Bundestag 2021

Novellierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist 2006 in Kraft getreten. Es regelt den Diskriminierungsschutz im Arbeits- und Zivilrecht. Wissenschaftler:innen, Antidiskriminierungsberatungsstellen und Betroffene weisen seit langem auf Schutzlücken und Schwierigkeiten bei der Rechtsdurchsetzung hin. Eine in 2016 durchgeführte Evaluation im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hat zu zahlreichen Novellierungsvorschlägen geführt, die Umsetzung steht aber weiterhin aus.

  1. Werden Sie eine Novellierung des AGG vornehmen und falls ja, was werden bei der Überarbeitung des Gesetzes die zentralen Punkte sein?

Das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz wirkt. Dies zeigen uns Berichte aus der Praxis. Neben Diskriminierungen, etwa bei Einstellungen hat selbst die Praxis der sogenannten AGG-Hopper mittlerweile nachgelassen. Insoweit besteht zumindest kein dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Dennoch ist es wichtig, das gesellschaftliche Problembewusstsein hierfür weiter zu schärfen. Diskriminierungen dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben; auch dank des AGG haben sie inzwischen keinen Platz mehr inmitten unserer Gesellschaft. Dies gilt auch für Abhängigkeitsverhältnisse in der Arbeitswelt. Hier bietet das AGG eine gute rechtliche Handhabe. Gerade in einer Welt, die tagtäglich in höherem Maße von digitaler Kommunikation und digitalen Entscheidungsprozessen geprägt ist, müssen Gesetzgeber und Rechtsprechung auf neue Entwicklungen und Einfallstore für Ungleichbehandlungen reagieren. Diesen grundsätzlichen Handlungsauftrag nehmen CDU und CSU in jedem Fall mit in die kommende Legislaturperiode.

Wir wollen die Schutzlücken im AGG schließen. Die Antidiskriminierungsstelle hat bereits 2016 sehr gute Vorschläge erarbeitet, die dem AGG eine größere Durchschlagkraft geben würden. Die SPD hat sich in der 19. Wahlperiode für deren Umsetzung eingesetzt – leider vergeblich, denn sogar eine bereits im Kabinett geeinte Verlängerung der Präklusionsfristen von zwei auf sechs Monate ist am Widerstand der CDU / CSU-Fraktionen im Bundestag. Wir werden in der kommenden Legislaturperiode für einen verbesserten Antidiskriminierungsschutz kämpfen. Dazu zählen für uns unter anderem die Verlängerung der Klagefrist, die Streichung der wohnungsrechtlichen Ausnahmetatbestände, die Erweiterung des AGG auf den öffentlichen Sektor sowie die Stärkung der Antidiskriminierungsstelle. Die SPD fordert außerdem die Einführung eines Verbandsklagerechts bei AGG-Verstößen. Künftig sollen nicht mehr nur Betroffene, die sich von Arbeitgebern, Dienstleistern oder Vermietern benachteiligt fühlen, klagen dürfen, sondern auch qualifizierte Verbände sowie die Antidiskriminierungsstelle selbst.

Ja. 15 Jahre nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist eine Reform überfällig. Das AGG wollen wir GRÜNE zu einem echten Bundesantidiskriminierungsgesetz weiterentwickeln, das Schutzlücken im privaten und öffentlichen Bereich endlich schließt, Klagen gegen Diskriminierung für Betroffene vereinfacht und ein umfassendes Verbandsklagerecht einschließt, damit gegen Diskriminierung strukturell und nachhaltig vorgegangen werden kann. Zu den Kernpunkten einer Reform zählen:

  • besseren Rechtsschutz zu schaffen (Verlängerung der 2-Monats-Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen auf 6 Monate; umfassendes Verbandsklagerecht, europarechtskonforme Sanktionen),
  • den Anwendungsbereich um die öffentlich-rechtlichen Leistungsgewährungen durch Hoheitsakte bzw. durch öffentlich-rechtliche Verträge (z.B. im Bildungsbereich) und die staatliche Eingriffsverwaltung (z.B. im Rahmen polizeilichen Handels) zu ergänzen,
  • positive Maßnahmen für den Bereich des staatlichen Handelns vorzusehen,
  • private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen und privat betriebene öffentlich zugängliche Einrichtungen zu Gleichbehandlung und schrittweiser Umsetzung von Barrierefreiheit zu verpflichten,
  • 19 Abs. 3, der Unterscheidungen aufgrund der ethnischen Herkunft bei der Vermietung von Wohnraum zulässt, ersatzlos zu streichen,
  • die sog. Kirchenklausel auf den religiösen Verkündigungsbereich zu beschränken
  • die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu einer obersten Bundesbehörde aufzuwerten und sie finanziell zu stärken.

Ja. DIE LINKE will eine grundlegende Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und ein Verbandsklagerecht. Es braucht einen Diskriminierungsschutz, der auch staatliches Handeln einbezieht. Wir fordern ein Bundesantidiskriminierungsgesetz (BADG) zum Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen. Weiter wollen wir verbindliche und wirksame Regelungen in das AGG und in das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) sowie in alle Gesetze aufnehmen, mit denen private Anbieter*innen von öffentlich zugänglichen Gütern und Dienstleistungen zur Herstellung von Barrierefreiheit gemäß UN-BRK verpflichtet werden.

Wir Freie Demokraten bekennen uns ausdrücklich zum Schutz vor Diskriminierung jedweder Art und den dazu erlassenen Schutznormen auf nationaler und europäischer Ebene. Sofern hier Schutzlücken bestehen, sollten diese auch geschlossen werden. So fordern wir z.B. die Erweiterung des Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz um den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, permanent zu prüfen, ob die getroffenen Maßnahmen noch ausreichend sind oder ob diese angepasst werden müssen; dies gilt auch und insbesondere für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Bisher hat uns noch keine Antwort der Partei erreicht.