Bundestag 2021

Schutz vor Ausbeutung für Migrant:innen und EU-Bürger:innen

Von den verschiedenen Berufsgruppen sind Pflegekräfte in Deutschland am stärksten von Ausbeutung betroffen. Schätzungen zufolge arbeiten jedes Jahr fast eine halbe Million polnischer Pfleger*innen in Deutschland. Ihr Status kann dabei sehr unterschiedlich sein: Einige von ihnen haben deutsche Arbeitsverträge, andere werden entsandt, andere arbeiten unangemeldet, viele sind scheinselbstständig. Frauen sind branchenübergreifend besonders häufig in atypischen, oft prekären Beschäftigungsformen wie Minijobs, befristeten Beschäftigungen oder Soloselbstständigkeit tätig. Beispiele dafür finden sich insbesondere in der Fleischproduktion, im Baugewerbe und im Hotelgewerbe.

  1. Wie werden Sie entsandte Arbeitnehmer:innen und in Deutschland beschäftigte Migrant:innen und EU-Bürger*innen vor Arbeitsrechtsverletzungen, Lohnbetrug und Dumpinglöhnen schützen?
Für CDU und CSU ist klar: Deutschland profitiert vom gesteuerten Zuzug gut ausgebildeter und leistungsbereiter Menschen aus den Mitgliedstaaten der EU und aus außereuropäischen Staaten. Es ist uns wichtig, dass sie zu guten Bedingungen bei uns arbeiten. Dafür sorgen die Sozialpartnerschaft, die Tarifautonomie und die Mitbestimmung. Sie haben wesentlich dazu beigetragen, dass Deutschland eine weltweit führende Industrienation geworden ist. Wir vertrauen auch in Zukunft im Besonderen auf die Sozialpartnerschaft. Weiterhin setzen wir auf wirksame Arbeitsschutzkontrollen. Mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz aus dem Jahr 2020 haben wir branchenübergreifend den Vollzug im Arbeitsschutz verbessert. Durch Einführung einer Mindestbesichtigungsquote im Arbeitsschutzgesetz soll schrittweise eine deutliche Steigerung bei den Betriebsbesichtigungen erreicht werden. Die Verantwortung dafür liegt bei den Bundesländern. Das Land Nordrhein-Westfalen verfolgt zum Beispiel dabei eine langfristig angelegte Strategie zur Stärkung der Arbeitsschutzverwaltung.
Die SPD hat zuletzt in der Fleischindustrie durchgesetzt, dass Werkverträge und Leiharbeit dort nicht mehr zum Einsatz kommen dürfen. Dies war dringend notwendig, weil es gerade in dieser Branche massiv Missbrauch zulasten der dort in der Regel über Werkverträge Beschäftigten vor allem aus der EU gegeben hat, mit unmenschlichen Bedingungen hinsichtlich Arbeitszeiten und Unterkünften. In der Paketdienstbranche haben wir die Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge eingeführt. Ein höherer Mindestlohn von 12 Euro, (mehr) allgemeinverbindliche Tarifverträge, mehr Kontrollen der Arbeitsbedingungen, weitere Maßnahmen gegen Scheinselbständigkeit und die Stärkung der Mitbestimmung sind weitere zentrale Maßnahmen, um gegen die von Ihnen beschriebenen Missstände vorzugehen.
Die europäische Arbeitnehmer*innen-Freizügigkeit ist für uns ein hoher Wert. Wir GRÜNE finden: Für entsandte Beschäftigte muss immer das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort" gelten. Deshalb fordern wir eine bessere Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie. Entsandte Beschäftigte sollen Anspruch auf die volle Entlohnung haben, die in den jeweils für die Entsendung einschlägigen regionalen Tarifverträgen in Deutschland vereinbart ist. Geltendes Recht muss schärfer kontrolliert werden. Deshalb fordern wir auch deutlich mehr Personal für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Wir setzen uns für eine bessere Finanzierung von mehrsprachigen Informations- und Beratungsangeboten für entsandte Beschäftigte ein. Damit entsandte Beschäftigte ihre Rechte nicht nur kennen, sondern im Zweifel auch besser vor den Arbeitsgerichten durchsetzen können, fordern wir zudem ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften. Der Zugang zu gesundheitlicher Versorgung muss auch für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz  unabhängig vom Aufenthaltsstatus gewährleistet sein. Das gilt auch für Unionsbürger*innen.
DIE LINKE will die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen erleichtern, den Mindestlohn auf 13 Euro erhöhen und die Arbeitszeit soll tagesaktuell, elektronisch und manipulationssicher aufgezeichnet werden. Parallel muss es ausreichend Kontrollen sowie wirksame und abschreckende Sanktionen für Arbeitgeber geben, die gegen die Regelungen verstoßen. Dafür braucht es funktionierende Strukturen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit und ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften. Ein offizielles Meldeportal gegen Mindestlohnbetrug ist einzurichten. Für die private Arbeitsvermittlung von Arbeitskräften nach Deutschland sollen verbindliche Qualitätsstandards und ein Zertifizierungssystem entwickelt werden. Das Arbeitnehmerentsendegesetz soll nachgebessert werden - insbesondere müssen auch regionale allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge für entsandte Beschäftigte gelten. Der Zugang zu Informationen über bestehende Arbeitsrechte muss erleichtert und die Beratung stärker gefördert werden.
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, brauchen wir Fachkräfte aus dem In- und Ausland. Dazu wollen wir beispielsweise mit dem flexiblen Renteneintrittsalter Anreize für eine längere Erwerbstätigkeit im Alter setzen oder mit flexibleren Arbeits- und Kinderbetreuungsmodellen eine höhere Erwerbstätigkeit von Eltern und insbesondere Müttern ermöglichen. Zudem brauchen wir ein Einwanderungssystem aus einem Guss mit einer reformierten EU Blue Card und einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild. Darüber hinaus wollen wir Freie Demokraten für ausländische Fachkräfte beispielsweise in der Tourismusbranche wollen wir den Zugang zu Kindergeld- und Krankenkassenanträgen erleichtern. Sie müssen in deutlich mehr Sprachen zur Verfügung stehen. Ausländische Fachkräfte, insbesondere aus angrenzenden Nachbarländern, sichern das Überleben von Hotels und Restaurants. Für sie muss es einfacher werden, in Deutschland zu arbeiten – auch im Hinblick auf den massiven Fachkräftemangel.
Bisher hat uns noch keine Antwort der Partei erreicht.