Berlin 2021

Einrichtung eines Rechtshilfefonds für Prozessstandschaft und Verbandsklage

Mit dem Inkrafttreten des Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG) in 2020 sind mit der Prozessstandschaft und dem Verbandsklagerecht zwei wichtige Rechtsinstrumente innerhalb des Antidiskriminierungsrechts verankert worden. Allerdings braucht es für ein wirksames Vorgehen gegen Diskriminierung finanzielle Ressourcen, und zwar in Form eines Rechtshilfefonds. Nur so können Beratungsstellen bzw. kleinere und mittlere Verbände Beschwerdeführende angemessen unterstützen, ohne sich selbst in untragbare finanzielle Risiken zu begeben.

Für eine Prozessstandschaft durch Verbände gibt es im Gegensatz zu einer klagenden Person, für die Prozesskostenhilfe in Frage kommen könnte, keine finanzielle Unterstützung; zudem sind Gerichtskosten und anwaltliche Kosten vom Verband zu übernehmen. Auch für ein Clearing im Vorfeld stehen für Verbände, die Betroffene bei der Prüfung von möglichen LADG-Fällen unterstützen, keine finanziellen Mittel zur Verfügung. Wenn der Berliner Gesetzgeber das LADG konsequent mit einer breit aufgestellten Berliner Zivilgesellschaft und ihren Akteur:innen umsetzen und das letzte, manchmal notwendige und wichtige Rechtsmittel der Prozessstandschaft und Verbandsklage nicht nur sehr wenigen, finanziell gut ausgestatteten Verbänden vorbehalten will, ist eine entsprechende Unterstützung notwendig.

  1. Werden Sie allen nach § 10 LADG klageberechtigten Antidiskriminierungsverbänden über einen Rechtshilfefond die Prozessstandschaft und Verbandsklage finanziell ermöglichen?
  2. Wie sollte Ihrer Meinung nach ein derartiger Rechtshilfefonds aufgebaut sein?
  3. Welche weiteren Unterstützungsstrukturen wird Ihre Partei in Berlin einrichten?

Wir planen hierbei keine Änderungen.

Ja. Die Berliner SPD wird sich dafür einsetzen, die klageberechtigten Antidiskriminierungsverbände bei der Durchsetzung ihres Klagerechts zu unterstützten. Form und Rahmen einer solchen Förderung wollen wir in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam mit den Verbänden beraten. Auch auf Bundesebene fordert die SPD fordert die Einführung eines Verbandsklagerechts bei AGG-Verstößen. Künftig sollen nicht mehr nur Betroffene, die sich von Arbeitgebern, Dienstleistern oder Vermietern benachteiligt fühlen, klagen dürfen, sondern auch qualifizierte Verbände sowie die Antidiskriminierungsstelle selbst. Mit einem Verbandsklagerecht hätte das AGG endlich die nötige Durchschlagkraft und würde den Diskriminierungsschutz in Deutschland wesentlich stärken.

Wir teilen die Einschätzung, dass das Verbandsklagerecht und die Prozessstandschaft nur dann wirkungsvoll von den klageberechtigten Antidiskriminierungsverbänden ausgeübt werden können, wenn sie dazu über die ausreichenden finanziellen und personellen Ressourcen verfügen. Daher werden wir uns dafür einsetzen, gemeinsam mit den Verbänden eine Lösung zu finden, wie hierfür Mittel bereitgestellt werden können.

Wir wissen, dass sich der Beratungsbedarf und die Arbeit bei den Antidiskriminierungsverbänden nicht zuletzt mit der Pandemie deutlich erhöht hat. Dies werden wir selbstverständlich bei den kommenden Haushaltsberatungen berücksichtigen. Zur strukturellen und finanziellen Stärkung der Angebote ihrer Träger.

Ein Rechtshilfefonds ist üblicherweise eine von mehreren zivilgesellschaftlichen Organisationen und/oder Einzelpersonen finanzierte Einrichtung. Staatliche Förderung der Rechtsdurchsetzung erfolgt über andere Mittel, wie die Prozesskostenhilfe oder die institutionelle Förderung der genannten Organisationen. Neben den bestehenden Unterstützungsformen sehen wir derzeit keine Notwendigkeit für neue Instrumente.

Schon mit Blick auf die politische und finanzielle Unabhängigkeit, aber auch die Vermeidung von potenziellen Interessenkonflikten der Kläger sollte die Prozesskostenhilfe im Verbandswesen über die Vereine und Verbände, ggf. durch einen gemeinsamen Rechtshilfefonds selbst organisiert und finanziert werden. Politische Parteien könnten in ihrem sympathisierenden Umfeld für die Unterstützung eines solchen Fonds werben. Prominente Beispiele wie das der Deutschen Umwelthilfe zeigen, wie erfolgreich Interessenverbände den Klageweg ohne staatliche Förderung beschreiten und Klagen selbst gegen vermeintlich übermächtige Gegner zum Erfolg führen.

Von der AfD haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.