Berlin 2021

Umsetzung des Diskriminierungsschutzes an Schulen nach LADG

Das Landesantidiskriminierungsgesetz ist in Berlin seit nunmehr einem Jahr in Kraft und beinhaltet u.a. auch einen Diskriminierungsschutz an Schulen. Bisher ist die Umsetzung allerdings unzureichend.

  1. Wie wird Ihre Partei die Verfahren und notwendige Beschwerdemechanismen in Schulen installieren, damit Schüler:innen und ihre Eltern die Inanspruchnahme der Rechte nach LADG in Diskriminierungsfällen ermöglicht wird?

Wir wollen eine Anti-Mobbing-Strategie im Berliner Kinderschutzgesetz verankern. Bei Mobbing- oder Gewaltgeschehen muss es eine Melde- und Reaktionspflicht der Schulen geben. Mobile Anti-Mobbing-Teams in den Bezirken sind bei uns Standard und sollen schnelle Hilfe bei solchen Vorfällen leisten. Wir werden an allen Schulen Schutzkonzepte für Schülerinnen und Schüler entwickeln und umsetzen. An jeder Schule soll es einen Anti-Mobbing-Beauftragten als konkrete Ansprechperson geben, der den Opfern unverzüglich helfen sowie schnell und konsequent die Aufklärung von Vorfällen verfolgen muss. Die Schülerinnen und Schüler sollen über eine App Hilfsangebote erhalten und konkrete Ansprechpartner nutzen.

In den letzten Jahren wurde in der Senatskanzlei die hohe Sensibilisierung für dieses Thema auch haushaltmäßig unterlegt. Berlin besitzt noch immer als einziges Land in Deutschland eine Antidiskriminierungsbeauftragte für Schulen, die an den Senat für Bildung angegliedert ist. Die Berliner SPD wird diesen Weg weitergehen und die Antidiskriminierungsstelle der Bildungsverwaltung stärken, um die gemeldeten Diskriminierungsfälle an Berliner Schulen gründlich zu bearbeiten und um eine grundlegende diskriminierungskritische Schulkultur einzuführen. Die Antidiskriminierungsbeauftragte für Berliner Schulen und Kitas muss mit festgelegten Befugnissen ausgestattet werden, um einen effektiven und wirksamen Diskriminierungsschutz herzustellen. Die oder der Beauftragte muss umfassende intersektional-rassismuskritische Kompetenzen mitbringen und zudem eine fundierte, solidarische Netzwerkarbeit mit den Selbstorganisationen vulnerabler Gruppen nachweisen können.

Wir Büdnisgrüne wollen klare Interventions- und Beschwerdestrukturen sowie Ansprechpersonen für Diskriminierung an jeder Berliner Schule implementieren. Selbstverständlich müssen im Rahmen dieser Strukturen Schüler*innen und Eltern auch über ihre Rechte nach dem Landesantidiskriminierungsgesetz beraten und unterstützt werden.

DIE LINKE setzt sich konsequent für eine diskriminierungsfreie Schule ein. Als Teil der rot-rot-grünen Regierungskoalition haben wir deshalb 2020 maßgeblich die Verabschiedung des bundesweit ersten Landesanti­dis­kri­minierungsgesetzes (LADG) vorangetrieben, das eine Schutzlücke im bestehen­den Antidiskrimi­nierungs­recht schließt: Auch Schüler:innen und Erziehungs­berech­tigte kön­nen sich jetzt recht­lich zur Wehr setzen, wenn sie Diskriminierung z. B. durch Lehr­kräfte und Erzieher:innen, die Schul­aufsicht oder die Senatsverwaltung selbst erfahren. Bei der LADG-Ombudsstelle des Landes Berlin können sie sich dazu beraten lassen. Mit dem eben­falls 2020 verabschiedeten Bür­ger- und Polizeibeauftragtengesetz hat die rot-rot-grüne Koalition eine weitere staatliche Beschwerde­stelle geschaffen, an die Bürger:innen sich künftig auch bei Problemen im Bildungs­bereich wenden können und die mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet ist.

Richtig ist, dass die verschiedenen Ansprechstellen vor Ort an den Schulen besser bekannt gemacht werden müssen, damit Betroffene ihre Rechte auch tatsächlich wahrnehmen können. An dieser Stelle sehen wir die Senatsbildungsverwaltung in der Verantwortung und insbesondere die Stelle des:der Antidiskriminierungsbeauftragten. Wir wollen prüfen, wie hier ggf. durch eine Verankerung im Schulgesetz eine Klarstellung und Bündelung der Zuständigkeiten herbeigeführt werden kann.

Zudem braucht es dringend eine Überarbeitung und Spezifizierung des Ergänzungsblattes im Berliner Notfallordner zum Thema Diskriminierung, mit einem klaren Vorgehen im Diskriminierungsfall und den Kontaktdaten aller relevanten Ansprechpartner:innen und Beratungsstellen. Dazu gehört auch eine überarbeitete (intersektionale) Definition von Diskriminierung.

Jedes Gesetz muss sich erst in der Praxis bewähren. Die Implementierung braucht Zeit. Die Wirkung wird sich erst im postpandemischen „Normalbetrieb“ voll entfalten können. Bis dahin gilt es vorhandene Strukturen zu sehen und wertschätzend kommunizieren. Dazu gehört auch ein Grundvertrauen in die professionelle Kompetenz der verantwortlichen und verantwortungsbewussten Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher.
Vielleicht ist es einen Gedanken wert, das Landesantidiskriminierungsgesetz nicht im Geist grundsätzlichen Misstrauens gegenüber den Agierenden zu interpretieren. Gerade Lehrerinnen und Lehrer mit Diversity-Kompetenz können für Schülerinnen und Schülern Vorbilder sein. Anti-Diskriminierungstrainings sollten für Lehrerinnen und Lehrer verpflichtend sein. Dies könnte anhand von Beistands-Schulungen („Bystander“-Workshops) oder auch anhand von Supervision und Reflexionsgruppen für Schulakteure zum Aufbau professioneller Diversity-, interkultureller und interreligiöser Kompetenz umgesetzt werden.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.