Barrierefreiheit und Denkmalschutz zusammendenken

Seit 2014 setzt das Sächsische Denkmalschutzgesetz Barrierefreiheit auf die gleiche Stufe wie Denkmalschutz. Trotzdem werden in der Praxis oft Entscheidungen zugunsten des Denkmalschutzes getroffen und die Barrierefreiheit steht hinten an. Dabei sind barrierefreie Lösungen für die Bewältigung des Alltags und zur Teilhabe an der Gesellschaft besonders wichtig.

Wie werden Sie sicherstellen, dass Barrierefreiheit und Denkmalschutz nicht nur rechtlich gleichgestellt sind, sondern auch wirklich gleichrangig behandelt werden?

 

Logo der CDU

Barrierefreiheit und Denkmalschutz stehen in der Rechtsordnung als gleichberechtigte Belange nebeneinander und müssen in der Praxis in Ausgleich gebracht werden. Bei Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Denkmalsubstanz haben, ist eine Prüfung, auf welche Weise die Belange der Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden können, und eine nachvollziehbare Darlegung der entgegenstehenden denkmalpflegerischen Belange unabdingbar.

Damit sind die Maßgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes grundsätzlich beim Umbau denkmalgeschützter Gebäude zu beachten. Die Denkmalbehörden in Sachsen haben bei ihren Entscheidungen die Belange mobilitätseingeschränkter Personen zu berücksichtigen, so dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu denkmalgeschützten Einrichtungen und Diensten der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten haben sollen.

Barrierefreiheit hat aber auch keinen Vorrang vor dem Denkmalschutz. Denkmalrechtlich problematisch sind etwa Maßnahmen zur Beseitigung von Barrieren, wenn durch den Umbau der Verlust an Originalsubstanz oder optischer Wirkungsmöglichkeit unverhältnismäßig groß erscheint. Darüber hinaus ist uns kein konkreter Fall bekannt, wo es in diesem Konflikt zwischen Denkmalschutz und Barrierefreiheit zu keiner befriedigenden Lösung gekommen wäre.

Logo der SPD

Wir streben die Gleichrangigkeit der Barrierefreiheit in der Abwägung mit dem Denkmalschutz an und sind uns bewusst, dass die Belange besserer Zugänglichkeit und Teilhabe auch im Zuge des demografischen Wandels zunehmen werden und daher einen gewichtigeren Stellenwert bekommen sollten. Ein genereller Vorrang der Barrierefreiheit scheidet nach aktueller Rechtslage ebenso aus wie eine generelle Priorisierung des Denkmalschutzes. Vielmehr geht es darum, die Belange gegeneinander abzuwägen und zu einem gerechten Ausgleich zu bringen. Weder das Denkmalschutzgesetz des Freistaates noch die Landesbauordnung enthalten differenzierte Parameter, wie im Einzelfall zu entscheiden ist.

Was wir aus der Wohnraumförderung wissen, ist, dass es nicht immer die Barrierefreiheit im engen Sinn sein muss, sondern in vielen Fällen auch schon gute und bezahlbare Anpassungen im Sinne einer Barrierearmut oder -reduzierung vorgenommen werden können, die meistens zur Beseitigung der infragestehenden Barrieren beitragen und für die Wohnungswirtschaft oder Förderprogramme auch im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten bleiben.

Logo von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nur wenn denkmalgeschützte Wohngebäude auch tatsächlich bewohnt werden, kann man sie erhalten. In den Denkmalschutzbehörden kann Weiterbildung dazu beitragen, die Belange der Barrierefreiheit stärker als Nutzungsvoraussetzung zu sehen. Die Förderprogramme von Land und Bund für den Erhalt von Denkmalen können grundsätzlich im Rahmen von Sanierungsvorhaben auch für barrierefreie Umbauten genutzt werden. Wir setzen uns schon lange für mehr Mittel für die Denkmalpflege ein und werden das auch weiterhin tun.

Logo der Partei DIE LINKE

Hier sind einerseits Anpassungen der gesetzlichen Grundlagen notwendig, um eine gleichrangige Berücksichtigung beider Prinzipien zu ermöglichen. In der Praxis sind allerdings einzelfallbezogene Abwägungen nötig, bei denen die Landesfachstelle Barrierefreiheit vermitteln kann. Diese wollen wir multiprofessionell besetzen und im Sächsischen Inklusionsgesetz verankern.

Logo BSW

An dieser Stelle benötigt ist eine gemeinsame Herangehensweise, denn die Vereinbarkeit von Barrierefreiheit und Denkmalschutz stellt eine komplexe Aufgabe dar und lässt sich nur schwer pauschal lösen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass individuelle, kreative und flexible Lösungen gefunden werden. Dabei ist es uns wichtig, dass Betroffene, Selbstvertretungsorganisationen und Vertreter und Vertreterinnen der entsprechenden Fachämter beteiligt und gemeinsam Lösungen finden.

Logo der FDP

Wir Freie Demokraten stellen uns gegen eine Benachteiligung der Anliegen von Menschen im Vergleich zum Denkmalsschutz. Wir werden uns mindestens für eine Gleichrangigkeit von Barrierefreiheit und Denkmalschutz einsetzen.