiskriminierungsberatungsstellen zu starten, um entsprechende Diskriminierungsrisiken und Schutzlücken frühzeitig zu erkennen.

Zu 3) Wir unterstützen die Verabschiedung eines LADG.

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Zu 1 und 3) Ja, wir wollen ein Landesdiskriminierungsgesetz erarbeiten, das gegen alle Formen behördlicher Ungleichbehandlung in Sachsen wirkt. Bei der Ausgestaltung des Gesetzes wollen wir uns am Berliner Landesgesetz orientieren. So soll auch in einem Sächsischen Entwurf ein erweiterter Katalog zu schützender Diskriminierungsmerkmale zugrunde gelegt werden. Kollektive Rechtsschutzinstrumente sollen dazu beitragen, Betroffene bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen.
Dazu sollen die Prävention und die Förderung diversitätsbezogener Ansätze einen wichtigen Stellenwert erhalten.

Zu 2) Die Ergebnisse und Empfehlungen der umfangreichen Evaluation des AGG werden wir berücksichtigen. Besonders wichtig sind für uns die Stärkung kollektiver Rechtsschutzmöglichkeiten, die Erweiterung der Merkmalsliste, die Stärkung der Rechte der Beschäftigten auf Beschwerde und Leistungsverweigerung sowie die Verlängerung der Beschwerdefrist auf mindestens 6 Monate.

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Vom BSW haben wir keine individuellen Antworten auf unsere Fragen erhalten, sondern eine allgemeine Stellungnahme. Die Stellungnahme finden Sie hier.

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Zu 1) Wir Freien Demokraten werden die schon bestehenden gesetzlichen Regelungen beibehalten und bei Bedarf entsprechend novellieren.

Zu 2und 3) Der Schutz vor Diskriminierung kann in verschiedenen Bereichen der Gesetzgebung eine Rolle spielen, beispielsweise dem Arbeitsschutz, der Sozialgesetzgebung sowie Polizei oder ähnliche Institutionen. Dabei werden die Belange in das Gesetzgebungsverfahren in dem notwendigen Umfang einfließen, wenn dies geboten ist.